01.10.2012 — Udo Cremer. Quelle: Verlag Dashöfer GmbH.
Die Klägerin ist eine mit Gesellschaftsvertrag vom . . . 1995 gegründete GbR, deren Gesellschaftszweck darin besteht, den Tanker X zu erwerben und zu betreiben. Das Wirtschaftsjahr der Klägerin entspricht dem Kalenderjahr. Zur Finanzierung des Schiffs verwendete die Klägerin zum einen Einlagen der Reeder i. H. von 10.203.000 DM und zum anderen ein Schiffshypothekendarlehen i. H. von 23.320.000 DM. Die Laufzeit endet am 29.7.2010. Im Jahr 1996 nahm die Klägerin das Darlehen u. a. in japanischen Yen (JPY) auf. Bei dem in JPY aufgenommenen Darlehen berücksichtigte die Klägerin im Rahmen der Abschlussbuchungen der Wirtschaftsjahre ab 1996 sowohl die eingetretenen Kursverluste durch eine höhere Bewertung der Verbindlichkeit als auch die durch den gefallenen JPY-Kurs eingetretene Wertaufholung. Im Streitjahr 1999 ergab sich aufgrund des im Vergleich zum 31.12.1998 gestiegenen JPY-Kurses eine Höherbewertung der Verbindlichkeit um 2.505.000 DM.
Das FA erließ unter dem Vorbehalt der Nachprüfung einen der Erklärung entsprechenden Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen 1999. Im Anschluss an eine Betriebsprüfung vertrat das FA die Auffassung, die Teilwertzuschreibung im Jahr 1999 sei nicht zulässig, weil die Werterhöhung des Darlehens nicht von Dauer sei. Denn die Wechselkursschwankungen hätten sich in der für den JPY üblichen Bandbreite bewegt. Das FA erließ entsprechend geänderte Feststellungsbescheide vom 22.11.2004 u. a. für das Streitjahr und hob den Vorbehalt der Nachprüfung auf. Der Einspruch hatte keinen Erfolg. Im Klageverfahren hat die Klägerin Prognosen der Investmentbank A vom 16.12.1999 und 2.2.2000 für das Jahr 2000 vorgelegt, wonach sich der Kurs des JPY im Jahr 2000 erhöhen werde. Das FG Bremen (Urteil vom 12.10.2006, EFG 2007 S. 575) hat die Klage abgewiesen. Der BFH hat die Revision der Klägerin als unbegründet zurückgewiesen (BFH-Urteil vom 23.4.2009 - IV R 62/06).
Die Klägerin darf das Darlehen aufgrund der Wechselkursveränderung im Jahr 1999 nicht höher bewerten. Nach § 6 Abs. 1 Nr. 3 EStG sind Verbindlichkeiten unter sinngemäßer Anwendung der Vorschriften der Nr. 2 anzusetzen und mit einem Zinssatz von 5,5% abzuzinsen. Ausgenommen von der Abzinsung sind Verbindlichkeiten, deren Laufzeit am Bilanzstichtag weniger als zwölf Monate beträgt, und Verbindlichkeiten, die verzinslich sind oder auf einer Anzahlung oder Vorausleistung beruhen. Gem. § 6 Abs. 1 Nr. 2 EStG sind nicht abnutzbare Wirtschaftsgüter des Betriebsvermögens im Grundsatz mit ihren Anschaffungs- oder Herstellungskosten anzusetzen. Jedoch kann für solche Wirtschaftsgüter gem. § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 EStG der Teilwert angesetzt werden, wenn dieser aufgrund einer voraussichtlich dauernden Wertminderung niedriger ist. Gleiches gilt für abnutzbare Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens (§ 6 Abs. 1 Nr. 1 EStG). Fremdwährungsverbindlichkeiten sind daher grundsätzlich mit dem Rückzahlungsbetrag zu bewerten, der sich aus dem Kurs im Zeitpunkt der Darlehensaufnahme ergibt. Der Teilwert der Verbindlichkeit kann in sinngemäßer Anwendung des § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 EStG angesetzt werden, wenn er aufgrund einer voraussichtlich dauernden Wertveränderung höher ist als der ursprüngliche Rückzahlungsbetrag. Kurserhöhungen der Währung, welche einer Fremdwährungsverbindlichkeit zugrunde liegt, verändern den Rückzahlungsbetrag und damit den Teilwert. Dementsprechend führte vorliegend die Erhöhung des JPY-Kurses im Jahr 1999 zu einer Teilwerterhöhung des Fremdwährungsdarlehens. Eine voraussichtlich dauernde Wertminderung liegt bei aktiven Wirtschaftsgütern vor, wenn der Teilwert nachhaltig unter den maßgeblichen Buchwert gesunken ist. Von einem "nachhaltigen" Sinken des Teilwerts unter die Anschaffungskosten ist auszugehen, wenn aus der Sicht des Bilanzstichtags aufgrund objektiver Anzeichen ernstlich mit einem langfristigen Anhalten der Wertminderung gerechnet werden muss. Hierfür bedarf es einer an der Eigenart des Wirtschaftsguts ausgerichteten Prognose. Entsprechendes gilt für die voraussichtlich dauernde Werterhöhung bei Verbindlichkeiten.
Ob bei Fremdwährungsverbindlichkeiten eine Veränderung des Währungskurses zum Bilanzstichtag eine voraussichtlich dauerhafte Teilwerterhöhung ist, hängt maßgeblich von der Laufzeit der Verbindlichkeit ab. Bei Fremdwährungsverbindlichkeiten, die eine Restlaufzeit von ca. zehn Jahren haben, ist davon auszugehen, dass sich Währungsschwankungen grundsätzlich ausgleichen. Demnach ist bei diesen Verbindlichkeiten nicht jede Kursveränderung als dauerhafte Wertänderung anzusehen. Die Möglichkeit einer Wertsteigerung in der Zukunft bei nicht abnutzbaren Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens kann regelmäßig nicht ausgeschlossen werden, weil diese keine begrenzte Nutzungsdauer haben. Im Gegensatz hierzu haben Verbindlichkeiten i. d. R. eine bestimmte Laufzeit, die für die Prognose zu berücksichtigen ist.
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