24.06.2014 — Udo Cremer. Quelle: Verlag Dashöfer GmbH.
Die Kläger sind Eheleute. Der Kläger war Alleingesellschafter der A-GmbH und der B-GmbH. Mit Verträgen vom 19.12.2007 übertrug der Kläger sämtliche Geschäftsanteile an der A-GmbH auf seinen Sohn und sämtliche Geschäftsanteile an der B-GmbH auf seine Tochter. Der Kaufpreis betrug jeweils 1 EUR. In den Verträgen heißt es dazu, der Kaufpreis trage der dauerhaften Ertraglosigkeit der Gesellschaften Rechnung. Der Gewinn des laufenden Geschäftsjahres sollte dem jeweiligen Käufer zustehen. Beide Gesellschaften hatten in den fünf vor der Veräußerung abgeschlossenen Wirtschaftsjahren jeweils nur Verluste erzielt. Kurz vor Übertragung der Geschäftsanteile hatte der Kläger in die A-GmbH … EUR und in die B-GmbH … EUR verdeckt eingelegt und dazu vorgetragen, die Zahlungen hätten dem Ausgleich der verlustbedingt angesammelten Bankverbindlichkeiten gedient und wären in jedem Fall verloren gewesen.
Unter Berücksichtigung dieser Einlagen als nachträglicher Anschaffungskosten ermittelte der Kläger aus der Veräußerung der A-GmbH einen Verlust von … EUR und aus der Veräußerung der B-GmbH einen Verlust von … EUR. Das FA berücksichtigte die Verluste nicht und führte zur Begründung aus, die Anteile seien unentgeltlich übertragen worden. Der Einspruch blieb erfolglos. In der Einspruchsentscheidung vom 5.10.2010 bezifferte das FA den Substanzwert der Anteile entsprechend dem bilanziellen Eigenkapital und unter Berücksichtigung der geleisteten Einlagen für die A-GmbH auf … EUR und für die B-GmbH auf … EUR. Das FG hat die Klage abgewiesen.
Die Revision ist unbegründet und deshalb zurückzuweisen (BFH-Urteil vom 8.4.2014, IX R 4/13). Das FG hat rechtsfehlerfrei erkannt, dass die Anteilsübertragungen nicht entgeltlich und deshalb keine Veräußerungen waren. Nach § 17 Abs. 1 Satz 1 EStG gehört zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb auch der Gewinn aus der Veräußerung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft. Veräußerung ist die Übertragung von Anteilen gegen Entgelt. Der Erwerber muss grundsätzlich eine Gegenleistung erbringen. Eine Veräußerung kann allerdings auch vorliegen, wenn ein Entgelt nicht oder lediglich in symbolischer Höhe von z.B. 1 EUR vereinbart und geleistet wird. Das ist der Fall, wenn der übertragene Anteil sowohl in den Augen der Vertragsparteien als auch objektiv wertlos ist. Ob in einem solchen Fall eine Veräußerung (ohne Entgelt) oder eine Schenkung (ohne Bereicherung) vorliegt, richtet sich nach dem Gesamtbild der objektiven Umstände sowie dem Willen und den Vorstellungen der Parteien. Bei der Übertragung eines wertlosen GmbH-Anteils ohne Entgelt zwischen fremden Dritten ist in der Regel eine Veräußerung anzunehmen.
Diese Vermutung hat jedoch keine Grundlage für Verträge zwischen einander nahestehenden Personen, denn bei ihnen kann nicht unterstellt werden, dass sie Leistung und Gegenleistung im Regelfall nach kaufmännischen Gesichtspunkten ausgehandelt haben. Haben einander nahestehende Personen für die Übertragung eines Anteils keinen oder lediglich einen symbolischen Kaufpreis vereinbart, kann eine Veräußerung (ohne Gegenleistung) nur angenommen werden, wenn feststeht, dass der übertragene Anteil sowohl in den Augen der Vertragsparteien als auch objektiv wertlos ist. Dies erfordert im Regelfall eine Bewertung des Anteils. Nach der Rechtsprechung des BFH ist die Feststellung der Wertlosigkeit eines Anteils eine Schlussfolgerung aus Tatsachen, die allein dem FG als Tatsacheninstanz obliegt. In diesem Zusammenhang hat der BFH bislang keine rechtlichen Vorgaben dazu gemacht, welche Tatsachen das FG gegebenenfalls feststellen muss, welche Schlüsse es daraus ziehen darf und nach welcher Methode der Wert eines Anteils zu bestimmen ist. Entscheidend kommt es vielmehr auf die Umstände des Einzelfalls an.
Ohne Rechtsverstoß ist das FG zu der Überzeugung gelangt, dass die übertragenen Geschäftsanteile nicht wertlos waren. Es hat dies zum einen aus Vertragsformulierungen geschlossen, die darauf hindeuten, dass nach der Vorstellung der Vertragsparteien beide Unternehmen fortgeführt werden sollten. Dass dies beabsichtigt war und auch so geschehen ist, wird auch von den Klägern nicht in Abrede gestellt. Das FG hat deshalb eine Bewertung mit den Zerschlagungswerten im Streitfall abgelehnt. Es hat weiter berücksichtigt, dass der Kläger beide Gesellschaften durch hohe Bareinlagen kurz vor der Übertragung im Außenverhältnis weitgehend entschuldet und dadurch zugleich eine bestehende bilanzielle Überschuldung beseitigt hat. Dabei hat es in Anlehnung an die Beurteilung durch das FA den positiven Substanzwert der Unternehmen (in Höhe des bilanziellen Eigenkapitals) als Indiz für eine Werthaltigkeit der Anteile im Streitfall höher bewertet als die unstreitig in beiden Unternehmen anhaltende negative Ertragssituation.
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