09.09.2022 — Rolf Becker. Quelle: Verlag Dashöfer GmbH.
Webseitenbetreiber erhalten förmliche Aufforderungen von Personen die reklamieren, es seien ohne deren Einwilligung Daten zu Google übertragen worden, indem man die Google Webfonts genutzt habe. Dabei handelt es sich um Schriftarten, die dem Urheberrechtsschutz unterliegen können. Diese stellt Google zum Einsatz auf Internetseiten zur Verfügung. Dann sehen diese Seiten in allen Browsern vom Schriftbild her gleichartig aus.
Die richtige Taktik für die Trennung
Das erfolgt aber nicht ohne Hintergedanken, denn je nach Einbindung telefonieren sozusagen die Schriftarten nach Hause. Und das Haus steht bei Google oft in den USA, wo die entsprechenden Server beheimatet sind. Die Schriftart wird vom Browser nämlich regelmäßig erst von einem Server geladen. Hierbei wird die IP-Adresse des Computers an den Server weitergeleitet, auf dem die Schriftarten gespeichert sind, damit die Auslieferung entsprechend erfolgen kann. Zudem können weitere Daten übermittelt werden.
Das Landgericht (LG) München I hat mit Urteil vom 20.01.2022 (Az. 3 O 17493/20) einen Webseitenbetreiber kostenpflichtig zur künftigen Unterlassung der Offenlegung der IP-Adresse durch Einsatz der Schriftarten gegenüber Google verurteilt. Zudem – und das motiviert natürlich einige Personen – gab es Schadensersatz in Höhe von 100,-- Euro.
Aus dem Urteil:
Die dynamische IP-Adresse stellt für einen Webseitenbetreiber ein personenbezogenes Datum dar, denn der Webseitenbetreiber verfügt abstrakt über rechtliche Mittel, die vernünftigerweise eingesetzt werden könnten, um mithilfe Dritter, und zwar der zuständigen Behörde und des Internetzugangsanbieters, die betreffende Person anhand der gespeicherten IP-Adressen bestimmen zu lassen (BGH, Urteil vom 16.05.2017 - VI ZR 135/13). Dabei reicht es aus, dass für die Beklagte die abstrakte Möglichkeit der Bestimmbarkeit der Personen hinter der IP-Adresse besteht. Darauf, ob die Beklagte oder Google die konkrete Möglichkeit hat, die IP-Adresse mit dem Kläger zu verknüpfen, kommt es nicht an.
2. Die Beklagte verletzte das Recht des Klägers auf informationelle Selbstbestimmung, indem die Beklagte die dynamische IP-Adresse an Google weiterleitete, als der Kläger die Webseite der Beklagten aufrief.
Die automatische Weitergabe der IP-Adresse durch die Beklagte an Google war ein nach dem Datenschutzrecht unzulässiger Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers, da der Kläger unstreitig in diesem Eingriff nicht gemäß § 13 Abs. 2 TMG a.F., Art. 6 Abs. 1 a) DSGVO eingewilligt hat….
… Dem Kläger steht ein Schadensersatzanspruch aus Art. 82 Abs. 1 DS-GVO zu. Der Begriff des Schadens i.S.d. Art. 82 DS-GVO ist nach dem Erwägungsgrund 146 S. 3 dabei weit auszulegen. Die Auslegung soll den Zielen dieser Verordnung in vollem Umfang entsprechen, auch dem Ziel der Sanktion und Prävention.
Zudem musste der Webseitenbetreiber eine datenschutzrechtliche Auskunft erteilen. Dazu ist man bei der Verarbeitung personenbezogener Daten immer verpflichtet.
Ob Ihre Seite potentiell betroffen ist, können Sie ganz einfach durch Services prüfen, die man bei Google unter der Suche nach Webfonts Checker finden kann. Lassen Sie Vorsicht walten und prüfen Sie, welche Daten Sie auf solchen Seiten preisgeben.
Wenn Ihre Webseite Google-Webfonts einsetzt, die von Servern von Google geladen werden, wird dies angezeigt. Sie sollten dann schleunigst dafür sorgen, dass die Fonts anders eingebunden werden, indem sie schlicht von ihrem eigenen Server geladen werden können. Das ist möglich.
Abmahnungen die von irgendwelchen Personen kommen, sind meist unproblematisch. Hier lässt es sich in der Regel nachweisen, dass die genannten Personen nur wegen des Geldes massenhaft Abmahnungen versendet haben. Das sehen Gerichte als rechtsmissbräuchlich an.
Dennoch sollten Sie vorsichtshalber einen Anwalt einschalten, der die Abmahnung für Sie prüft. Auf keinen Fall sollten Sie vorschnell zahlen oder – was aber auch meist nicht verlangt wird – eine Unterlassungserklärung abgeben.
Neuerdings scheinen die Abmahnungen von Rechtsanwälten für Mandanten zu kommen. Jedenfalls erscheinen sie auf Anwaltspapier. Das muss aber nicht zutreffen. Dem Autor sind jedenfalls mehrere Abmahnungen bekannt, bei denen der auf dem Briefkopf genannte Rechtsanwalt mitgeteilt hat, die Schreiben stammten nicht von ihm.
Das sollte man klären, auch hier am besten mit dem eigenen Rechtsanwalt.
Einfach jede Abmahnung zu dem Thema zu ignorieren ist allerdings fahrlässig. Denn das Urteil des LG München zeigt, dass im Einzelfall ein Anspruch nicht rechtsmissbräuchlich sein und eine Klage Erfolg haben kann.
Bild: Torsten Dettlaff (Pexels, Pexels Lizenz)
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