27.08.2014 — Online-Redaktion Verlag Dashöfer. Quelle: Verband deutscher ArbeitsrechtsAnwälte e. V..
Das, so der Bremer Fachanwalt für Arbeitsrecht und Gewerblichen Rechtsschutz Klaus-Dieter Franzen, hat das Arbeitsgericht Darmstadt am 12. Juni 2014 - Az.: 6 Ca 22/13 – entschieden.
Die Klägerin wiegt bei einer Körpergröße von 1,70 Metern 83 Kilogramm. Das entspricht einem Bodymass-Index (BMI) von 28,7. Dieser BMI gilt als deutlich übergewichtig, aber noch nicht als adipös. Sie bewarb sich als Geschäftsführerin bei einem Gesundheitsverband. Nach einem ersten Vorstellungsgespräch bestand seitens Verbandes offenbar zunächst Interesse an der Person der Klägerin. Die Parteien vereinbarten ein weiteres Gespräch. Zwei Tage vor dem Termin schrieb die die stellvertretende Vereinsvorsitzende und kommissarische Geschäftsführerin eine Mail an die Klägerin, in der es u. a. hieß:
„ … Als ehemalige Dicke (in jungen Jahren) möchte ich Sie fragen, was dazu geführt hat, dass Sie kein Normalgewicht haben. Sie müssen diese Frage nicht beantworten. Aber wenn Sie wollen, können Sie es mir erklären. Es geht dabei auch darum, dass Sie bei unseren Mitgliederversammlungen anwesend sein müssen und wir vielen immer wieder sagen müssen, dass sie das Thema Übergewicht ausschalten müssen, wenn es um Gutachten und Differentialdiagnosen der Borreliose geht. Im jetzigen Zustand wären sie natürlich kein vorzeigbares Beispiel und würden unsere Empfehlungen für Ernährung und Sport konterkarieren. ... Vielleicht haben Sie ja auch einen plausiblen Grund, der in den Griff zu bekommen ist.“
Die Klägerin erklärte sich nicht zu ihrem Übergewicht und erschien auch nicht zu dem zweiten Vorstellungsgespräch.
Mit ihrer Klage gegen den Verband und die kommissarische Geschäftsführerin verlangte die Klägerin eine Entschädigung wegen Diskriminierung i.H.v. 30.000,00 €. Sie behauptet, die Beklagten seien bezogen auf ihre Person von einer schwerwiegenden Beeinträchtigung im Sinne von Adipositas (Fettleibigkeit, Fettsucht) ausgegangen und hätten allein deswegen die Einstellung verweigert. Bei ihr liege Adipositas objektiv nicht vor, die Beklagten hätten dies jedoch unterstellt.
Das angerufene Arbeitsgericht wies die Klage ab.
Menschen sind behindert, wenn ihre körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweichen und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist. Das Übergewicht der Klägerin gelte nach Ansicht der Darmstädter Richter nicht als Behinderung in diesem Sinne.
Das Gericht konnte auch nicht feststellen, dass die Beklagten bezogen auf die Klägerin von einer Behinderung im Sinne des § 1 AGG ausgegangen ist. Dazu hatte die Klägerin bereits nicht ausreichend vorgetragen.
Die Klägerin hätte darlegen müssen, von welchen Vorstellungen ihrer Auffassung nach die Beklagten bei der fraglichen Maßnahme ausgegangen sei und aus welchen Indizien sie auf entsprechende Vorstellungen der Beklagten schließe.
Dieser Anforderung ist die Klägerin nicht nachgekommen.
Die Klägerin habe augenscheinlich keine körperlichen Einschränkungen infolge ihres Gewichtes. Sie sei beruflich erfolgreich und gesellschaftlich gut integriert. Es gebe mithin nicht die geringsten Anhaltspunkte dafür, dass sich die Beklagten bezogen auf die Klägerin, Umstände vorgestellt hätten, die, wenn sie vorlägen, als Behinderung im Sinne des § 1 AGG anzusehen wären.
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