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Übergang zum Halbeinkünfteverfahren

23.03.2010  — Udo Cremer.  Quelle: Verlag Dashöfer GmbH.

Übergangsregeln vom Anrechnungs- zum Halbeinkünfteverfahren bei der Körperschaftsteuer mit dem Gleichheitssatz nicht vereinbar

Das Bundesverfassungsgericht hat am 17.11.2009 (1 BvR 2192/05) geurteilt, dass es mit Art. 3 Abs. 1 GG unvereinbar ist, dass die Übergangsregelungen vom körperschaftsteuerrechtlichen Anrechnungs- zum Halbeinkünfteverfahren bei einzelnen Unternehmen zu einem Verlust von Körperschaftsteuerminderungspotential führen, der bei einer anderen Ausgestaltung des Übergangs ohne Abstriche an den gesetzgeberischen Zielen vermieden werden könnte und gleichzeitig dem Gesetzgeber aufgegeben, spätestens mit Wirkung zum 1. Januar 2011 für die noch nicht bestandskräftig abgeschlossenen Verfahren eine Neuregelung zu treffen. Diese hat den Erhalt des im Zeitpunkt des Systemwechsels vorhandenen und realisierbaren Körperschaftsteuerminderungspotentials gleichheitsgerecht sicherzustellen.

Von 1977 bis Ende 2000 wurde das Einkommen der Körperschaften nach dem Körperschaftsteueranrechnungsverfahren besteuert (§§ 27 ff. KStG 1977/1999). Es sah auf der Ebene der Körperschaft zwei Steuersätze vor: Der von der Körperschaft einbehaltene und nicht ausgeschüttete Gewinn wurde zunächst mit dem Thesaurierungssatz von (zuletzt) 40 % besteuert (§ 23 Abs. 1 KStG 1999). Wurde der Gewinn zu einem späteren Zeitpunkt ausgeschüttet, reduzierte sich die Körperschaftsteuer auf die sog. Ausschüttungsbelastung von 30 % (§ 27 Abs. 1 KStG 1977/1999). Im Anschluss daran erfolgte auf der Ebene der Anteilseigner dann die Besteuerung der Ausschüttung mit dem individuellen Einkommensteuersatz des Steuerpflichtigen. Um eine Doppelbelastung durch Körperschaftsteuer und Einkommensteuer zu vermeiden, wurde die von der Kapitalgesellschaft entrichtete Körperschaftsteuer auf die Einkommensteuer des Anteilseigners angerechnet (§ 36 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 EStG 1999).

Die Differenz zwischen dem Thesaurierungssteuersatz von (zuletzt) 40 % und der reduzierten Ausschüttungssteuerbelastung von 30% wurde an die Gesellschaft erstattet, wenn es zur Ausschüttung kam. Die Körperschaftsteuer-Minderung galt als für die Gewinnausschüttung verwendet (§ 28 Abs. 6 Satz 1 KStG 1977). Dies erfolgte im Regelfall durch eine entsprechende Minderung der von der Gesellschaft laufend zu entrichtenden Körperschaftsteuer(vorauszahlung). Wegen des gespaltenen Körperschaftsteuersatzes stand mit der Thesaurierungsbelastung eines einbehaltenen Gewinns fest, dass diesem belasteten Eigenkapital im Falle der Ausschüttung ein Erstattungsbetrag in Höhe der Differenz zwischen Thesaurierungs- und Ausschüttungssteuersatz zugeschlagen wird. Es entstand also bei Gewinnthesaurierung bis zum Zeitpunkt der Ausschüttung des belasteten Eigenkapitals auf der Ebene der Gesellschaft ein Körperschaftsteuerminderungspotential, das sich nach der Höhe dieser Steuersatzdifferenz bestimmte und aufgrund unterschiedlicher Thesaurierungs- (56 % bis 40 %) und Ausschüttungsbelastungen (36 % bzw. 30 %) variieren konnte.

Wurde ein Gewinn einbehalten und mit einem Thesaurierungssteuersatz von 45 % Körperschaftsteuer belastet, enthielt er bei einer Ausschüttungsbelastung von 30% ein Minderungspotential von 15 Prozentpunkten (oder 15/55). War er mit 40% belastet, enthielt er ein Minderungspotential von 10 Prozentpunkten (oder 10/60). Um bei Ausschüttungen angesichts der unterschiedlichen Steuersätze den jeweiligen Erstattungsbetrag bestimmen zu können, musste die entsprechende Vorbelastung des zur Ausschüttung kommenden Eigenkapitals bekannt sein. Im System des Anrechnungsverfahrens geschah dies durch eine die Vorbelastung wiedergebende Gliederung des „verwendbaren Eigenkapitals“ - vEK - (§ 29 KStG 1977/1999). Das Eigenkapital der Gesellschaften wurde in verschiedene „Eigenkapitaltöpfe" - EK - gegliedert, je nach Vorbelastung durch die Thesaurierungsbesteuerung. So wurde z.B. eine Belastung des thesaurierten Gewinns mit 45 % im sog. „EK 45“ vermerkt, eine Belastung mit 40 % im „EK 40“. Steuerfreie Vermögensmehrungen, die aufgrund spezialgesetzlicher Steuerbefreiungen keiner Belastung mit Körperschaftsteuer nach sich zogen, mussten ebenfalls im Eigenkapital abgebildet werden. Sie wurden bei einer Ausschüttung mit dem Ausschüttungssteuersatz von 30 % nachbelastet, enthielten also ein Steuererhöhungspotential. Das nicht mit einer Thesaurierungssteuer belastete Kapital wurde in dem „EK 0“ erfasst, welches zur besseren Übersichtlichkeit je nach vorliegendem Fall noch weiter in EK 01, EK 02, EK 03 und EK04 unterteilt wurde.

Der im Jahr 2001 vollzogene Wechsel im System der Ertragsbesteuerung der Körperschaften vom Anrechnungs- zum Halbeinkünfteverfahren führte dazu, dass auf der Ebene der Gesellschaft für thesaurierte und ausgeschüttete Gewinne nur noch eine einheitliche und endgültige Körperschaftsteuer in Höhe von 25 % (seit 2008 in Höhe von 15 %) erhoben wird. Auf der Ebene des Anteilseigners, soweit es sich um eine natürliche Person handelt, wird der ausgeschüttete Kapitalertrag nur zur Hälfte (seit 2009 zu 60 %) versteuert (§ 3 Nr. 40 EStG). Ist der Anteilseigner eine Körperschaft, wird der Ertrag aus der Kapitalbeteiligung zur Vermeidung einer Mehrfachbelastung grundsätzlich von der Körperschaftsteuer freigestellt (§ 8b KStG).

Den Übergang vom Anrechnungs- zum Halbeinkünfteverfahren gestaltete der Gesetzgeber durch die neu mit dem Steuersenkungsgesetz vom 23. Oktober 2000 (BGBl I S. 1433) in das Körperschaftsteuergesetz eingefügten §§ 36 - 40 KStG in der Weise, dass er die unterschiedlich mit Thesaurierungssteuer belasteten vorhandenen Teilbeträge an verwendbarem Eigenkapital in mehreren Schritten zusammenfasste und umgliederte. So wurde erreicht, dass in den Gesellschaften allenfalls noch ein Teilbetrag von mit 40 % Körperschaftsteuer vorbelastetem Eigenkapital (EK 40) vorhanden war. Das darin enthaltene Körperschaftsteuerminderungspotential wurde in ein Körperschaftsteuerguthaben umgewandelt, das während einer Übergangszeit von (ursprünglich) 15 Jahren unter Beibehaltung des bisherigen Anrechnungsverfahrens in eingeschränkter und modifizierter Form abgebaut werden konnte.

Die Umgliederung sollte nach dem Willen des Gesetzgebers in einer Weise erfolgen, die sicherstellt, dass die Körperschaftsteuerminderungen bei Fortgeltung des Anrechnungsverfahrens im Ergebnis erhalten bleiben. Dies vermochten die den Übergang vom Anrechnungs- zum Halbeinkünfteverfahren regelnden Bestimmungen der §§ 36 ff. KStG im Grundsatz auch zu leisten. Zu Einbußen an Körperschaftsteuerminderungspotential infolge der Umgliederung kam es jedoch insbesondere bei Körperschaften, die über hohe Bestände an EK 45 und keine oder negative Bestände an EK 02 verfügten. Für solche Körperschaften war es in aller Regel sinnvoll, das EK 45 noch vor der Umgliederung nach § 36 KStG durch Gewinnausschüttungen zu realisieren, um diesem Verlust zu entgehen. Dabei war aber zu berücksichtigen, dass eine Ausschüttung des EK 45 auf der Ebene der Gesellschafter zu einer entsprechenden Erhöhung der einkommensteuerpflichtigen Einkünfte aus Kapitalvermögen nach § 20 EStG führte. Um etwa drohenden Nachteilen aus der Umgliederung zu entgehen, wurde von den Körperschaften in den Übergangsjahren 2000 und 2001 häufig von den steuerlichen Gestaltungsmodellen des „Schütt-aus-Leg-ein-Verfahrens“ und des „Leg-ein-Hol-zurück-Verfahrens“ Gebrauch gemacht.

Dem entschiedenen Urteil lag folgender Fall zu Grunde: Die Beschwerdeführerin ist eine Aktiengesellschaft. Das Finanzamt stellte mit dem angegriffenen Bescheid vom 31. März 2004 gegenüber der Beschwerdeführerin auf den 31. Dezember 2001 die Teilbeträge des verwendbaren Eigenkapitals wie folgt fest: EK 45 von 10.591.535 DM, EK 40 von 1.697.322 DM, EK 01 von 36.151 DM, EK 02 von ./. 142.039 DM, EK 04 von 2.000.000 DM.

Nach Verringerung des Bestandes an EK 45 auf Grund von Ausschüttungen um 445.107 DM und einer Erhöhung des EK 45 um 2.498 DM wurde das verbleibende EK 45 (10.148.926 DM) gemäß § 36 Abs. 3 KStG zu 27/22 in EK 40 (12.455.500 DM) und zu ./. 5/22 in EK 02 (./. 2.306.574 DM) umgegliedert, sodass sich ein neues EK 40 in Höhe von 14.152.822 DM und ein neues EK 02 in Höhe von ./. 2.448.613 DM errechnet.

Anschließend wurde die negative Summe aus EK 01 und EK 02 (36.151 DM EK 01 ./. 2.448.613 DM EK 02) in Höhe von ./. 2.412.462 DM mit dem EK 40 verrechnet. Daraus ergab sich unter Berücksichtigung einer Erhöhung des EK 40 um Gewinne in Höhe von 34.470 DM, die mit 40% der Körperschaftsteuer unterlegen hatten, ein EK 40 von (14.152.822 DM + 34.470 DM ./. 2.412.462 DM =) 11.774.830 DM.

Aus diesem wurde gemäß § 37 Abs. 1 KStG ein verbleibendes Körperschaftsteuerguthaben in Höhe von (11.774.830 x 1/6 =) 1.962.472 DM (aufgerundet) ermittelt.

Das zuvor im EK 45 ruhende Körperschaftsteuerminderungspotential der Beschwerdeführerin in Höhe von 2.767.889 DM (15/55 x 10.148.926 DM) wurde durch diese Umgliederung um 1.076.401 DM (2.767.889 DM ./. 1.691.488 DM) auf ein nunmehr im EK 40 enthaltenes Minderungspotential in Höhe von (10.148.926 x 1/6 =) 1.691.488 DM (aufgerundet) vermindert. Die von der Beschwerdeführerin gegen die Feststellungsbescheide erhobene Sprungklage blieb ohne Erfolg. Die AG begründete ihre Klage damit, dass ihr durch die Umgliederung ein gesetzlich gewährter Anspruch auf Körperschaftsteuerminderung in Höhe von 1.076.401 DM entzogen worden.

Die Revision wurde vom Bundesfinanzhof als unbegründet zurückgewiesen (BFHE 210, 256). U.a. führte der BFH aus, dass die bisher dem Anrechnungsverfahren unterliegenden Kapitalgesellschaften grundsätzlich die Möglichkeit gehabt hätten, die mit der Umgliederung verbundene Nachteile durch eigene Maßnahmen zu vermeiden. So habe durch ein „Leerschütten" des belasteten verwendbaren Eigenkapitals dessen Umgliederung verhindert werden können. Im Schrifttum sei schon vor Inkrafttreten des Steuersenkungsgesetzes auf diese Gestaltungsmöglichkeit hingewiesen worden. Bei dem Minderungspotential handele es sich um ein eigentumsähnliches Recht im Sinne des Art. 14 GG, das ihr zuzuordnen sei. Das Bundesverfassungsgericht habe diejenigen Steuererstattungsansprüche, die mit Ablauf des jeweiligen Veranlagungszeitraums entstanden seien, als Eigentum im Sinne des Art. 14 Abs. 1 GG anerkannt. Der Qualifikation des Körperschaftsteuerminderungspotentials als Eigentum stehe nicht entgegen, dass seine Verrechnung oder Erstattung von Maßnahmen wie Gewinnausschüttungen abhänge. Anwartschaften und Rechtspositionen, deren Erstarken zu einem Vollrecht nur vom Verhalten des Gläubigers oder vom Eintritt sonstiger Umstände, nicht jedoch vom Verhalten des Schuldners abhänge, komme Eigentumsqualität in gleicher Weise zu wie dem entsprechenden Vollrecht.

Zu beachten ist jedoch, dass der BFH der besonderen Bedeutung des durch Art. 14 GG garantierten Schutzes der individuellen Rechtsposition nicht gerecht wird. Der BFH verkennt überdies, dass der Gesetzgeber anlässlich des Systemwechsels eine Übergangsregelung, die darauf ausgerichtet gewesen sei, die Nachteile aus den Umgliederungsregelungen in § 36 Abs. 3 und 4 KStG zu vermeiden, überhaupt nicht getroffen habe. Es wird weiter ausgeführt, dass dem Gesetzgeber nicht einmal bewusst gewesen sei, dass das damals geltende Steuerrecht in Gestalt des „Leg-ein-Hol-zurück-Verfahrens" Möglichkeiten geboten habe, diese Nachteile zu vermeiden. Die Regelungen des § 36 Abs. 3 und 4 KStG stellten sich auch nicht als gesetzliche Inhalts- und Schrankenbestimmungen dar. Wegen des Fehlens einer von jedem Betroffenen nutzbaren Möglichkeit, den Verlust seiner Rechtsposition zu vermeiden, habe vielmehr eine übergangs- und ersatzlose Beseitigung einer bestandsgarantierten Rechtsposition vorgelegen. Der Entzug dieser Rechtsposition sei nur dann verfassungsrechtlich gerechtfertigt, wenn hierfür zusätzliche, schwerwiegende Gründe des öffentlichen Interesses vorliegen würden. Derartige, über das berechtigte Ziel eines Systemwechsels hinaus bestehende Gründe seien aber nicht ersichtlich.

Das BVerfG stellt fest, dass die Umgliederungsregelung des § 36 Abs. 3 und 4 KStG am allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) zu messen ist, da sie zu einer ungleichen Körperschaftsteuerbelastung von Kapitalgesellschaften bei dem Wechsel vom Anrechnungs- zum Halbeinkünfteverfahren führt. Mit der Ausgestaltung der Umgliederungsbestimmungen verfolgt der Gesetzgeber zwar legitime Ziele. Für die mit dieser Regelung einher gehende Ungleichbehandlung gibt es indes keinen sachlichen Grund, denn sämtliche gesetzgeberischen Ziele könnten mit schonenderen Ausgestaltungen der Übergangsregelung erreicht werden, die eine solche ungleiche Belastung der Unternehmen vermeiden. Sonstige Sachgründe, die die Ungleichbehandlung rechtfertigen könnten, war für das Gericht nicht ersichtlich.

Die für den Systemwechsel im Recht der Körperschaftsteuer vom Anrechnungs- zum Halbeinkünfteverfahren vorgesehene Umgliederung der Teilbeträge belasteten Eigenkapitals nach § 36 Abs. 3 KStG und die Verrechnung mit den unbelasteten Teilbeträgen nach § 36 Abs. 4 KStG führt grundsätzlich zum erstrebten Erhalt, bei einem Teil der Kapitalgesellschaften aber zu einem Verlust von Körperschaftsteuerminderungspotential und damit im Ergebnis zu einer ungleichen Belastung mit Körperschaftsteuer. Zwar bleibt das in dem mit 45 % Thesaurierungssteuer belasteten Teilbetrag an Eigenkapital enthaltene Körperschaftsteuerminderungspotential bei der Umgliederung nach § 36 KStG im Regelfall erhalten; die Umgliederung führt jedoch bei solchen Kapitalgesellschaften zu Einbußen, die zum maßgeblichen Überleitungszeitpunkt am 31. Dezember 2000 über einen hohen Betrag an mit 45 % belasteten Eigenkapital und zugleich über einen nur geringen oder gar einen negativen Bestand an EK 02 verfügten.

Dies hat seine Ursache in der vom Gesetz angeordneten Umrechnungstechnik, mit der der Gesetzgeber die Überführung des Bestands an EK 45 in den Bestand von EK 40 unter Beibehaltung des Körperschaftsteuerminderungspotentials erreichen will. Die in einem ersten Schritt nach § 36 Abs. 3 Satz 1 KStG vorgesehene Hinzurechnung des Bestands an EK 45 mit dem Faktor 27/22 zu dem EK 40 führt dazu, dass dort ein gegenüber dem EK 45 in absoluten Zahlen höherer Betrag an EK 40 entsteht, dem aber - entsprechend der angenommenen unterschiedlichen Vorbelastung von EK 45 und EK 40 mit Thesaurierungssteuer - ein geringeres Körperschaftsteuerminderungspotential entspricht. Denn das EK 45 enthält ein Körperschaftsteuerminderungspotential in Höhe von 15/55, das EK 40 hingegen nur ein solches von 1/6 des jeweiligen Teilbetrags (vgl. § 27 Abs. 1 KStG 1977/1999). Die in einem zweiten Schritt nach § 36 Abs. 3 Satz 2 KStG vorgeschriebene Verringerung des Bestands des EK 02 um 5/22 des Bestands an EK 45 führt nun im Regelfall den vollständigen Erhalt des Körperschaftsteuerminderungspotentials herbei, da auf diese Weise das in einem positiven EK 02 enthaltene Körperschaftsteuererhöhungspotential entsprechend reduziert wird. Durch die Kombination dieser beiden Rechenschritte erreicht der Gesetzgeber in der Regel, dass die Höhe des Körperschaftsteuerminderungspotentials im Ergebnis auch nach der Umgliederung erhalten bleibt. Zugleich bleibt die Übereinstimmung von verwendbarem Eigenkapital und steuerbilanziellem Eigenkapital gewährleistet.

Das in der Steuerbilanz ausgewiesene verwendbare Eigenkapital muss, davon ist der Gesetzgeber mit der Schaffung des § 36 Abs. 3 und 4 KStG ausgegangen, Maßstab und Grenze für die Umgliederung sein, denn nach § 30 Abs. 1 GmbHG darf für Gewinnausschüttungen nur der Teil des bilanziellen Eigenkapitals verwendet werden, der nicht zum Stammkapital gehört. Gleiches gilt bei der Aktiengesellschaft für das gezeichnete Nennkapital nach § 57 Abs. 1 AktG.

Verfügt eine Kapitalgesellschaft jedoch zum maßgeblichen Umrechnungszeitpunkt über einen erheblichen Bestand an EK 45 und über einen geringen oder gar einen negativen Bestand an EK 02, hat der beschriebene zweite Rechenschritt nach § 36 Abs. 3 Satz 2 KStG zur Folge, dass der dem EK 02 zugeordnete Betrag negativ wird oder sich dessen ohnehin negativer Bestand erhöht. Statt der vom Gesetzgeber mit der Umgliederungstechnik beabsichtigten Reduzierung des Körperschaftsteuererhöhungspotentials beim EK 02 tritt dann der gegenteilige Effekt ein. Die mit § 36 Abs. 4 KStG angeordnete Verrechnung der negativen Summe der EK 0-Bestände mit dem EK 40 führt zur Verringerung des Körperschaftsteuerminderungspotentials.

Das Gericht betont ausdrücklich, dass dem Gesetzgeber andere Gestaltungsmöglichkeiten zur Verfügung standen, die sämtliche Übergangsziele hätten einhalten können, ohne umgliederungsbedingte Verluste von Körperschaftsteuerminderungspotential zu verursachen. So hätten das Körperschaftsteuerguthaben nach § 37 KStG unmittelbar aus den zum Stichtag vorhandenen Teilbeträgen belasteten Eigenkapitals, dem EK 45 und dem EK 40, gebildet werden können, ohne zuvor die Umgliederung nach § 36 Abs. 3 KStG vorzunehmen.

Auf diese Weise würde das für den Abbau des Körperschaftsteuerminderungspotentials in der Übergangszeit vorgesehene Körperschaftsteuerguthaben mit 10/60 aus dem Bestand des vorhandenen EK 40 und mit 15/55 aus dem Bestand des EK 45 ermittelt, mithin ein Körperschaftsteuerminderungspotential aus zwei Teilbeträgen belasteten Eigenkapitals berücksichtigt, deren Endbestand zum Stichtag je gesondert festgestellt werden müsste. Dieses Konzept kommt ohne die in § 36 Abs. 3 KStG vorgesehene Umgliederung aus und bedarf daher auch nicht der in § 36 Abs. 3 Satz 2 KStG geregelten Verminderung des EK 02. Dadurch wird der nach der geltenden Übergangsregelung bei einem hohen Bestand an EK 45 und niedrigem oder negativen EK 02 drohende Verlust an Körperschaftsteuerminderungspotential vermieden, soweit er seine Ursache allein in der Technik der Umgliederungsrechnung hat. Zugleich bleibt es auch im Falle der je gesonderten Einspeisung des EK 45 und des EK 40 in das Körperschaftsteuerguthaben bei der vom Gesetzgeber damit angestrebten Herabschleusung der mit (Thesaurierungs-)Körperschaftsteuer belasteten Teile des verwendbaren Eigenkapitals auf die Ausschüttungsbelastung von 30 %.

Da keine Umgliederung vorgenommen wird, bleiben die Abstimmung der Teilbeträge des verwendbaren Eigenkapitals mit dem steuerbilanziellen Eigenkapital für den Zeitpunkt der mit dem Stichtag fingierten Vollausschüttung gewährleistet und der in den Teilbeträgen belasteten Eigenkapitals abgebildete Betrag geleisteter Körperschaftsteuer erhalten. Der dem Gesetzgeber gerade bei der Umgestaltung komplexer Regelungssysteme, wie hier beim Wechsel der Körperschaftsteuer vom Anrechnungs- zum Halbeinkünfteverfahren, zustehende weite Gestaltungsspielraum befreit ihn nicht von der Bindung an den Gleichheitssatz. Eine erhebliche Ungleichbehandlung, die jeglichen sachlichen Grundes entbehrt, weil alle vom Gesetzgeber angestrebten Regelungsziele auch unter Vermeidung der ungleichen Belastung und ohne Inkaufnahme anderer Nachteile erreicht werden können, braucht von den Betroffenen nicht hingenommen zu werden. Eine solche Situation ist beim Übergang vom Anrechnungs- zum Halbeinkünfteverfahren im Körperschaftsteuerrecht gegeben. Zumindest eine Alternativgestaltung der Übergangsregelung drängt sich auf, die bei einer nur geringfügigen Änderung der gesetzlich vorgesehenen Übergangsbestimmungen die Abwicklung des Anrechnungsverfahrens gleich einfach und zügig erreicht und dabei den allein umgliederungsbedingten Verlust von Körperschaftsteuerminderungspotential vermeidet.

Im Ergebnis stellt das BVerfG fest, dass die Übergangsregelungen in § 36 Abs. 3 und 4 KStG gegen den allgemeinen Gleichheitssatz verstoßen, soweit sie umgliederungsbedingt zu einem Verlust von Körperschaftsteuerminderungspotential führen. Insoweit ist ihre Unvereinbarkeit mit Art. 3 Abs. 1 GG festzustellen, denn dem Gesetzgeber stehen (wie zuvor bereits angeführt) andere Gestaltungsmöglichkeiten zur Verfügung, die einen gleichheitsgerechten Erhalt des Körperschaftsteuerminderungspotentials bei der von ihm beabsichtigten Abwicklung des Anrechnungsverfahrens gewährleisten. Die Feststellung der Unvereinbarkeit des § 36 Abs. 3 und 4 KStG mit dem Grundgesetz wirkt auf den Zeitpunkt seines Inkrafttretens zum 1. Januar 2001 zurück. Gründe dafür, ausnahmsweise von dieser Rechtsfolge abzusehen und die verfassungswidrige Norm gleichwohl für anwendbar zu erklären, liegen nicht vor. Gerichte und Verwaltungsbehörden dürfen die Norm im Umfang der festgestellten Unvereinbarkeit nicht mehr anwenden, laufende Verfahren sind auszusetzen.
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