25.05.2023 — Samira Sieverdingbeck. Quelle: Verlag Dashöfer GmbH.
Was ist den Deutschen wichtig? Was glauben sie, wird in Zukunft wichtig sein? Diese Fragen soll die Vermächtnisstudie beantworten. Der Fokus lag dieses Mal auf Gleichstellung und dem Verhältnis zwischen den Geschlechtern. Rund 4.200 Menschen im Alter von 23 bis 65 wurden befragt. Im Vergleich zur ersten Befragung 2015 ist ein spannender Trend erkennbar: Elternschaft verliert an Bedeutung.
Zu jedem Thema antworten die Befragten auf drei sogenannten Dimensionen:
Dimension 1 fragt das Hier und Jetzt der Befragten ab. Wie leben Sie gerade? Welche Vorstellungen haben Sie für Ihr eigenes Leben?
Dimension 2 legt den Fokus auf die Gesellschaft. Wie sieht richtiges Verhalten aus? Wie sollte die Gesellschaft sein?
Im Gegensatz dazu fragt Dimension 3 nicht nach dem zukünftigen Ideal der Gesellschaft, sondern nach dem zukünftigen Real der Gesellschaft. Sie fragt also, wie wird die Gesellschaft sein? Wie wird sie sich Ihrer Meinung nach realistisch entwickeln?
Zwar zeigt die Vermächtnisstudie, dass Männer und Frauen nahezu gleichermaßen daran interessiert sind, Erwerbs- und Care-Arbeit gleichmäßig aufzuteilen – Die Ergebnisse zur tatsächlichen Aufteilung alltäglicher Aufgaben sind jedoch eher ernüchternd.
Den Einkauf verstauen, eben schnell durchsaugen und noch das Geschenk für den Kindergeburtstag verpacken – Die Studie zeigt, dass Frauen immer noch einen Großteil der Aufgaben rund um Haushalt, Familien- und Freizeitorganisation übernehmen. Der sogenannte „Mental Load“ ist bei ihnen deshalb besonders hoch. Der Trendbegriff meint eine Überforderung, die durch alltägliche aber gleichzeitig unsichtbare Aufgaben entsteht. Das ständige „Alles-im-Kopf-haben“ und „Für-alle-da-sein“ erzeugt enormen Stress und strengt die Betroffenen an.
Von den insgesamt 21 Aufgaben aus Haushalt, Familien- und Freizeitorganisation übernehmen Männer nur drei der Aktivitäten teilweise oder komplett: Finanzen, Handwerker und Reparaturen.
Das Erwerbsmodell beeinflusst die ungleiche Verteilung alltäglicher Aufgaben nur marginal. Vollzeitarbeitende Paare haben kaum eine andere Aufteilung als Paare, bei denen die Frau Teilzeit oder nicht arbeitet. Von einer gerechten Aufteilung (à la: Er arbeitet genauso viel im Büro, wie sie im Haus) kann also nicht die Rede sein.
Aufgrund der hohen Alltagslast ist die Vereinbarkeit von Familie und Beruf für Frauen oft noch schwerer als für Männer. Die Studie zeigt die Konsequenz deutlich. Zum ersten Mal seit Beginn der Studienreihe 2015, verliert es an Bedeutung eigene Kinder zu bekommen. Besonders Frauen zwischen 23 und 50 befürworten es auf eigene Kinder zu verzichten, um dem Mental Load zu entgehen und beruflich nicht zurückgeworfen zu werden.
WZB-Präsidentin Jutta Allmendinger führt die Entwicklung auf die Corona-Pandemie zurück. Bei der Vorstellung der Studie am 23. Mai in Berlin sagte sie: „Nach den Erfahrungen in der Pandemie mit einer extremen Mental Load gilt den jungen Frauen anscheinend die Erwerbsarbeit als der Ort, wo sie einigermaßen gleichberechtigt leben können.“
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Aktuelle Ausgabe Jetzt abonnierenBild: Tyler Nix (Unsplash, Unsplash Lizenz)