04.06.2019 — Dirk J. Lamprecht. Quelle: Verlag Dashöfer GmbH.
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Auf Bundesebene, d.h. aus bundesrechtlicher Betrachtung, besteht ab dem 27. November 2020 für den leistende Unternehmer (Rechnungsaussteller) die Verpflichtung, Rechnungen in elektronischer Form beim öffentlichen Auftraggeber einzureichen, vgl. § 3 Abs. 1 E-RechV. Dieses ergibt sich aus der Ermächtigung der E-Rechnungs-Verordnung in § 4a Abs. 3 E-GovG.
Die Verpflichtung zur elektronischen Rechnungsstellung/-übermittlung besteht dann nicht, wenn im Rahmen eines Direktauftrags nach § 14 der Unterschwellenvergabeordnung Leistungen bis zu einem voraussichtlichen Auftragswert von EUR 1.000 (netto ohne Umsatzsteuer) unter Berücksichtigung der Haushaltsgrundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit ohne die Durchführung eines Vergabeverfahrens beschafft werden (sog. Direktauftrag).
Ausnahmen bestehen auch bei spezifischen geheimhaltungsbedürftigen Rechnungsdaten (typischerweise bei verteidigungs- und sicherheitsspezifischen Aufträgen), bei Angelegenheiten des Auswärtigen Dienstes, sonstigen Beschaffungen im Ausland, aber auch bei Aufträgen im Rahmen sog. Organleihen.
Für subzentrale öffentliche Auftraggeber ist der 18. April 2020 der späteste Umsetzungszeitpunkt. Der Bund hat mit dem E-RechG und der E-RechV die Umsetzungsfristen bis zum 27. November 2018 für die obersten Bundesbehörden und 27. November 2019 für alle öffentlichen Auftraggeber des Bundes, die keine obersten Bundesbehörden sind, festgelegt. Es ist davon auszugehen, dass einige Bundesländer ihre Umsetzungsfrist bis zum 18. April 2020 ausnutzen werden.
Der Anwendungsbereich des E-RechG umfasst die Stellen des Bundes i.S.d. § 159 Abs. 1 Nr. 1 bis 5 GWB (Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen). Somit alle Stellen, für deren vergaberechtliche Nachprüfung die Vergabekammer des Bundes ausschließlich zuständig ist.
Die Bundesländer sind jeweils für die sie betreffende Richtlinienumsetzung verantwortlich und es bedarf daher einer Umsetzung in den eigenen Landesgesetzen. Diese können die entsprechenden Betragsgrenzen und Fristen auf Länderebene individuell festlegen, da eine Verpflichtung für Unternehmen zur elektronischen Rechnungsübermittlung in der EU-Richtlinie nicht explizit vorgesehen ist.
Beispiele von öffentlichen Auftraggebern auf Bundesebene:
Länderspezifische Übersicht (soweit bisher veröffentlicht):
1) Baden-Württemberg:
Es betrifft: Alle öffentlichen Auftraggeber im Sinne des § 98 GWB, für die nach § 159 Abs. 2 und 3 GWB die Vergabekammer Baden-Württemberg zuständig ist. Der Rechnungsempfang und die Verarbeitung sind unabhängig vom Auftragswert. Eine Ausnahme gilt für die Gemeinden oder die Gemeindeverbände sowie für Auftraggeber, die in entsprechender Anwendung von §§ 99 bis 101 GWB den Gemeinden und Gemeindeverbänden zuzuordnen sind. Diese müssen elektronische Rechnungen nur im oberschwelligen Vergabebereich empfangen und verarbeiten. Frist: 18. April 2020.
2) Bayern
Es betrifft: Auftraggeber im Sinne von § 98 GWB, soweit 1. für sie eine Vergabekammer des Freistaates Bayern zuständig ist, 2. sie im Rahmen der Organleihe für den Bund tätig werden oder 3. dies durch Rechtsverordnung der Staatsregierung vorgesehen ist. Nur für den oberschwelliger Vergabebereich entsprechend der Richtlinie. Frist: 18. April 2020.
3) Berlin
Es betrifft: Alle Auftraggeber im Sinne des § 159 Abs. 2 S. 2 GWB, die dem Land Berlin zuzuordnen sind. Der Rechnungsempfang und die Verarbeitung sind unabhängig vom Auftragswert. Sowohl im oberschwelligen als auch im unterschwelligen Bereich müssen Rechnungen angenommen und verarbeitet werden. Frist: 16. April 2020.
4) Brandenburg
Es betrifft: Alle Auftraggeber im Sinne des § 159 GWB, für die die Vergabekammer des Landes Brandenburg zuständig ist. Ob die Verpflichtung zum Rechnungsempfang auch für den unterschwelligen Vergabebereich gilt, wird in der Rechtsvorordnung geregelt. Frist: 01. April 2020.
5) Bremen
Es betrifft: Alle öffentlichen Auftraggeber, soweit für sie gemäß § 159 GWB die Vergabekammer der Freien Hansestadt Bremen zuständig ist. Der Rechnungsempfang und die Verarbeitung sind unabhängig vom Auftragswert. Sowohl im oberschwelligen als auch im unterschwelligen Bereich müssen Rechnungen angenommen und verarbeitet werden. Für Gebietskörperschaften in Bremen (Land und Stadtgemeinden) tritt das Gesetz am 27. November 2018 und im Übrigen am 27. November 2019 in Kraft. Frist: 27. November 2020. Ausnahmen: Die Verpflichtung gilt nicht für:
6) Hessen
Es betrifft: Alle öffentlichen Auftraggeber, soweit für sie gemäß § 159 GWB eine Vergabekammer des Landes Hessen zuständig ist. Oberschwelliger Vergabebereich entsprechend der Richtlinie. Frist: 18. April 2020.
7) Niedersachsen
Es betrifft: Alle niedersächsischen Auftraggeber im Sinne des § 98 GWB. Der Rechnungsempfang und die Verarbeitung sind unabhängig vom Auftragswert. Sowohl im oberschwelligen als auch im unterschwelligen Bereich müssen Rechnungen angenommen und verarbeitet werden. Frist: 27. November 2019.
8) Nordrhein-Westfalen
Es betrifft: Alle öffentlichen Auftraggeber im Sinne von § 98 GWB. Der Rechnungsempfang und die Verarbeitung sind unabhängig vom Auftragswert. Sowohl im oberschwelligen als auch im unterschwelligen Bereich müssen Rechnungen angenommen und verarbeitet werden. Frist: 1. April 2020.
9) Schleswig-Holstein
Es betrifft: Auftraggeber im Sinne des Teiles 4 GWB, für die nach § 159 GWB die Vergabekammer des Landes Schleswig-Holstein zuständig ist. Der Rechnungsempfang und die Verarbeitung sind unabhängig vom Auftragswert. Sowohl im oberschwelligen als auch im unterschwelligen Bereich müssen Rechnungen angenommen und verarbeitet werden, aber die Rechtsverordnung enthält diesbezüglich Ausnahmen. Frist: 27. November 2018, aber Rechnungsempfänger, die keine obersten Landesbehörden sind, müssen die Rechnungen erst ab dem 18. April 2020 empfangen und verarbeiten. § 7 (Übergangsbestimmungen) der Rechtsverordnung enthält die Regelung, dass Rechnungen bis zum 26. November 2019 im Datenaustauschstandard ZUGFeRD einzureichen sind.
10) Thüringen
Es betrifft: Auftraggeber im Sinne des § 98 GWB mit Sitz in Thüringen. Der Rechnungsempfang und die Verarbeitung sind unabhängig vom Auftragswert. Sowohl im oberschwelligen als auch im unterschwelligen Bereich müssen Rechnungen angenommen und verarbeitet werden. Frist: 27. November 2019.
Der Autor:
Dirk J. Lamprecht leitet seit dem Jahr 2004 die Steuerrechtsabteilung in einer Göttinger Anwalts- und Steuerkanzlei. Daneben war er von 1999 bis 2010 Lehrbeauftragter der Fachhochschule Nordhessen und ist seit 2011 Lehrbeauftragter der Hochschule Bremen in den Bereichen Steuerlehre und Rechnungslegung. Weiterhin ist er als Unternehmensberater, Dozent und Prüfer im Rahmen der IHK-Prüfung zum/zur Bilanzbuchhalter/-in (national und international) sowie als Herausgeber und Autor tätig. Beim DIHK engagiert er sich ehrenamtlich im Bereich der Abschlussprüfung zum/zur Bilanzbuchhalter/-in.
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