29.04.2019 — Volker Hartmann. Quelle: Verlag Dashöfer GmbH.
Der Gesetzgeber und die Finanzverwaltung denken sich zunehmend und immer komplizierter werdende steuerliche Rahmenbedingungen aus. Dies führt in der Praxis zu entsprechender Fehleranfälligkeit und gerade im Rahmen der Lohn- und Gehaltsabrechnung zu vermeidbaren zusätzlichen Arbeitsbelastungen, Steuer- und Sozialversicherungsnachforderungen und Haftungsproblemen des Arbeitgebers. Ein exemplarisches Beispiel für die aus Sicht des Autors überflüssige Komplexität des deutschen Steuerrechts sind die aktuellen Spielregeln bei der privaten Nutzung eines betrieblichen Fahrrads.
In diesem Zusammenhang ist zunächst zu unterscheiden, ob es sich um ein klassisches Fahrrad oder um ein E-Bike handelt.
Wenn es sich um ein E-Bike handelt, ist weiterhin zu differenzieren, ob es sich um ein klassisches E-Bike oder um ein besonderes E-Bike handelt, welches verkehrsrechtlich als Kraftfahrzeug anzusehen ist. Hierbei handelt es sich um ein E-Bike, deren Motor auch Geschwindigkeiten über 25 Kilometer pro Stunde unterstützt und welches keiner Kennzeichen- und Versicherungspflicht unterliegt.
Ist das E-Bike verkehrsrechtlich als Kraftfahrzeug anzusehen, kommt nicht die im gemeinsamen Ländererlass festgeschriebene Regelung für Fahrräder, sondern die gesetzliche Regelung für Dienstwagen zur Anwendung. Hierbei kann der geldwerte Vorteil entweder pauschal im Rahmen der 1-%-Regelung oder nutzungsabhängig nach der Fahrtenbuchmethode angesetzt werden.
Im Rahmen der 1-%-Regelung beläuft sich der geldwerte Vorteil auf 1% der auf volle 100 Euro abgerundeten unverbindlichen Preisempfehlung des Herstellers.
Soweit das E-Bike auch für Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte benutzt wird, ist darüber hinaus ein geldwerter Vorteil in Höhe von 0,03% der unverbindlichen Preisempfehlung des Herstellers pro Entfernungskilometer anzusetzen.
Wenn das Job-Bike nur gelegentlich bzw. nicht ganzjährig privat genutzt wird, hat der Arbeitnehmer die Möglichkeit für sein (besonderes) Job-Bike ein Fahrtenbuch zu führen. In diesem Fall werden nur die privaten Fahrten der Lohnversteuerung unterworfen, die tatsächlich angefallen sind. Bei einem klassischen E-Bike hingegen kommt die Fahrtenbuchmethode nicht zur Anwendung.
Soweit es sich um ein E-Bike handelt, welches verkehrsrechtlich als Kraftfahrzeug anzusehen ist, ist zu unterscheiden, ob dieses vor dem 01.01.19 oder nach dem 31.12.18 angeschafft worden ist. Soweit das E-Bike nach dem 31.12.18 angeschafft worden ist, ist der geldwerte Vorteil nicht in voller Höhe, sondern nur mit dem hälftigen Betrag anzusetzen.
Im Rahmen der gesetzlichen Neuregelung durch § 3 Nr. 37 EStG 2019 sind geldwerte Vorteile für die Überlassung eines betrieblichen Fahrrads grundsätzlich steuerfrei.
Voraussetzung für die Anwendung der Steuerbefreiungsvorschrift ist nach dem unmittelbaren Wortlaut des Gesetzes, dass der geldwerte Vorteil zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn, also nicht durch Gehaltsumwandlung gewährt wird.
Bitte beachten Sie, dass die Steuerbefreiung nicht in Betracht kommt, wenn es sich um ein E-Bike handelt, welches verkehrsrechtlich als Kraftfahrzeug anzusehen ist.
Weil die aus 30 Worten und 441 Buchstaben bestehende gesetzliche Neuregelung trotz der Aktualität umfassender Erläuterungen bedarf, hat die Finanzverwaltung am 13.03.19 gleichlautende Ländererlasse der obersten Finanzbehörden der Länder veröffentlicht, der diverse Zweifelsfragen klärt.
Fortsetzung folgt!
Der Autor:
Volker Hartmann ist Diplom-Finanzwirt, Lohnsteueraußenprüfer und Betriebsprüfer im aktiven Dienst der Hamburger Finanzverwaltung. Volker Hartmann hat langjährige Prüfungserfahrungen, insbesondere bei Kapitalgesellschaften aller Branchen und Größen. Er ist seit vielen Jahren Referent und Autor beim Verlag Dashöfer. Seine Seminare zeichnen sich durch eine besondere Praxisnähe aus.
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