23.10.2024 — Online-Redaktion Verlag Dashöfer. Quelle: Frankfurter Buchmesse.
Die am Sonntag zu Ende gegangene 76. Frankfurter Buchmesse (16.-20. Oktober 2024) hat den Wachstumskurs der vergangenen Jahre fortgesetzt. Mit 115.000 Fachbesucher*innen (Vorjahr: 105.000) aus 153 Ländern (Vorjahr: 130 Länder) und 115.000 Privatbesucher*innen (Vorjahr: 110.000) legte sie sowohl als internationale Geschäftsmesse der Publishing- und Medienbranche wie auch als Festival des Lesens zu – und dies trotz limitierter Kartenkontingente für die beiden Wochenendtage.
Mehr als 4.300 Ausstellende (Vorjahr: 4.100) präsentierten sich in den Hallen. Das früh ausgebuchte Literary Agents & Scouts Centre (LitAg) sowie das ebenfalls stark nachgefragte Publishers Rights Centre (PRC) meldeten mit insgesamt 593 Tischen abermals eine Rekordbelegung. Mit Rechtehändler*innen aus insgesamt 355 Agenturen und Verlagen sowie mit 38.000 Eintritten waren die beiden Arbeitszentren für den internationalen Rechtehandel so frequentiert wie nie zuvor. Mehr als 7.500 Medienvertreter*innen (Vorjahr: 7.000) berichteten über die gut 3.300 Veranstaltungen an den Fach- und Publikumstagen.
Juergen Boos, Direktor der Frankfurter Buchmesse: „Internationalität ist unser Markenzeichen. Sie stiftet die Relevanz, die wir in den gestiegenen Teilnehmerzahlen in allen Bereichen ablesen können. Die 76. Frankfurter Buchmesse war aus Sicht unserer Aussteller*innen und Fachbesucher*innen eine Handelsmesse mit starken Abschlüssen. Auch Kollaboration und Kooperation spielen eine zunehmend wichtige Rolle. Die Publishing-Branche geht gezielt auf ihre Nachbarn in den Kreativindustrien zu, umgekehrt gilt das Gleiche. Unser Geschäft im Bereich der genreübergreifenden Adaptionen wird immer wichtiger, das gilt seit langem schon für das Interesse der Filmindustrie an der Frankfurter Buchmesse, und zunehmend gilt es auch für die Welt der Games.”
Die Vorsteherin des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels, Karin Schmidt-Friderichs, unterstrich, wie wichtig die Lesebegeisterung eines vorwiegend jungen Publikums insgesamt für die Branche und für die Zukunft des Buches ist: „Die Buchbranche blickt auf fünf erfolgreiche Tage zurück: Die Frankfurter Buchmesse hat sich erneut als die große Plattform für den Austausch, die Vernetzung und für gute Geschäfte erwiesen. Gleichzeitig war sie ein Fest der Ideen, der Debatten und neuen Perspektiven auf die Fragen der Zeit. Und wer sich die wachsende Lesebegeisterung bei jungen Menschen bisher nicht vorstellen konnte, erlebte sie auf der Messe eindrucksvoll: Zu sehen, wie Zigtausende Bücherfans ihre Lieblingsbücher und -autor*innen feierten, weckt Lust auf die Zukunft des Buches.“
Unter dem Titel Frankfurt Calling fand ein kulturpolitisches Programm mit literarischen Perspektiven internationaler Sprecher*innen statt. Auf über 80 Panels, Lesungen und Performances traf das Publikum im ikonischen Frankfurt Pavilion und an weiteren Orten unter anderem auf Roberto Saviano, Anne Applebaum, Yuval Noah Harari, Mai Thi Nguyen-Kim und Kohei Saito. Die Themen waren ebenso dringlich wie vielfältig, etwa der globale Trend zur Autokratisierung, die Kriege in der Ukraine und in Nahost, der Umgang mit Meinungs- und Versammlungsfreiheit und Black Feminism. Partner in der Programmgestaltung von Frankfurt Calling waren die Vereinten Nationen, Amnesty International, Memorial, PEN Berlin, CORRECTIV, taz, SZ, Bildungsstätte Anne Frank u. v. m.
Mit mehr als 90 Autor*innen gab Italien, diesjähriger Ehrengast der Frankfurter Buchmesse, Einblicke in die zeitgenössische italienische Verlagsproduktion. Die Veranstaltungen konzentrierten sich in dem von dem Architekten Stefano Boeri als Piazza gestalteten Ehrengast-Pavillon. Zum Auftritt der italienischen Ehrengäste gehörte außerdem ein umfangreiches Fachprogramm, das am italienischen Gemeinschaftsstand in Halle 5.0 stattfand. Darüber hinaus gab es auf den Buchmesse-Bühnen von italienischen Autor*innen und ihren deutschsprachigen Verlagen initiierte Veranstaltungen. Am Messesonntag endete der Ehrengast-Auftritt Italiens unter dem Motto „Verwurzelt in der Zukunft“ mit der GastRollen-Übergabe an die Philippinen, den Ehrengast 2025, mit dem Motto „Fantasie beseelt die Luft“.
Das neue Zentrum Wort in der Halle 4.1 etablierte sich als zentraler Treffpunkt für Gespräche über Gegenwartsliteratur und Übersetzung. Auf großer Bühne und einem Networking-Areal kamen in mehr als 30 Veranstaltungen rund 80 Autor*innen und Übersetzer*innen zu Wort, darunter Roberto Saviano, Kulturstaatsministerin Claudia Roth und Büchner-Preisträger Oswald Egger. „Mit dem Zentrum Wort ist es gelungen, der Literatur und dem literarischen Übersetzen eine adäquate Bühne und damit die entsprechende Sichtbarkeit zu geben“, so Lars Birken-Bertsch, der als Geschäftsführer des Deutschen Literaturfonds das Programm mitgestaltete.
Treffpunkt für die internationale Rechte- und Lizenz-Community waren das Literary Agents & Scouts Centre und das Publishers Rights Centre, die gemeinsam eine komplette Ebene in der Halle 6 belegten. Hier empfingen Rechte- und Lizenzprofis aus Agenturen und Verlagen im dichten Takt ihre internationalen Geschäftspartner*innen. „Es ist ein tolles Gefühl, Teil einer Welt zu sein, in der uns Geschichten verbinden und in Zeiten internationaler Spannungen Erleichterung verschaffen“, sagte Hayo Deinum von der niederländischen Agentur Shared Stories. Deinum lobte die große Diversität der in Frankfurt vertretenen Länder, zu denen er Geschäftskontakte knüpfen konnte.
Auf neuer Veranstaltungsbühne wurde in der Halle 4.0, der Heimat der internationalen Wissenschafts- und Bildungsverlage sowie der Publishing Partners, intensiv gearbeitet. Aussteller gestalteten ein größtenteils englischsprachiges Fachprogramm. Mit den beiden Mikro-Konferenzen, der Society of Scholarly Publishing und der Charleston Conference, rückten die Bereiche internationale Wissenschaft und Bibliothekswesen in den Fokus. Am Wochenende zog das Campus Weekend mit dem Young Professionals Day ein jüngeres Publikum an. Themen, die die aktuelle deutsche Bildungsdebatte prägen, hatten ihre Bühne im Forum Bildung der Halle 3.1. Viel Aufmerksamkeit bekamen Panels zu den Themen Künstliche Intelligenz und digitaler Wandel in Schule und anderen Bildungseinrichtungen.
Große Resonanz fand der Book-to-Screen Day am Messefreitag mit deutlich mehr Anfragen und Akkreditierungen von Filmschaffenden als im Vorjahr. Um der wachsenden Nachfrage internationaler Produzent*innen nach Adaptionsstoffen gerecht zu werden und ihnen Orientierung zu bieten, bot die Frankfurter Buchmesse erstmals Rundgänge an. An der ausgebuchten Book-to-Screen Masterclass nahmen knapp 100 Produzent*innen, Drehbuchautor*innen, Filmrechteverantwortliche und Vertreter*innen von Filmorganisationen aus aller Welt teil. Zu dem von der Frankfurter Buchmesse und der Berlinale organisierten Book-to-Screen Matchmaking fanden sich u. a. Netflix, Constantin Film (Deutschland), Globo (Brasilien) und Pragmatic Pictures (USA) ein.
Eine ähnliche Entwicklung zeichnet sich für die Welt der Games ab, wo acht Games Studios ausstellten. Juergen Boos: „Die Erwartungen an unser Games-Areal, das wir in Kooperation mit der Bologna Children’s Book Fair zum ersten Mal angeboten haben, wurden voll erfüllt. Unter dem Motto ‘A book is a film is a game!’ treiben wir unser Geschäft der genreübergreifenden Adaptionen weiter voran.”
Mit überragendem Interesse der Community feierte das neu angebotene Areal für das New Adult-Segment seine Premiere auf der Frankfurter Buchmesse. Um dem Anspruch der Besucher*innen nach einem sicheren Aufenthalt in der Halle gerecht zu werden, waren die Ticketkontingente für das Wochenende limitiert worden. Gleichwohl bildeten sich auf dem Freigelände der Agora am Samstag und Sonntag Schlangen von Tausenden Fans, die im ebenfalls neu eingerichteten Meet-the-Author-Areal für ein Autogramm und ein Selfie mit den von ihnen bewunderten Autor*innen anstanden. 87 Autor*innen absolvierten von Freitag bis Sonntag an fünf Tischen insgesamt 86 Signierstunden.
Die Bilanz der Aussteller in der Halle 1.2 fällt durchweg positiv aus. Zwei Stimmen als Beispiel für viele: „Wir sind sehr happy und überwältigt”, sagt Maria Maibohm, Geschäftsführerin der Buchhandlung Graff in Braunschweig, die erstmals einen Stand auf der Frankfurter Buchmesse hatte. Und Astrid Ohletz, Gründerin des Ylva Verlags, freut sich: „Wir haben so viele gute Gespräche mit den Besucherinnen, weil wir mehr Raum haben. Es hat meine Erwartungen absolut übertroffen.” Ohletz ergänzt: „Hier sind die Leser*innen, die uns suchen, ohne zu wissen, dass es uns gibt.”
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