Steuerliche Neuregelungen rückwirkend zum 01.01.22 – Teil 2

15.03.2022  — Volker Hartmann.  Quelle: Verlag Dashöfer GmbH.

In der Ausgabe 10/2022 unseres Newsletters widmete sich Steuerexperte Volker Hartmann den steuerlichen Maßnahmen, welche von der Ampelkoalition aufgrund gestiegener Energiekosten erlassen wurden. Hier folgt nun der 2. Teil dazu.

Aufgrund der extrem gestiegenen Energiekosten hat die Ampelkoalition jüngst ein neues Maßnahmenpaket mit steuerlichen Gegenmaßnahmen geschnürt. Diese Maßnahmen sollen teilweise rückwirkend zum 01.01.22 in Kraft treten. Für die Lohn- und Gehaltsabrechnung sind die rückwirkende Erhöhung des Grundfreibetrags auf 10.347 Euro bzw. 20.694 Euro bei Verheirateten, die Erhöhung des Arbeitnehmerpauschbetrags auf 1.200 Euro und insbesondere die Erhöhung der Entfernungspauschale von 0,35 Euro auf 0,38 Euro für Fernpendler von Bedeutung. Diese Neuregelungen sollen rückwirkend zum 01.01.22 in Kraft treten.

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Auswirkungen für die Lohn- und Gehaltsabrechnung und Handlungsbedarf für den Arbeitgeber ergeben sich insbesondere dann, wenn der Arbeitgeber einen Fahrtkostenzuschuss gewährt oder bei der Dienstwagenbesteuerung, wenn der Arbeitgeber von der Pauschalierung des geldwerten Vorteils bei Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte Gebrauch macht.

Dienstwagenbesteuerung: Besteuerung des geldwerten Vorteils für Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte bei der Dienstwagenbesteuerung

Wenn der geldwerte Vorteil im Rahmen der 1 % - Regelung und der Anteil für Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte in voller Höhe vom Arbeitnehmer versteuert werden, ergeben sich keine Auswirkungen auf die Lohn- und Gehaltsabrechnung.

In zahlreichen Fällen machen die Arbeitgeber von der Pauschalversteuerung Gebrauch. In diesem Zusammenhang kann der Arbeitgeber den Anteil, den der Arbeitnehmer im Rahmen seiner Einkommensteuererklärung als Werbungskosten geltend machen könnte, pauschalversteuern. Durch Erhöhung des Werbungskostenansatzes ab dem 21. km von 0,35 Euro auf 0,38 Euro erhöht sich der pauschalierungsfähige Anteil, während sich der vom Arbeitnehmer zu versteuernde Anteil entsprechend verringert. Die steuerliche Auswirkung der gesetzlichen Neuregelung soll an nachstehender Fallstudie aufgezeigt werden.

Fallstudie Freya Frühling:

Der Arbeitgeber stellt seiner Arbeitnehmerin Freya Frühling einen Dienstwagen zur Verfügung, der auch privat und für Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte genutzt werden darf. Der Listenpreis des Fahrzeugs beträgt 45.000 Euro, die Entfernung zwischen Wohnung und erste Tätigkeitsstätte 40 km. Es handelt sich um ein Fahrzeug mit herkömmlichem Verbrennungsmotor.

Listenpreis: 45.000,00 €
Entfernung zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte: 40 km

seit 01.01.2021 bis 31.12.2021 Differenz
Geldwerter Vorteil 1 % 450 € 450 € 0,00 €
geldwerter Vorteil Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte
Listenpreis x 0,03 % x Anzahl Entfernungskilometer 540 € 540 € 0,00 €
Summe 990 € 990 € 0,00 €

Mit Pauschalversteuerung seit 01.01.2022 bis 31.12.2021 Differenz
pauschalierungsfähiger Anteil erste 20 km x 0,30 € x 15 Tage (Arbeitgeber-Anteil) 90,00 € 90,00 € 0,00 €
pauschalierungsfähiger Anteil übersteigende 10 km x 0,35 € [seit 01.01.2022 0,38 €] x 15 Tage (Arbeitgeber-Anteil) 114,00 € 105,00 € 9,00 €
nicht pauschalierungsfähiger Anteil (Arbeitnehmer-Anteil) 336,00 € 345,00 € -9,00 €
Summe geldwerter Vorteil für Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte (Arbeitgeber- und Arbeitnehmer-Anteil) 540,00 € 540,00 € 0,00 €

Ohne Pauschalversteuerung
Vom Arbeitnehmer zu versteuern seit 01.01.2022 bis 31.12.2021 Differenz
Geldwerter Vorteil 1 % 450,00 € 450,00 € 0,00 €
Anteil für Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte - gesamt 540,00 € 540,00 € 0,00 €
Summe geldwerter Vorteil 990,00 € 990,00 € 0,00 €
Vom Arbeitgeber zu versteuern 540,00 € 540,00 € 0,00 €

Mit Pauschalversteuerung
Vom Arbeitnehmer zu versteuern seit 01.01.2022 bis 31.12.2021 Differenz
Geldwerter Vorteil 1 % 450,00 € 450,00 € 0,00 €
Anteil für Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte - nicht pauschalierungsfähiger Anteil 336,00 € 345,00 € -9,00 €
Summe geldwerter Vorteil Arbeitnehmer 786,00 € 795,00 € -9,00 €
Vom Arbeitgeber zu versteuern seit 01.01.2022 bis 31.12.2021 Differenz
Anteil für Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte - pauschalierungsfähiger Anteil 204,00 € 195,00 € 9,00 €
seit 01.01.2022 bis 31.12.2021 Differenz
Summe geldwerter Vorteil Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte (Arbeitnehmer- und Arbeitgeber-Anteil) 540,00 € 540,00 € 0,00 €

In diesem Beispiel erhöht sich der vom Arbeitgeber zu versteuernde pauschalierungsfähige Anteil um 9 Euro, während sich der vom Arbeitnehmer zu versteuernde nicht pauschalierungsfähige Anteil um denselben Betrag reduziert.

Die rückwirkende gesetzliche Erhöhung der Entfernungspauschale ab dem 21. Kilometer zum 01.01.22 bringt nicht unerheblichen Verwaltungsaufwand mit sich. Der niedrigeren Belastung des Arbeitnehmers mit Steuern und Sozialabgaben (Arbeitnehmer-Anteil) steht eine höhere Belastung des Arbeitgebers mit pauschaler Lohnsteuer bei gleichzeitiger Entlastung von Sozialabgaben (Arbeitgeber-Anteil zur Sozialversicherung) und dem Bürokratieaufwand entgegen.

Der Autor:

Volker Hartmann

Volker Hartmann ist Diplom-Finanzwirt, Lohnsteueraußenprüfer und Betriebsprüfer im aktiven Dienst der Hamburger Finanzverwaltung. Volker Hartmann hat langjährige Prüfungs­erfahrungen, insbesondere bei Kapitalgesellschaften aller Branchen und Größen. Er ist seit vielen Jahren Referent und Autor beim Verlag Dashöfer. Seine Seminare zeichnen sich durch eine besondere Praxisnähe aus.

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