29.07.2022 — Malte Struckmann. Quelle: Verlag Dashöfer GmbH.
Als Blockchain wird eine dezentral verwaltete öffentliche Datenbank bezeichnet. Mit dieser Technologie werden verschiedene Datensätze in chronologischer Reihenfolge verkettet. Wird eine Transaktion mit einer virtuellen Währung durchgeführt, dann wird diese in einem Datensatz zusammengefasst. Mittels eines Algorithmus (Hashfunktion) wird dieser komplexe Datensatz auf eine kleinere Zeichenfolge verkürzt. Das Ergebnis dieser Berechnung wird in dem sogenannten Hashwert abgebildet und mit Hashwerten aus anderen Transaktionen in großen Datenblöcken verknüpft. Jede Änderung dieser Kette von Datenblöcken würde den logischen Bezug zu Folgedatenblöcken verändern, was das System nicht erlaubt. Das heißt: Getätigte Transaktionen sind irreversibel und bleiben dauerhaft im Netz gespeichert. Nutzer bleiben zwar durch die Kommunikation mit Kryptoschlüsseln – einer Kombination aus Zahlen und Zeichen – anonym aber die Datenblöcke aller Transaktionen sind dokumentiert und öffentlich einsehbar. So lässt sich etwa ein Bitcoin bis zum Zeitpunkt seiner Schürfung zurückverfolgen. Das macht die Blockchain unmanipulierbar, was aber nicht für Schnittstellen, wie den sogenannten Wallets gilt. Wer Kryptogeld nutzen will, benötigt eine digitale Geldbörse und sollte sich über Sicherungsmöglichkeiten informieren.
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Kryptowährungen sind privat erzeugtes, virtuelles „Geld“, das aus dem Wunsch entstand ein sich selbst verwaltendes elektronisches Bezahlsystem zu schaffen, welches Intermediäre wie Banken oder Staaten umgeht. Die erste Währung ist der Bitcoin, der 2008 entwickelt und ein Jahr später eingeführt wurde. Dem Kryptogeld schlägt noch Misstrauen entgegen, da es nicht nur kein gesetzliches Zahlungsmittel ist, sondern die sich bietende Anonymität auch für den Kauf illegaler Waren oder Dienstleistungen genutzt werden kann. Doch damit könnte es bald vorbei sein. Durch eine 2023 in Kraft tretende EU-Richtlinie sollen Krypto-Dienstleister künftig Informationen über Sender und Empfänger sammeln und dazu verpflichtet werden sogenannte Unhosted-Wallets mit einem Wert von 1000 Euro zu melden. Die deutsche Finanzaufsicht (BaFin) stuft Kryptogeld als „Rechnungseinheit“ im Sinne des Kreditwesengesetzes ein. Nutzung, Kauf, Verkauf und das Mining von Kryptogeld sind demnach nicht erlaubnispflichtig, vorausgesetzt es wird ausschließlich als Ersatz für Bargeld oder zur bargeldlosen Zahlung verwendet. Krypto-Vermögensdienstleister, wie Broker oder Börsen, werden aber ab 2023 die Zulassung einer nationalen Aufsichtsbehörde benötigen, um in der EU Geschäfte tätigen zu können.
Kryptowährungen sind keine Nischen-Anlageobjekte mehr. Bitcoin und Ethereum machen ca. 65 % der Marktkapitalisierung aller Kryptowährungen aus. Seit Dezember 2017 wird der Bitcoin nicht mehr nur an Kryptomärkten im Netz gehandelt, sondern auch an einer der größten Börsen der Welt, der Chicago Mercantile Exchange. Der US-amerikanische Vermögensverwalter Blackrock, hat im Januar 2021 in zwei digitale Währungsfonds investiert. Nach Amazon will auch PayPal nachziehen und den Bitcoin als Zahlungsmittel akzeptieren.
Die genannten Beispiele lassen Kryptowährungen als attraktive Wertanlage für Unternehmen erscheinen. Doch Vorsicht ist geboten! Zwar hat der Handel mit virtuellen Währungen seit 2021 an Fahrt aufgenommen, doch sind die Wertschwankungen in diesem Bereich enorm. Die begrenzte Anzahl des Bitcoins von 21 Millionen und die Investitionen von immer mehr Menschen, die auf schnellen Reichtum hofften, ließ den Kurs im Januar 2021 auf 40.000 Dollar hochschnellen. Wenige Tage später sank der Kurs aber auf 30.000 Dollar. Mitte April desselben stieg er wieder auf 64.000 Dollar und einen Monat später fiel er wieder zurück 30.000 Dollar. Dies zeigt, dass Kryptogeld keine nachhaltigen Kursteigerungen erfährt. Gegenüber ihrer Volatilität bieten Kryptowährungen aber viel Sicherheit gegenüber Finanzmarktkrisen. Durch ihre dezentrale Verwaltung sind Kryptowährungen unabhängig von Banken und Staaten und somit auch vom Weltmarkt.
Doch die dezentrale Verwaltung bietet nicht nur Vorteile. Zahlreiche Parteien sind an der Blockchain-Datenbank beteiligt. Mehr Transaktionen bedeuten mehr Blöcke, die der Datenbank hinzugefügt werden und die verkettet und dauerhaft gespeichert werden. Mit jedem Block aktualisiert sich die Datenkette auf jedem Knotenpunkt im System. Damit verfügt jeder Nutzer über die gleichen Informationen und Voraussetzungen. Diese Komplexität belastet das System sehr stark. Seit Jahren schon gilt die Blockchain aufgrund ihrer Größe und Komplexität als überlastet. Dies macht das System anfällig für Hacking-Angriffe, worunter Handelsplätze als auch Anleger leiden. Mit dem Risiko eines Cyber-Angriffs steigt auch das Risiko eines Verlusts der Wallet, was einen Totalverlust des Kryptogeldes bedeutet.
Was nicht vernachlässigt werden darf sind die steuerlichen Aspekte des digitalen Geldverdienens. Kryptowährungen stellen einen wirtschaftlichen Vorteil dar und sind somit zu versteuern – virtuelles Geld, reale Steuern. Es gelten hier die steuerlichen Regelungen, wie sie auch bei realen Währungen greifen. Das heißt, dass ein Unternehmen unter Umständen Ertragssteuern zahlen muss. Umso wichtiger ist es, zu dokumentieren wann eine Währung gekauft wurde und zu welchem Preis, da diese Informationen ausschlaggebend für die Ermittlung der Steuer sind. Auch muss das Finanzamt diese Informationen jederzeit erfragen können.
Alles in allem ist die Investition von Unternehmen in Kryptogeld ein zweischneidiges Schwert. Zumindest, wenn man nicht zu den Global Playern zählt und über entsprechendes Kapital verfügt, erscheint eine Investition in Kryptogeld mit nicht unerheblichen Risiken verbunden. Das heißt, es müsste im Einzelfall genau geprüft werden, ob sich der Einstieg ins Geschäft mit dem virtuellen Geld lohnt.
Das Potenzial der Blockchain-Technologie ist enorm. Nach einer Einschätzung des Zukunftsinstituts könnte die Blockchain-Technologie in 20 Jahren eine Grundsäule des digitalen Raumes werden. Zuerst wird sie aber wohl im B2B-Segment Fuss fassen, das sich in den nächsten 10 Jahren durch die Blockchain extrem verändern soll. Die Wirtschaft wäre durch das dezentrale Modell nicht mehr auf Steuerungs- oder Vermittlungsinstanzen angewiesen. Beispielsweise könnten Musiker die Rechte an ihren Songs sicher verankern und direkt und transparent mit Beteiligten abrechnen. Musikverwerter, wie die GEMA, die enorme Kosten erzeugen und wenig transparent sind, wären überflüssig. Die großen Branchen wären gezwungen umzudenken und sich neu zu strukturieren, sofern sie etwas vom Kuchen abhaben wollen. Banken oder Dienstleister wie PayPal werden wohl nicht verschwinden, müssten sich aber der technischen Evolution mittelfristig anpassen, wenn sie nicht an Bedeutung verlieren wollen.
Das Problem der Volatilität sollen in Zukunft sogenannte Stablecoins lösen, die an Vermögenswerte wie den US-Dollar gebunden sind. Diese sollen das Bindeglied zwischen der digitalen Kryptowelt und der analogen Welt bilden, in der mit US-Dollar oder Euro gezahlt wird. Die EU beschäftigt sich intensiv mit der Thematik und hat sich neuerdings auf eine einheitliche Regulierung von Kryptowerten geeinigt. Diese MiCA (Markets in Crypto Assets) genannte Richtlinie sieht vor, dass Stablecoins immer an einen eins zu eins Vermögenswert besichert sein müssen. Beaufsichtigt wird dies von der europäischen Bankenaufsichtsbehörde. Außerdem müssen Kryptofirmen ihre Umweltbilanz offenlegen.
Der Bitcoin wurde als Zahlungsmittel entwickelt, ist aber auch Wertspeicher und Leitwährung für andere Kryptowährungen. Damit ist das Potenzial allerdings noch längst nicht ausgeschöpft: Ethereum etwa, speichert keine Münzen, sondern Programmcodes. Diese sogenannten Smart Contracts haben die Funktion einer wenn-dann-Bedingung: Wenn also Song X abgespielt wird, dann tätige eine Überweisung an Künstler Y. In der Blockchain wären solche Verträge einfach nutzbar und unveränderbar. An Smart Contracts ließen sich auch digitale Assets oder digitale Identitäten knüpfen. Damit könnten auch Servicedienstleistungen, Eigentum, wie etwa eine Wohnung, oder auch Personalausweise in der Blockchain sicher gespeichert werden.
Das Prinzip der dezentralen Verwaltung könnte zu einer Demokratisierungswelle im digitalen Raum führen, sobald ein Blockchain-basiertes Modell auf dem Massenmarkt erfolgreich wird. Denn es würden dem Einzelnen wieder mehr Rechte über seine Privatsphäre zurückgegeben. Kleine regionale Gemeinschaften könnten sich unabhängiger selbst verwalten, etwa durch einen regionalen Stromhandel.
Neben der Erweiterung gesellschaftlicher Teilhabe könnte sich durch Kryptowährungen in 20 bis 30 Jahren unser Verständnis von Besitz ändern, weil sich Besitzverhältnisse viel transparenter darstellen. Kryptowährungen würden es Investoren erleichtern, Teilhaber eines Unternehmens zu werden. Auch das Gesamtvermögen eines Unternehmens könnte durch die Blockchain-Technologie schnell und übersichtlich dargestellt werden. Was für die hier genannten Beispiele aber fehlt, sind entsprechende Gesetzesgrundlagen. Doch letzten Endes lautet die Frage nicht, ob Blockchain-Technologie sich auch wirtschaftlich durchsetzen wird, sondern wann.
Quellen und Hintergründe:
Bild: Worldspectrum (Pexels, Pexels Lizenz)