26.05.2023 — Online-Redaktion Verlag Dashöfer. Quelle: Hans-Böckler-Stiftung.
Für den Zeitraum von Mai bis Ende Juli weist der Indikator eine Rezessionswahrscheinlichkeit von 37,6 Prozent aus, nachdem sie im April für die folgenden drei Monate noch 26 Prozent betrug. Die statistische Streuung, ein Maß für die Unsicherheit von Wirtschaftsakteuren, bleibt fast unverändert bei 21 Prozent. Der nach dem Ampelsystem arbeitende Indikator schaltet wegen der Eintrübung erstmals seit Januar von „gelb-grün“ auf „gelb-rot“, was für eine erhöhte konjunkturelle Unsicherheit steht. Allerdings bleiben die Werte für Mai bis Juli nach wie vor deutlich unter der Schwelle für eine akute Rezessionsgefahr. Die neue Drei-Monats-Prognose stehe daher für „eine Fortsetzung des verhaltenen Wachstumskurses der deutschen Wirtschaft“, analysiert IMK-Konjunkturexperte Dr. Thomas Theobald.
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Dass die Rezessionswahrscheinlichkeit gestiegen ist, geht vor allem auf Entwicklungen im Verarbeitenden Gewerbe zurück, insbesondere der Bauwirtschaft, der energieintensiven Industrie und der Exportwirtschaft. Einige Branchen wie die Automobilindustrie werden noch in nennenswertem Umfang von Lieferengpässen gebremst – auch wenn diese sich nach und nach auflösen. Zunehmend Sorge macht den IMK-Experten das „wenig dynamische außenwirtschaftliche Umfeld“. Die US-Konjunktur schwächt sich aufgrund hoher Zinsen ab. Gleichzeitig stützt sich die wirtschaftliche Erholung in China, anders als in vergangenen Aufschwungsphasen, bislang kaum auf kräftige Investitionen, von denen die deutsche Exportwirtschaft profitieren könnte. Eine Stabilisierung bei den Finanzmarkt- und den Stimmungsindikatoren, die das IMK-Konjunkturradar ebenfalls auswertet, verhindert hingegen eine stärkere Erhöhung der Rezessionswahrscheinlichkeit. Realwirtschaftlich stützt der Dienstleistungsbereich aktuell die Konjunktur.
„Das außenwirtschaftliche Umfeld ermöglicht der stark exportorientierten deutschen Wirtschaft über die Sommermonate wahrscheinlich nur ein maues Wachstum“, fasst Konjunkturforscher Theobald den Ausblick zusammen. „Umso wichtiger wäre es, dass die Europäische Zentralbank die Leitzinsen nicht zu weit in den restriktiven Bereich erhöht und die Binnennachfrage in Abwägung mit dem Ziel der Preisstabilität nicht unverhältnismäßig dämpft.“ Die geldpolitische Straffung durch die vorangegangenen Leitzinserhöhungen entfalte derzeit ihre volle Wirkung, was sich am Einbruch der Kreditnachfrage ablesen lasse. Weitere Zinsschritte sind aus Sicht des IMK derzeit nicht nötig.
In den IMK-Konjunkturindikator fließen zahlreiche Daten aus der Real- und der Finanzwirtschaft zum jeweils vorliegenden Veröffentlichungszeitpunkt ein. Darüber hinaus berücksichtigt das Instrument Stimmungsindikatoren. Das IMK nutzt die Industrieproduktion als Referenzwert für eine Rezession, weil diese rascher auf einen Nachfrageeinbruch reagiert als das Bruttoinlandsprodukt. Der Konjunkturindikator wird monatlich aktualisiert.
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Bild: Dimitry Anikin (Pexels, Pexels Lizenz)