Bürokratie stärker in der Kritik als Schuldenbremse

04.03.2024  — Online-Redaktion Verlag Dashöfer.  Quelle: Leibniz-Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung GmbH Mannheim.

Trotz der aktuell angespannten Haushaltslage sehen vom ZEW Mannheim befragte Finanzmarktexpertinnen und -experten in der Schuldenbremse nicht das größte Investitionshemmnis. Stattdessen machen sie zu schwerfällige bürokratische Prozesse und hohe Sozial- und Personalausgaben für zu geringe öffentliche Investitionen verantwortlich.

Zu diesem Ergebnis kommt die Sonderfrage des ZEW-Finanzmarkttests vom Februar 2024, an der sich 173 Finanzmarktexpertinnen und -experten beteiligt haben.

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„Während die Existenzberechtigung der Schuldenbremse im öffentlichen Diskurs von manchen ganz in Zweifel gezogen wird, sind sich die Expertinnen und Experten weitgehend einig, dass die Schuldenbremse ein wichtiger finanzpolitischer Anker ist. Fast 95 Prozent der Befragten sprechen sich dafür aus, die Schuldenbremse entweder in ihrer jetzigen Form beizubehalten oder um eine sogenannte Investitionsregel zu ergänzen. Eine Abschaffung der Schuldenbremse wird dagegen nur von einer sehr kleinen und sogar schrumpfenden Minderheit befürwortet“, kommentiert Prof. Dr. Friedrich Heinemann, Leiter des ZEW-Forschungsbereichs „Unternehmensbesteuerung und Öffentliche Finanzwirtschaft“.

Die Expertinnen und Experten üben deutliche Kritik an schwerfälliger Bürokratie und zu langen Genehmigungsverfahren sowie dem Umfang an nicht-investiven Ausgaben. Dort besteht deutlich mehr Reformbedarf als bei der Schuldenbremse.

Schuldenbremse erhält auch in Krisenzeiten Rückhalt

Im Vergleich zur letzten Umfrage vom Dezember 2019 zeigt sich, dass sich der Rückhalt für die Schuldenbremse trotz kostspieliger Krisen kaum verändert hat. Unter den Expertinnen und Experten hat sich die Schuldenbremse somit als stabiles und verlässliches Instrument etabliert. Entsprechend hat sich der Anteil der Befragten, die eine Abschaffung der Schuldenbremse befürworten, von 12,1 Prozent im Jahr 2019 sogar auf 5,8 Prozent im Jahr 2024 mehr als halbiert. Bei der Beurteilung der wichtigsten Hindernisse für höhere öffentliche Investitionen steht die Schuldenbremse daher auch nicht an erster Stelle.

Grafik über die Schuldenbremse in DE

© Bitkom; für Großansicht bitte anklicken

Bürokratie ist Haupthindernis für Investitionen

Bereits im Jahr 2019 identifizierten die Expertinnen und Experten bürokratische Prozesse und Strukturen als Haupthindernis für öffentliche Investitionen, daran hat sich auch in der aktuellen Befragung nichts geändert. An zweiter Stelle folgen die nicht-investiven Staatsausgaben, die aus Sicht der Befragten ein Ausmaß angenommen haben, das den Spielraum für wichtige Investitionen auch bei ausreichend hohen Steuereinnahmen einengt. Im Jahr 2019 sahen hier noch 43,9 Prozent der Befragten ein Hindernis, in 2024 sind es mit 67 Prozent deutlich mehr. Erst danach wird die Schuldenbremse von 33,3 Prozent der Befragten im Jahr 2019 und in 2024 von 38 Prozent als Investitionshemmnis genannt – ein Anstieg auf eher niedrigem Niveau. Als deutlich weniger bedeutsames Hindernis werden Engpässe in der Bauwirtschaft betrachtet. Während hier 2019 noch 55,1 Prozent der Befragten einen Bremsfaktor ausmachten, sind dies heute nur noch 15,9 Prozent. Hier schlägt sich erkennbar die Rezession in der Bauwirtschaft mit der fallenden Kapazitätsauslastung nieder, die es der öffentlichen Hand wieder erleichtert, Vorhaben zu realisieren.

Grafik über Hindernisse für Investitionen

© Bitkom; für Großansicht bitte anklicken


Über die Befragung

Der ZEW-Finanzmarkttest ist eine seit Dezember 1991 durchgeführte Umfrage, in der monatlich die Erwartungen über die Entwicklung wichtiger internationaler Volkswirtschaften erhoben werden. Derzeit sind dies Deutschland, das Eurogebiet, die Vereinigten Staaten von Amerika sowie China. Insgesamt besteht das Panel aus etwa 350 Finanzanalysten aus Banken, Versicherungen und großen Industrieunternehmen. Angesprochen werden die Experten/-innen der Finanz-, Research- und volkswirtschaftlichen Abteilungen sowie der Anlage- und Wertpapierabteilungen dieser Unternehmen. Die meisten Teilnehmer/innen kommen aus Deutschland.

Die Finanzexpertinnen und -experten werden nach ihren Erwartungen gefragt, die sie auf einen Horizont von 6 Monaten hinsichtlich der Entwicklung der Konjunktur, der Inflationsrate, der kurz- und langfristigen Zinsen, der Aktienkurse und der Wechselkurse haben. Zusätzlich werden sie um eine Einschätzung der Ertragslage in 13 deutschen Branchen gebeten. Neben einem festen Umfrageteil werden laufend zu aktuellen Themen Sonderumfragen durchgeführt. Aus den Erwartungen der Finanzmarktexperten/-innen zur Entwicklung der wirtschaftlichen Lage in Deutschland werden die ZEW-Konjunkturerwartungen berechnet, die sich als Frühindikator für die Konjunkturentwicklung („ZEW-Index“) etabliert haben. Das ZEW kommuniziert die Ergebnisse des Finanzmarkttests darüber hinaus ausführlich im monatlich erscheinenden ZEW-Finanzmarktreport.

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