01.04.2021 — Rolf Becker. Quelle: WIENKE & BECKER - KÖLN.
Der unter anderem für das Wettbewerbsrecht zuständige I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) hat am 25. März 2021 (BGH, Az. ZR 203/19) entschieden, dass Unternehmen von ihren Kunden ein Entgelt für die Zahlung mittels Sofortüberweisung oder PayPal erheben dürfen, wenn das Entgelt allein für die Nutzung dieser Zahlungsmittel und nicht für eine damit im Zusammenhang stehende Nutzung einer Lastschrift, Überweisung oder Kreditkarte verlangt wird.
Es ging um die Klage der Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs (Wettbewerbszentrale) gegen ein Unternehmen, welches Fernbusreisen veranstaltet. In den Angeboten im Internet bot die Beklagte die Zahlung mit EC-Karte, Kreditkarte, Sofortüberweisung oder PayPal an. Bei Wahl der Zahlungsmittel "Sofortüberweisung" und "PayPal" mussten die Kunden ein vom jeweiligen Fahrpreis abhängiges zusätzliches Entgelt als Zahlartgebühr zahlen.
Wichtige Grundlagen für das Tagesgeschäft
Die Wettbewerbszentrale reklamierte einen Verstoß gegen § 3a des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) in Verbindung mit der speziellen Regelung des seit 13.01.2018 geltenden § 270a BGB und klagte auf Unterlassung.
Die Regelung des § 270a BGB betrifft die Vereinbarungen über Entgelte für die Nutzung bargeldloser Zahlungsmittel. Sie lautet:
Eine Vereinbarung, durch die der Schuldner verpflichtet wird, ein Entgelt für die Nutzung einer SEPA-Basislastschrift, einer SEPA-Firmenlastschrift, einer SEPA-Überweisung oder einer Zahlungskarte zu entrichten, ist unwirksam. Satz 1 gilt für die Nutzung von Zahlungskarten nur bei Zahlungsvorgängen mit Verbrauchern, wenn auf diese Kapitel II der Verordnung (EU) 2015/751 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2015 über Interbankenentgelte für kartengebundene Zahlungsvorgänge (ABl. L 123 vom 19.5.2015, S. 1) anwendbar ist.
Damit wird das Verbot der Weiterbelastung von Zahlartengebühren (Surcharging-Verbot) geregelt. Darunter fallen alle Debit- und Kreditkarten, die Verbrauchern von sogenannten Vier-Parteien-Kartenzahlverfahren ausgestellt werden. Hierzu gehören insbesondere die gängigsten Kartenzahlverfahren in der Bundesrepublik Deutschland. Damit werden insbesondere gängige Zahlungen durch Überweisung, Lastschriften in Euro und Zahlungskarten, wie die meisten Debit- und Kreditkarten (insbesondere alle VISA und Mastercard Zahlungen) erfasst.
Sowohl bei der Wahl des Zahlungsmittels "Sofortüberweisung" als auch bei Zahlungen über PayPal kann es zu einer SEPA-Überweisung oder SEPA-Lastschrift kommen. Das Entgeltverbot berührt damit auch Zahlungsarten, wie Sofort-Überweisung oder PayPal. Dies führte gleich nach Geltungsstart des Gesetzes zu Unsicherheiten. Dabei wurde aber schon früh die Ansicht vertreten, dass das Verbot nicht Entgelte für zusätzliche Leistungen betrifft. Das Landgericht München I (Urteil vom 13. Dezember 2018 - 17 HK O 7439/18) hatte der Klage der Wettbewerbszentrale stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hatte das OLG München (OLG München - Urteil vom 10. Oktober 2019 - 29 U 4666/18) die Klage abgewiesen und fand jetzt die Bestätigung des BGH. Der Bundesgerichtshof stellt klar, dass zwar nach wie vor keine Überweisungsentgelte verlangt werden dürfen. Das betrifft aber nicht die zusätzlichen Leistungen von Zahlungsdienstleistern.
Bei der Sofortüberweisung wird der Zahlbetrag via SEPA-Überweisung im Sinne von § 270a Satz 1 BGB angewiesen. Dabei findet die Auslösung des Zahlungsvorgangs durch den Betreiber des Zahlungsdienstes "Sofortüberweisung" statt.
Dabei prüft der Zahlungsdienstleister allerdings die Bonität des Zahlers und übermittelt das Ergebnis an den Empfänger der Zahlung. Der kann dann praktisch in Echtzeit seine Leistung freigeben, auch wenn der Zahlungsvorgang selbst noch nicht so schnell abgeschlossen ist. Diese Feststellungen des OLG München bewogen den Bundesgerichtshof dazu, das geforderte Entgelt als zulässig anzusehen. Denn das von der Beklagten bei Wahl der Zahlungsmöglichkeit "Sofortüberweisung" geforderte Entgelt wurde damit nicht für die Nutzung der Überweisung verlangt, sondern für die Einschaltung des Zahlungsauslösedienstes und dessen weitere Dienstleistungen.
Auch bei Wahl der Zahlungsmöglichkeit "PayPal" kann es zu einer SEPA-Überweisung oder einer SEPA-Lastschrift im Sinne von § 270a Satz 1 BGB oder einem kartengebundenen Zahlungsvorgang im Sinne von § 270a Satz 2 BGB kommen, wenn das PayPal-Konto des Zahlers kein ausreichendes Guthaben aufweist und durch eine Überweisung, Lastschrift oder Kreditkartenabbuchung aufgeladen werden muss.
Auch hier wird das zusätzliche Entgelt nach den Feststellungen des Gerichts allein für die Einschaltung des Zahlungsdienstleisters "PayPal", der die Zahlung vom PayPal-Konto des Zahlers auf das PayPal-Konto des Empfängers durch Übertragung von E-Geld abwickelt, verlangt.
Grundsätzlich können Händler aufatmen. Der Erhebung eines Entgelts für zusätzliche Leistungen steht das Verbot der Vereinbarung eines Entgelts für die Nutzung einer Lastschrift, Überweisung oder Zahlungskarte im Sinne von § 270a BGB nicht entgegen. Ob der Kunde solche zusätzlichen Belastungen akzeptiert, ist allerdings eine andere Frage.
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