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Zurückweisung der Kündigung wegen (vermeintlich) fehlendem Vollmachtsnachweis

13.07.2011  — Online-Redaktion Verlag Dashöfer.  Quelle: PersonalGate.

Wie verhindere ich diesen Schachzug der Arbeitnehmerseite?

Einleitung

Kündigt nicht der Arbeitgeber (oder bei juristischen Personen der Organvertreter, z.B. der Geschäftsführer einer GmbH) selbst, sondern sein bevollmächtigter Vertreter, kann der gekündigte Arbeitnehmer gemäß § 174 S. 1 BGB unverzüglich die Kündigung zurückweisen, sofern ihm bei der Kündigung keine Originalvollmacht (eine Kopie/Fax reicht nicht) vorgelegt wurde, aus der die Kündigungsbefugnis hervorgeht. Folge der Zurückweisung ist die (nachträglich nicht mehr heilbare) Unwirksamkeit der Kündigung. Dies ist insbesondere bei fristgebunden auszusprechenden Kündigungen (insbes. fristlosen Kündigungen, § 626 Abs. 2 BGB) von erheblicher praktischer Relevanz.

Eine Originalvollmacht muss nur dann nicht vorgelegt werden, wenn der Arbeitnehmer zuvor über die Bevollmächtigung des Unterzeichners in Kenntnis gesetzt worden war. Dies wird z.B. dann angenommen, wenn sich bereits aus der Stellung im Unternehmen eine Bevollmächtigung zur Kündigung ergibt (z.B. Leiter der Personalabteilung). Bei einem Niederlassungsleiter oder einem untergeordnet tätigen Mitarbeiter der Personalabteilung ergibt sich diese Kündigungsbefugnis hingegen nicht bereits aus seiner Stellung im Unternehmen. Deswegen greifen viele Arbeitgeber auf die Möglichkeit zurück, die Kündigungsbefugnis bereits im Arbeitsvertrag mitzuteilen. Das Bundesarbeitsgericht (Urteil v. 14.04.2011, Az. 6 AZR 727/09) hatte kürzlich die Frage zu entscheiden, welche Anforderungen hierbei zu beachten sind.

Sachverhalt

Der Arbeitsvertrag der Arbeitnehmerin enthielt folgende Regelung: „Eine Kündigung des Arbeitsverhältnisses kann auch durch den Objektleiter/Niederlassungsleiter ausgesprochen werden.“ Am 25.08.2008 kündigte der Arbeitgeber mit Schreiben vom selben Tag der Arbeitnehmerin. Das Kündigungsschreiben war unterzeichnet mit „i.V. Peter Clausen, Niederlassungsleiter“. Herr Clausen war der für die Arbeitnehmerin zuständige Niederlassungsleiter. Die Arbeitnehmerin hatte bis zu der Kündigung keinerlei beruflichen Kontakt zu ihm und kannte ihn nicht. Sie wusste bis zu diesem Zeitpunkt auch nicht, dass er die Stellung eines Niederlassungsleiters inne hatte. Mit Schreiben vom 28.08.2008 wies die Arbeitnehmerin die Kündigung wegen der Nichtvorlage einer Vollmachtsurkunde zurück. Sie sei vor Kündigungsausspruch nicht davon in Kenntnis gesetzt worden, wer der im Arbeitsvertrag erwähnte Niederlassungsleiter sei.

Entscheidung

Das Bundesarbeitsgericht folgte der Auffassung der Arbeitnehmerin und gab ihr vollumfänglich Recht. Die Kündigung sei unwirksam, weil ihr keine Vollmachtsurkunde beigefügt war und die Arbeitnehmerin die Kündigung unverzüglich zurückgewiesen hatte. Das Zurückweisungsrecht sei nicht nach § 174 S. 2 BGB ausgeschlossen, da die Arbeitnehmerin nicht hinreichend über die Kündigungsbefugnis des Niederlassungsleiters in Kenntnis gesetzt worden war. Es sei zwar möglich, den Arbeitnehmer bereits im Arbeitsvertrag über die Kündigungsbefugnis eines bestimmten Mitarbeiters in Kenntnis zu setzen. Erforderlich dafür sei allerdings, dass dem Arbeitnehmer ermöglich wird, die Person des Kündigenden der kündigungsberechtigten Funktion zuordnen zu können. Dafür hätte entweder der Kündigungsberechtigte im Arbeitsvertrag namentlich bezeichnet werden müssen oder der Arbeitnehmerin hätte ein Weg aufgezeigt werden müssen, wie sie unschwer erfahren kann, welche Person in ihrer/seiner Funktion als Niederlassungsleiter konkret kündigungsberechtigt ist. Dies sei nicht erfolgt und die Arbeitnehmerin wusste bei Entgegennahme der Kündigung nicht, ob Herr Clausen tatsächlich die Position des Niederlassungsleiters besetzte und dementsprechend zur Kündigung berechtigt gewesen sei.

Praxishinweis

Die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts ist insoweit erfreulich, als es einen konkreten Weg aufzeigt, wie die Zurückweisungsmöglichkeit von vornherein ausgeschlossen werden kann. Bei der Formulierung einer entsprechenden Klausel im Arbeitsvertrag sind allerdings die Vorgaben des Bundesarbeitsgerichtes zu beachten. Es reicht danach nicht aus, lediglich die Positionen in den Arbeitsvertrag aufzunehmen, die zur Kündigung berechtigen. Vielmehr muss im Arbeitsvertrag die Person, die diese Position bekleidet, namentlich benannt werden oder der Arbeitgeber muss einen Weg aufzeigen, wie der Arbeitnehmer den Namen der Person erfahren kann, die aktuell die kündigungsberechtigende Position bekleidet. Dabei ist zu beachten, dass es nicht ausreicht, lediglich die kündigungsberechtigten Personen in einem Organisationschart im Intranet oder am schwarzen Brett zu veröffentlichen, ohne auf diese Informationsquellen im Arbeitsvertrag hinzuweisen. Der Arbeitgeber ist daher verpflichtet, im Arbeitsvertrag ausdrücklich auf diese Informationen hinzuweisen, wenn er nicht den Namen des Kündigungsberechtigten selbst in den Arbeitsvertrag aufnehmen will (ggf. als „… derzeit Herr Clausen“).

Sofern Unsicherheit darüber besteht, ob die Kündigungsbefugnis ausreichend im Arbeitsvertrag oder auf andere Weise bekannt gegeben wurde, ist stets zu raten, der Kündigung eine Originalvollmacht des Kündigungsberechtigten beizufügen. Als rechtssichere Alternative kann der betreffenden Position (Einzel)Prokura zugewiesen werden, denn ein Prokurist muss nach ständiger Rechtsprechung des BAG seine Vertretungsbefugnis niemals nachweisen; hier wird den Arbeitnehmern zugemutet, sich selbst per Blick ins Handelsregister zu informieren.

Quelle: Irene Bergmann (Taylor Wessing Berlin)
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