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Zugang der Kündigung bei Aushändigung an den Ehepartner

09.08.2011  — Online-Redaktion Verlag Dashöfer.  Quelle: PersonalGate.

Der Zugang einer Kündigung gestaltet sich in der Praxis immer wieder problematisch. Im entschiedenen Fall hatte ein Mitarbeiter des Arbeitgebers die Kündigung dem Ehemann der Arbeitnehmerin außerhalb der Wohnung übergeben.

Einleitung

Eine Kündigung wird erst wirksam, wenn sie dem Arbeitnehmer zugeht. Häufig ist der rechtzeitige Zugang der Kündigung mit Blick auf die Kündigungsfrist entscheidend, wenn beispielsweise die Kündigung erst gegen Ende des Monats auf den Weg gebracht wird. Besonders folgenschwer kann ein verspäteter Zugang sein, wenn er bewirkt, dass das Arbeitsverhältnis länger als sechs Monate bestand und eine Kündigung deshalb zusätzlich der sozialen Rechtfertigen nach § 1 KSchG bedarf.

Sachverhalt

Im entschiedenen Fall hatte die Klägerin nach einem Streit am 31. Januar 2008 ihren Arbeitsplatz verlassen. Mit Schreiben vom selben Tag kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis ordentlich und fristgerecht zum 29. Februar 2008. Dieses Schreiben ließ die Beklagte dem Ehemann der Klägerin noch am 31. Januar 2008 durch einen ihrer Mitarbeiter überbringen. Dazu suchte der Mitarbeiter den mit ihm befreundeten Ehemann der Klägerin am Nachmittag an dessen Arbeitsplatz in einem Bau- und Heimwerkermarkt auf. Der Ehemann ließ das Kündigungsschreiben zunächst an seinem Arbeitsplatz liegen und gab es erst am 1. Februar 2008 an die Klägerin weiter.

Mit der Klage begehrte die Klägerin die Feststellung, dass das Arbeitsverhältnis nicht zum 29. Februar 2008, sondern zum 31. März 2008 beendet worden ist.

Das Arbeitsgericht hatte der Klage stattgegeben, das Landesarbeitsgericht hat sie abgewiesen. Das Urteil des Landesarbeitsgerichts hat das Bundesarbeitsgericht bestätigt und einen Zugang der Kündigung am 31. Januar 2008 angenommen.

Die Entscheidung

Das Bundesarbeitsgericht setzt bei seiner Prüfung damit an, dass eine unter Abwesenden abgegebene, empfangsbedürftige Willenserklärung in dem Zeitpunkt wirksam wird, in dem sie dem Empfänger zugeht. Bei einer schriftlichen Willenserklärung sei dies der Fall, sobald diese in verkehrsüblicher Weise in den Machtbereich des Arbeitnehmers gelangt sei, so dass dieser unter verkehrsüblichen Umständen die Möglichkeit hat, vom Inhalt Kenntnis zu nehmen. Ebenso wie der Adressat dafür Sorge zu tragen habe, dass er von Erklärungen, die in seinen Machtbereich gelangt sind, Kenntnis erhält, könne er sich nicht auf Unkenntnis berufen, wenn Erklärungen an Personen übergeben werden, die regelmäßig Kontakt zu seinem Machtbereich haben und auf Grund ihrer Reife geeignet erscheinen, Erklärungen an ihn weiterzuleiten. In der Regel seien in einer gemeinsamen Wohnung lebende Ehegatten als solche Empfangsboten anzusehen. Denn normalerweise sei davon auszugehen, dass die für einen Ehepartner bestimmte Erklärung bei Aushändigung an den anderen so in dessen Macht- und Zugriffsbereich gelange, dass er von der Erklärung Kenntnis nehmen kann.

Die Klägerin hatte hingegen geltend gemacht, dass die Eigenschaft des Ehegatten als „externer Briefkasten“ nicht mit Art. 6 des Grundgesetzes zu vereinbaren sei und eine Benachteiligung gegenüber Nichtverheirateten oder Lebenspartnern mit sich bringe. Dem hielt das Bundesarbeitsgericht allerdings entgegen, dass auch die in der Wohnung des Empfängers lebenden erwachsenen Haushaltsmitglieder, auch Lebenspartner und Partner, als Empfangsboten gelten.

Im Weiteren hatte die Klägerin geltend gemacht, dass die Kündigung außerhalb der Wohnung übermittelt worden war. Dies stand dem taggleichen Zugang nach der Auffassung des Bundesarbeitsgerichts aber ebenfalls nicht entgegen. Nach der Verkehrsanschauung könne in der Regel davon ausgegangen werden, dass ein Ehegatte eine für den anderen Ehegatten bestimmte Erklärung diesem alsbald übermittele bzw. aushändige. An welchem Ort die Erklärung gegenüber dem Empfangsboten abgegeben werde, könne allerdings für den Zeitpunkt des Zugangs von Bedeutung sein. Entscheidend sei, wann unter normalen Umständen mit der Weiterleitung der Willenserklärung an den Empfänger zu rechnen sei. Im entschiedenen Fall sei mit einer Weiterleitung der Kündigung an die Beklagte noch am 31. Januar 2008 bei Rückkehr des Ehemannes in die Wohnung zu rechnen gewesen.

Schließlich hat das Bundesarbeitsgericht ausgeführt, dass die Kündigung dann nicht zugegangen wäre, wenn der Ehemann die Annahme des Kündigungsschreibens ausdrücklich abgelehnt hätte. Nach den Feststellungen der Vorinstanz hatte der Ehemann die Annahme aber nicht ausdrücklich abgelehnt. Das bloße Liegenlassen oder Vergessen am Arbeitsplatz reiche nicht aus. >

Praxishinweis

Zwar hat das Bundesarbeitsgericht die Übergabe an den Ehegatten im entschiedenen Fall für den taggleichen Zugang ausreichen lassen. Darüber wurde jedoch von den Parteien über drei Instanzen gestritten. Auch zeigt das Bundesarbeitsgericht auf, dass bei einer Ablehnung der Annahme durch den Ehegatten kein Zugang erfolgt wäre.

Um hinsichtlich des Zugangs der Kündigung keinerlei Angriffsfläche zu bieten, sollte eine Kündigung daher entweder im Wege der persönlichen Übergabe im Betrieb oder durch Einlegung in den Briefkasten des Arbeitnehmers durch einen Boten erfolgen. Dabei sollte der Bote selbst das Original der unterschriebenen Kündigung kuvertieren oder dabei sein, und sich so vom Inhalt des Umschlages überzeugen. Hinsichtlich der Einlegung in den Briefkasten kann dann ein Protokoll gefertigt werden. Im Streitfall kann das Protokoll vorgelegt und der Bote für den Zugang der Originalkündigung als Zeuge benannt werden. Bei der Einlegung in den Briefkasten ist allerdings auch auf die gewöhnlichen Postzustellungszeiten zu achten. Wenn die Kündigung zu einer Tageszeit in den Briefkasten eingelegt wird, zu der nach den Gepflogenheiten des Verkehrs eine Entnahme durch den Adressaten nicht mehr erwartet werden kann, geht sie erst am Folgetag zu. Eine Entnahme durch den Adressaten ist nach der Rechtsprechung nicht mehr zu einer Zeit zu erwarten, die erheblich nach der allgemeinen Postzustellungszeit liegt. Demnach wäre im entschiedenen Fall eine Einlegung in den Briefkasten der Klägerin am Nachmittag für den taggleichen Zugang zu spät gewesen.

Quelle: Kathrin Erdmann (Taylor Wessing Hamburg)
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