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Zinsen bei Steuernachforderungen

21.06.2011  — Volker Hartmann.  Quelle: Verlag Dashöfer GmbH.

Welche Zinsen das Finanzamt erheben darf, erklärt Ihnen hier Ihr Experte Volker Hartmann.

Wenn das Finanzamt eine Betriebsprüfung durchführt, kommt es regelmäßig zu Beanstandungen und damit auch zu nicht unerheblichen Steuernachzahlungen. Das Finanzamt gibt sich aber nicht allein mit den Steuernachzahlungen zufrieden. Nach Maßgabe von § 233a Abgabenordnung darf das Finanzamt darüber hinaus Zinsen in Rechnung stellen. Der Zinslauf beginnt grundsätzlich 15 Monate nach Entstehung der Steuerschuld. Hierbei spielt es keine Rolle, ob den Unternehmer ein Verschulden an der verspäteten Steuerzahlung trifft oder ob diese Umstände vom Finanzamt zu vertreten sind. Die Steuernachforderung ist kraft Gesetzes mit 0,5 % für jeden vollen Kalendermonat zu verzinsen, also mit 6 % pro Jahr.

Beispiel

Im Rahmen einer Betriebsprüfung, die im Kalenderjahr 2010 durchgeführt wird, wird festgestellt, dass ein Unternehmer im Kalenderjahr 2005 einen steuerpflichtigen Umsatz versehentlich nicht der Umsatzsteuer unterworfen hat, weil er irrtümlich davon ausgegangen ist, dass es sich um einen steuerfreien Umsatz handelt.

Obwohl die Betriebsprüfung bereits im Kalenderjahr 2010 abgeschlossen worden ist, wird der korrigierte Steuerbescheid wegen Krankheit des Prüfers und Arbeitsüberlastung des Finanzamtes erst im Mai 2011 erteilt. Darin fordert das Finanzamt Umsatzsteuer in Höhe von 16.000 Euro zuzüglich Zinsen nach.


Die Umsatzsteuer für den Veranlagungszeitraum 2005 entsteht mit Ablauf des Kalenderjahres 2005, also am 31.12.2005. Der Zinslauf beginnt nach 15 Monaten, also am 01.04.2007. Die Umsatzsteuernachzahlung wird nach Erteilung des korrigierten Steuerbescheides erst im Juni 2006 geleistet.

Der Unternehmer hat die Steuernachzahlung für den Zeitraum 04.04.2007 bis 31.05.2011 zu verzinsen, also für 50 Monate. Daraus resultiert eine Zinsforderung von 50 Monaten x 0,5 % x 16.000 Euro = 4.000 Euro (9 Monate für 2007, 36 Monate für die Jahre 2008, 2009 und 2010 und 5 Monate für 2011).

Hierbei spielt es keine Rolle, dass den Unternehmer kein Verschulden an der verspäteten Bescheiderteilung trifft. Es ist unbeachtlich, dass die Betriebsprüfung bereits in 2010 beendet wurde und der Steuerbescheid wegen Krankheit des Prüfers erst im Folgejahr erteilt worden ist. Sinn und Zweck der sog. Vollverzinsung ist die Abschöpfung des tatsächlichen Zinsvorteils, der aus der verspäteten Steuerzahlung resultiert. Die Gründe hierfür spielen keine Rolle.

Urteil Finanzgericht Brandenburg vom 04.05.10, Az. 5 K 7219/06 B

Das Finanzgericht Brandenburg hat diese Rechtsauffassung mit Urteil vom 04.05.10 bestätigt (Az. 5 K 7219/06 B). In einem vergleichbaren Fall beanstandete das Unternehmen, dass die verspätete Korrektur des Steuerbescheides vom Finanzamt zu vertreten sei und die finanziellen Mittel für die Steuernachzahlung bereitgestanden hätten. Darüber hinaus seien die am Kapitalmarkt zu erzielenden Zinsen deutlich niedriger als der Zinssatz, der von der Finanzverwaltung gefordert wird. Leider hatte der Unternehmer keinen Erfolg. Das Finanzgericht bestätigte, dass sich keine sachliche Unbilligkeit der Zinsfestsetzungen aus der Dauer der durchgeführten Außenprüfung ergibt. Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung ist selbst bei überlanger Verfahrensdauer kein Zinserlass aus Billigkeitsgründen für geboten anzusehen, da ein tatsächlicher Zinsvorteil entstanden sei. Auch Hinsichtlich der Höhe des Zinssatzes bestehen keine Bedenken. Aufgrund der typisierenden Regelung kommt es im Einzelfall nicht darauf an, wie hoch der Zinsvorteil oder -nachteil tatsächlich ausfällt. Darüber hinaus vertritt das Finanzgericht die Auffassung, der Unternehmer hätte seine Zinszahlungspflicht dadurch vermeiden bzw. mindern können, dass er in Höhe der erwarteten Steuernachzahlung eine entsprechende freiwillige Zahlung an das Finanzamt geleistet hätte.

Auswirkungen für die Praxis

Steuernachzahlungen lassen sich bei Betriebsprüfungen, Umsatzsteuersonderprüfungen und Lohnsteueraußenprüfungen aufgrund der erheblichen Komplexität des deutschen Steuerrechtes kaum vermeiden. Um der Zinsfalle so weit wie möglich zu entgehen, sollten Sie als Unternehmer unbedingt darauf achten, dass Sie Ihre betrieblichen Steuererklärungen so pünktlich wie möglich abgeben. Auch wenn die pünktliche Abgabe einer Steuererklärung keinen unmittelbaren Einfluss auf die Vollverzinsung hat, kann die Finanzverwaltung bei rechtzeitiger Abgabe einer Steuererklärung eher mit den Prüfungshandlungen beginnen. Darüber hinaus sollten Sie Ihren Mitwirkungspflichten stets und umfassend nachkommen. Auf diese Weise können sie sicherstellen, dass die Prüfung reibungslos und zeitnah durchgeführt werden kann.

Die gute Nachricht zum Schluss

Vorstehende Regelung betrifft nicht die Lohnsteuernachforderungen bei einer Lohnsteueraußenprüfung. Wenn das Betriebsstättenfinanzamt eine Lohnsteueraußenprüfung durchführt, unterliegen die Lohnsteuernachzahlungen nicht der Vollverzinsung.

Quelle: Diplom-Finanzwirt (FH) Volker Hartmann, Hamburg

Der Autor:

Volker Hartmann ist Diplom-Finanzwirt, Lohnsteueraußenprüfer und Betriebsprüfer im aktiven Dienst der Hamburger Finanzverwaltung. Volker Hartmann hat langjährige Prüfungserfahrungen, insbesondere bei Kapitalgesellschaften aller Branchen und Größen. Er ist seit vielen Jahren Referent und Autor beim Verlag Dashöfer und seine Seminare zeichnen sich durch eine besondere Praxisnähe aus.

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