30.04.2012 — Udo Cremer. Quelle: FibuGate.
Anm. d. Red.: Die Beträge wurden vom Bundesfinanzhof aus Gründen des Steuergeheimnisses gestrichen.
Die Klägerin ist alleinige Gesellschafterin und Organträgerin einer GmbH, die mit Kaufvertrag vom 26.10.2004 von einer Bank Grundpfandrechte und Forderungen aus 70 gekündigten und fällig gestellten Darlehensverträgen erwarb. Kaufgegenstand des Vertrages, den die GmbH als Forderungskäufer mit der Bank abgeschlossen hatte, waren "Grundpfandrechte sowie alle sonstigen Rechte und Ansprüche aus den in der Anlage Portfoliodaten aufgeführten Darlehensverträgen einschließlich der Darlehensforderungen, aller gegenwärtigen und/oder künftigen, bedingten und/oder befristeten Nebenforderungen wie Zinsen, Kosten und Gebühren, sämtlicher Zusatz- und Drittsicherheiten und …“ („verkaufte Gegenstände“). Der Vertrag sah eine Rückbeziehung auf einen Stichtag 29.04.2004 vor, ab dem die "verkauften Gegenstände" für Rechnung und Risiko des Käufers "geführt bzw. gehalten" wurden. Zahlungen auf die "verkauften Gegenstände", die nach dem Stichtag erfolgten, sollten dem Käufer zustehen. Nach dem Vertrag war eine Haftung des Verkäufers für die Einbringlichkeit der Forderungen (Delkredererisiko) und den wirtschaftlichen Wert der Sicherheiten ausdrücklich ausgeschlossen. Zum Stichtag 29.04.2004 belief sich der Nennwert der verkauften Forderungen aus den 70 Darlehensverträgen auf ... EUR.
Aufgrund eines BMF-Schreibens vom 3. Juni 2004 (BStBl I 2004, 737) trafen die Parteien des Forderungskaufvertrages eine Regelung zum sog. wirtschaftlichen Nennwert der verkauften Forderungen. Die Parteien des Kaufvertrages gingen insoweit davon aus, dass der "voraussichtlich realisierbare Teil der Forderungen aufgrund der erheblichen Zahlungsstörungen deutlich unter dem Nennwert liegt und ... EUR beträgt" (entspricht 57,8 %). Die Vertragsparteien waren weiter der Auffassung, dass "der realisierbare Teil der abgetretenen Forderungen wegen der durchzuführenden Zwangsversteigerungs- und Zwangsverwaltungsmaßnahmen über einen Zeitraum von ca. drei Jahren realisiert werden muss". Im Hinblick hierauf und aufgrund eines von den Parteien angenommenen Zinssatzes von 5,97 % ergab sich nach Ansicht der Vertragsparteien eine Kreditgewährung des Käufers an den Verkäufer mit einem Zinsanteil von ... EUR, der zu einem abgezinsten wirtschaftlichen Nennwert von ... EUR (entspricht 54,2 %) führte. Der Kaufpreis für die Forderungen betrug 8.034.883 EUR (entspricht 51,8 %). Die Parteien waren der Auffassung, dass der Forderungserwerber an den Forderungsverkäufer keine umsatzsteuerpflichtige Leistung erbringt.
Für den Fall einer abweichenden Beurteilung durch die Finanzverwaltung gingen die Parteien davon aus, dass die Differenz zwischen dem abgezinsten wirtschaftlichen Nennwert und dem Kaufpreis als Gegenleistung anzusehen sei. Nach dem Kaufvertrag war keine nachträgliche Kaufpreisanpassung vorzunehmen, "wenn sich bei rückblickender Betrachtung herausstellen sollte, dass der realisierbare Teil der Forderungen höher oder niedriger ausfallen sollte oder die Realisierung der Forderungen schneller oder langsamer möglich ist", als im Vertrag angenommen. Die Klägerin gab für den Voranmeldungszeitraum Oktober 2004 eine USt-VA ab, in der sie, entsprechend dem BMF-Schreiben in BStBl I 2004, 737, aber entgegen ihrer eigenen Rechtsauffassung, die Differenz zwischen dem Kaufpreis und dem abgezinsten wirtschaftlichen Nennwert als Vergütung für eine umsatzsteuerpflichtige Leistung an den Verkäufer der Forderung ansah.
Dementsprechend behandelte sie den Abschlag von ... EUR als Gegenleistung, so dass sich ein Entgelt von ... EUR und eine Umsatzsteuerschuld von ... EUR ergab. Die Klägerin erhob gegen ihre USt-VA Einspruch. Das FA wies den Einspruch als unbegründet zurück. Hiergegen erhob die Klägerin Klage. Während des FG-Verfahrens erging der Umsatzsteuer-Jahresbescheid 2004 vom 24.5.2006, den das FA durch Bescheid vom 9.8.2007 änderte. Beide Bescheide wurden Gegenstand des Klageverfahrens. Das FG gab der Klage mit seinem in "Entscheidungen der Finanzgerichte" 2008, 887 veröffentlichten Urteil statt. Anders als beim echten Factoring führe die Übertragung zahlungsgestörter Forderungen nicht zu einer umsatzsteuerpflichtigen Leistung an den Verkäufer.
Die Revision des FA ist im Ergebnis begründet (BFH-Urteil vom 26.1.2012, V R 18/08). Das Urteil des FG ist aufzuheben und die Sache an das FG zurückzuverweisen. Zwar hat das FG zu Recht entschieden, dass die Klägerin mit dem Ankauf der Forderungen keine steuerpflichtige Leistung an den Forderungsverkäufer erbracht hat. Die Sache ist jedoch nicht spruchreif, da das FG keine Feststellungen zur Frage eines Steuerausweises in einer Rechnung und zum Vorsteuerabzug getroffen hat. Hat die Klägerin für den Erwerb der Forderungen eine Rechnung mit Steuerausweis erteilt, schuldet sie die in dieser Rechnung ausgewiesene Steuer nach § 14c des UStG. Eine Rechnungsberichtigung wäre entgegen der Auffassung der Klägerin nur zu berücksichtigen, wenn sie noch im Streitjahr erfolgt wäre. Eine erst spätere Rechnungsberichtigung wirkt nicht auf den Zeitpunkt der Rechnungserteilung zurück (BFH-Urteil vom 1. Februar 2001 V R 23/00, BFHE 194, 493, BStBl II 2003, 673). Wie sich aus der ausdrücklichen Verweisung in § 14c UStG auf § 17 Abs. 1 UStG ergibt, wirkt die Rechnungsberichtigung erst für den Besteuerungszeitraum der Berichtigung ohne Rückwirkung auf den Besteuerungszeitraum der Rechnungserteilung. Jede andere Auslegung wäre mit dem Normzweck des § 14c UStG, einer Gefährdung des Steueraufkommens durch einen unzutreffenden Steuerausweis in Rechnungen entgegenzuwirken, nicht zu vereinbaren.
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