09.10.2012 — Online-Redaktion Verlag Dashöfer. Quelle: Ernst und Young Steuerberatungs- und Wirtschaftsprüfungsgesellschaft m.b.H..
Obwohl die Furcht vor einem Auseinanderbrechen der Eurozone zurückgegangen ist, haben sich die Konjunkturaussichten für die Eurozone in den vergangenen Monaten weiter eingetrübt: Nach einem Rückgang um 0,5 Prozent in diesem Jahr wird die Wirtschaft in der Eurozone im kommenden Jahr laut der jüngsten Ernst & Young-Konjunkturprognose nur um 0,1 Prozent wachsen. Im Juni war für das Jahr 2013 noch ein Wachstum von 0,5 Prozent erwartet worden. Auch die Prognose für die deutsche Wirtschaft wurde nach unten korrigiert: von 1,4 auf 1,0 Prozent. Entsprechend verlangsamt sich auch der Abbau der Arbeitslosigkeit in Deutschland: Erst ab 2014 wird die Arbeitslosenquote in Deutschland wieder sinken.
Hauptgründe für die schwächer als erwartete Entwicklung sind die eingetrübten weltweiten Konjunkturaussichten und die Zurückhaltung der Unternehmen bei neuen Investitionen. Hinzu kommt der harte Sparkurs einiger europäischer Regierungen, der zu steigender Arbeitslosigkeit, sinkenden Konsumausgaben und einbrechenden Unternehmensinvestitionen führt. Das sind Ergebnisse der aktuellen Ausgabe des „Ernst & Young Eurozone Forecast“ (EEF).1 „Die Sorgen um den Fortbestand der Eurozone sind nach der jüngsten EZB-Entscheidung etwas in den Hintergrund getreten – dafür sehen sich die Unternehmen inzwischen einer deutlich schwächeren weltweiten Nachfrage und eingetrübten Konjunkturaussichten gegenüber“, beobachtet Georg Graf Waldersee, Vorsitzender der Geschäftsführung von Ernst & Young im deutschsprachigen Raum.
Die Weltwirtschaft wird in den kommenden Monaten weiter an Fahrt verlieren: Nach einem Wachstum von 3,9 Prozent im vergangenen Jahr wird für 2012 nur noch ein Plus von 3,1 Prozent erwartet – 2013 soll das Wachstum bei 3,4 Prozent liegen.
In neun der 17 Euro-Länder schrumpft in diesem Jahr die Wirtschaft, und auch Deutschland steht vor einer deutlichen Konjunkturabkühlung: In diesem Jahr wird die deutsche Wirtschaft nur noch um 0,8 Prozent wachsen, für das kommende Jahr wird ein Wachstum von 1,0 Prozent prognostiziert.
Nachdem die Unternehmen in der Eurozone ihre Investitionen im vergangenen Jahr noch um 1,6 Prozent gesteigert hatten, wird für 2012 ein deutlicher Rückgang um 3,1 Prozent erwartet. Auch die deutschen Unternehmen werden im laufenden Jahr ihre Investitionen zurückfahren – um 1,0 Prozent –, nachdem 2011 noch ein Anstieg um 6,4 registriert worden war. „Vor allem die Auslandsnachfrage entwickelt sich schwach – die Krise in der Eurozone hat die deutsche Wirtschaft inzwischen erreicht. Das Vertrauen der Unternehmen in eine positive Entwicklung der Wirtschaft ist daher in den vergangenen Monaten deutlich gesunken“, beobachtet Graf Waldersee. „Zudem drücken hohe Energie- und Rohstoffpreise auf die Marge. Die Unternehmen reagieren, indem sie auf die Kostenbremse treten und nicht unbedingt notwendige Investitionen verschieben. So sichern sie ihre Profitabilität und wappnen sich für schwierigere Zeiten.“
Aufgrund der eingetrübten Konjunkturaussichten und des Sparkurses vieler Unternehmen kommt der Abbau der Arbeitslosigkeit in Deutschland vorübergehend zum Stillstand. Nach einem deutlichen Rückgang der Arbeitslosenquote von 6,0 Prozent im vergangenen Jahr auf derzeit 5,5 Prozent (Jahresdurchschnittswerte/ILO-Systematik) stagniert der Wert im kommenden Jahr bei 5,5. Erst ab 2014 wird die Arbeitslosigkeit in Deutschland laut Prognose wieder zurückgehen.
In der gesamten Eurozone liegt die Arbeitslosigkeit in diesem Jahr bei 11,3 Prozent – und damit mehr als ein Prozentpunkt höher als im Vorjahr. Und der Negativtrend hält auch 2013 mit einem Anstieg auf 12,0 Prozent an. Erst ab 2015 ist mit einem langsamen Rückgang der Arbeitslosigkeit in der Eurozone zu rechnen.
Besonders betroffen sind die Krisenländer: So steigt die Arbeitslosigkeit in Griechenland in den kommenden Jahren kontinuierlich weiter an – von aktuell 23,4 Prozent auf 27,6 Prozent im Jahr 2016. In Spanien wird erst im kommenden Jahr mit einer Arbeitslosenquote von 26,4 Prozent voraussichtlich der Höchststand erreicht sein – für die Folgejahre wird ein leichter Rückgang auf 24,6 Prozent im Jahr 2016 prognostiziert.
In Irland und einigen anderen Krisenländern ist es in den vergangenen Jahren gelungen, die Arbeitskosten massiv zu senken, was die lokale Wirtschaft – gerade im Vergleich zu deutschen Unternehmen – wettbewerbsfähiger macht. Gleichzeitig sind die Lohnkosten in Deutschland gestiegen – mit dem zusätzlichen Effekt, dass der gestiegene private Konsum in Deutschland einen positiven Beitrag zum Wirtschaftswachstum leisten konnte.
Die Produktivität der spanischen, irischen und portugiesischen Wirtschaft ist in den vergangenen Jahren gestiegen, ein Anstieg, der allerdings ist vor allem auf niedrigere Löhne zurückzuführen ist. „Die europäischen Krisenländer durchleben derzeit einen schmerzhaften Anpassungsprozess, mit dem die Fehler aus vielen vorangegangenen Jahren korrigiert werden. Am Ende wird aber zumindest im Fall Spaniens und hoffentlich auch Italiens eine deutlich wettbewerbsfähigere Wirtschaft stehen, die auch die Chance hat, wieder dynamisch zu wachsen“, konstatiert Graf Waldersee. Davon werde auch die deutsche Wirtschaft profitieren.
Allerdings prognostiziert die Studie auch weitere Rückschläge auf dem Weg zu einer wirtschaftlichen und politischen Beruhigung der Lage in der Eurozone: So werde Portugal nicht wie geplant bereits 2013 an den Kapitalmarkt zurückkehren können, sondern aufgrund seines nach wie vor sehr hohen Schuldenstands und der zu hohen Zinsen ein neues Hilfspaket benötigen. Und im Fall Griechenlands wird es laut Studie einen weiteren Schuldenschnitt geben müssen.
1 Die Studie von Ernst & Young zur Prognose der wirtschaftlichen Entwicklung in der Eurozone, die vierteljährlich erscheint, basiert auf dem Prognosemodell der EZB und wird von dem renommierten britischen Wirtschaftsforschungsinstitut Oxford Economics erstellt. Die Studie liefert Hintergrundinformationen zu makroökonomischen Entwicklungen in der Eurozone insgesamt sowie in den Einzelstaaten.
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