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Vorsteuerberichtigung (Kommentar von Udo Cremer)

08.05.2012  — Udo Cremer.  Quelle: Verlag Dashöfer GmbH.

Zur Vorsteuerberichtigung beim letzten Abnehmer einer Lieferkette wegen ihm außerhalb der Lieferkette gewährten Herstellerrabatten

Erstattet der erste Unternehmer in einer Lieferkette dem letzten Abnehmer einen Teil des von diesem gezahlten Leistungsentgelts durch nachträglich ausgezahlte Gutschriften, ist dessen Vorsteuerabzug nicht nach § 17 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UStG in der bis zum 15.12.2004 gültigen Fassung zu berichtigen

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Klägerin, eine GmbH, im Streitjahr 2004 den von ihr in Anspruch genommenen Vorsteuerabzug nach § 17 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UStG in der bis zum 15.12.2004 gültigen Fassung berichtigen muss, weil sie außerhalb einer Lieferkette nachträglich gewährte Herstellerrabatte erhalten hatte. Die Klägerin war u.a. im Baustoffhandel tätig. Sie bezog im Streitjahr Zement von der D-GmbH, die ihrerseits den Zement von der Z-AG bezog. Die Z-AG gewährte der Klägerin außerhalb der Lieferkette Rabatte in Form von nachträglich ausgezahlten Gutschriften. Die Z-AG minderte unter Bezugnahme auf das Urteil des Gerichtshofes der Europäischen Union (EuGH) vom 15.10.2002 C-427/98 --Kommission/Deutschland-- (Slg. 2002, I-8315, BStBl II 2004, 328) ihre steuerpflichtigen Umsätze für das Kalenderjahr 2004 in Höhe der gewährten Rabatte und berichtigte den von ihr geschuldeten Steuerbetrag entsprechend. Anlässlich einer Betriebsprüfung bei der Klägerin vertrat der Prüfer die Auffassung, dass korrespondierend zu der Steuerminderung der Z-AG der Vorsteuerabzug bei der Klägerin als Empfängerin der Rabatte zu mindern sei.

Dementsprechend änderte das FA mit Bescheid vom 24.10.2006 den Umsatzsteuerbescheid für 2004. Hiergegen legte die Klägerin Einspruch ein. Das FA änderte während des Einspruchsverfahrens den Umsatzsteuerbescheid für 2004 mit Bescheid vom 19.2.2008 erneut und nahm die Vorsteuerkürzung, soweit sie den Zeitraum 1.1. bis 30.4.2004 betraf, wieder zurück. Im Übrigen blieb der Einspruch ohne Erfolg. Das FG wies die sich anschließende Klage als unbegründet ab. Die ab dem 16.12.2004 geltende Neuregelung des § 17 Abs. 1 Satz 4 UStG, wonach ein durch die Änderung der Bemessungsgrundlage wirtschaftlich begünstigter Unternehmer seinen Vorsteuerabzug auch dann berichtigen müsse, wenn er nicht Leistungsempfänger der Ausgangsumsätze sei, sei auf den Streitfall nicht anzuwenden. Alle relevanten Vorgänge (Rabattgewährung durch die Z-AG) lägen im Streitjahr vor diesem Zeitpunkt. Die Vorsteuer könne jedoch nach § 17 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UStG a.F. berichtigt werden. Der Wortlaut der Vorschrift sei nicht eindeutig. Er schließe nicht aus, dass "der Unternehmer, an den dieser Umsatz ausgeführt worden ist" im Sinne dieser Berichtigungsvorschrift auch der sei, an den der Umsatz auf einer späteren Stufe innerhalb einer Lieferkette ausgeführt werde. Zur Vermeidung systemwidriger Vorsteuerüberhänge müsse jede Änderung der umsatzsteuerrechtlichen Bemessungsgrundlage und die damit einhergehende Minderung der Umsatzsteuer korrespondierend eine Minderung der Vorsteuer des Unternehmers nach sich ziehen, bei dem die geminderte Bemessungsgrundlage wirtschaftlich die Aufwendungen für seine Eingangsleistungen reduziere. Das Urteil ist in Entscheidungen der Finanzgerichte 2010, 456 veröffentlicht.

Die Revision der Klägerin ist begründet (BFH-Urteil vom 15.2.2012, XI R 24/09). Nach § 10 Abs. 1 Satz 1 UStG wird der Umsatz bei Lieferungen und sonstigen Leistungen nach dem Entgelt bemessen; Entgelt ist alles, was der Leistungsempfänger aufwendet, um die Leistung zu erhalten (abzüglich der Umsatzsteuer). Hat sich diese Bemessungsgrundlage für einen steuerpflichtigen Umsatz geändert, so haben nach § 17 Abs. 1 Satz 1 UStG a.F. der Unternehmer, der diesen Umsatz ausgeführt hat, den dafür geschuldeten Steuerbetrag (§ 17 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG a.F.) und der Unternehmer, an den dieser Umsatz ausgeführt worden ist, den dafür in Anspruch genommenen Vorsteuerabzug (§ 17 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UStG a.F.) entsprechend zu berichtigen. Für die an die Klägerin von der D-GmbH ausgeführten Umsätze (Zementlieferungen) hat sich die Bemessungsgrundlage, das Entgelt, nicht gemindert. Es fehlt mithin insoweit an den Voraussetzungen, an die die Vorsteuerkorrektur nach § 17 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UStG a.F. anknüpft.

Der Umsatz, dessen Bemessungsgrundlage sich nachträglich geändert hat, wurde nicht an die Klägerin, sondern von der Z-AG an die D-GmbH ausgeführt. Erstattet der erste Unternehmer in einer Lieferkette dem letzten Abnehmer, wie im Streitfall die Z-AG der Klägerin, einen Teil des von diesem gezahlten Leistungsentgelts oder gewährt er ihm einen Preisnachlass, mindert sich dadurch die Bemessungsgrundlage für den Umsatz des ersten Unternehmers, hier der Umsatz der Z-AG an die D-GmbH. Die Z-AG konnte daher den für ihren Umsatz an ihren Abnehmer der nächsten Stufe, die D-GmbH, geschuldeten Steuerbetrag nach § 17 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG a.F. zu ihren Gunsten berichtigen. Der von der D-GmbH an die Klägerin ausgeführte Umsatz ist hiervon nicht betroffen.

Der Autor:

Udo Cremer ist geprüfter Bilanzbuchhalter (IHK) und hat die Steuerberaterprüfung mit Erfolg abgelegt. Er ist als Dozent für Steuer- und Wirtschaftsrecht tätig und veröffentlicht seit mehreren Jahren praxisorientierte Fachbücher zu den Themen Buchführung, Kostenrechnung, Preiskalkulation, Kennzahlen, Jahresabschluss und Steuerrecht. Daneben wirkt er als Autor an zahlreichen Fachzeitschriften und Loseblattsammlungen im Bereich der Buchhaltung und des Steuerrechts mit.

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