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Urlaubs- und Urlaubsabgeltungsanspruch bei Tod des Arbeitnehmers

26.06.2013  — Online-Redaktion Verlag Dashöfer.  Quelle: Taylor Wessing Deutschland.

Wer denkt, er müsse sich in Urlaubsabgeltungsfragen nur mit seinem Arbeitnehmer auseinandersetzen, irrt. Wie der Fall zeigt, den das BAG am 12.03.2013 unter dem Aktenzeichen 9 AZR 532/11 zu entscheiden hatte, kann beim Tod des Arbeitnehmers noch eine weitere Gruppe möglicher Anspruchsteller hinzutreten: seine Erben.

I. Einleitung

Fragen rund um das Thema Urlaub beschäftigen die Personalabteilungen vieler Unternehmen in der Praxis häufig.

Nach § 1 BUrlG hat jeder Arbeitnehmer pro Kalenderjahr Anspruch auf bezahlten Erholungsurlaub, wobei sich die Dauer nach der jeweiligen Regelung im Arbeitsvertrag sowie nach § 3 BUrlG richtet. Kann der Urlaub wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses ganz oder teilweise nicht mehr gewährt werden, ist er nach § 7 Abs. 4 BUrlG abzugelten. Der Abgeltungsanspruch gilt explizit nur für den Fall der Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Während des bestehenden Arbeitsverhältnisses ist die Abgeltung nach dem klaren Wortlaut des § 7 BUrlG ausgeschlossen.

Stirbt eine Person, so geht nach § 1922 Abs. 1 BGB ihr Vermögen im Wege der sogenannten Gesamtrechtsnachfolge auf den bzw. die Erben über. Zur Erbmasse gehören als Rechte des Erblassers auch dessen Forderungen gegen Dritte, soweit diese im Zeitpunkt des Erbfalles bereits entstanden waren. Sowohl der Urlaubs- als auch der Urlaubsabgeltungsanspruch gegen den Arbeitgeber ist eine Forderung des Arbeitnehmers. Aber sind diese Forderungen wirklich vererblich?

Das BAG äußerte sich in der diesem Newsletter zugrunde liegenden Entscheidung zu der Frage, wie sich der Tod des Arbeitnehmers auf dessen Urlaubs- und vor allem auf den Urlaubsabgeltungsanspruch auswirkt, wie folgt:

II. Sachverhalt

Vor dem Arbeitsgericht Erfurt klagten die Töchter einer zwischenzeitlich verstorbenen Arbeitnehmerin gegen deren ehemaligen Arbeitgeber aus übergegangenem Recht auf Urlaubsabgeltung. Die Arbeitnehmerin war von Februar 2007 bis zu ihrem Tod Anfang 2010 arbeitsunfähig erkrankt. Ende 2009 hatte ihr der Arbeitgeber ordentlich gekündigt. Gegen die Kündigung hatte die Arbeitnehmerin kurz vor ihrem Tod noch Kündigungsschutzklage erhoben und daneben verlangt, ihr für die Zeit der Langzeiterkrankung Urlaub zu gewähren. Hilfsweise hierzu hatte die Arbeitnehmerin Urlaubsabgeltung geltend gemacht. Anfang 2010 verstarb die Arbeitnehmerin noch während des laufenden Kündigungsschutzprozesses. Das Arbeitsgericht stellte daraufhin fest, dass das Arbeitsverhältnis zwar nicht durch die Kündigung, aber jedenfalls mit dem Tod der Arbeitnehmerin sein Ende gefunden habe. Die Erbinnen der Arbeitnehmerin führten sodann den Rechtsstreit fort und verfolgten den Anspruch auf Urlaubsabgeltung weiter. Sie unterlagen in allen Instanzen.

III. Entscheidung

Das BAG hat entschieden, dass die Klägerinnen keinen Anspruch gegen den ehemaligen Arbeitgeber ihrer verstorbenen Mutter haben. Ein solcher Anspruch ergebe sich weder aus § 7 Abs. 4 BUrlG in Verbindung mit § 1922 Abs. 1 BGB noch aus den Vorschriften zum Schadensersatzrecht.

Der Urlaubsabgeltungsanspruch ist ein umgewandelter Urlaubsanspruch. Er dient als Ausgleich für nicht gewährten Urlaub und setzt voraus, dass ein Urlaubsanspruch besteht. Der Urlaubsanspruch geht nach der Rechtsprechung des BAG aber mit dem Tod des Arbeitnehmers unter, so dass fortan kein Anspruch mehr besteht, der in einen Urlaubsabgeltungsanspruch umgewandelt werden könnte. Unerheblich ist, ob der Arbeitnehmer bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses arbeitsunfähig erkrankt war. Sogar die Rechtshängigkeit des Urlaubsanspruchs bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch den Tod des Arbeitnehmers verhindert das Erlöschen des Urlaubsanspruches nach Auffassung des BAG nicht. Das Gericht rechtfertigt dieses Ergebnis vor allem mit dem sowohl hinter dem Urlaubs- als auch hinter dem Abgeltungsanspruch stehenden Erholungszweck, der infolge des Versterbens des Arbeitnehmers nicht mehr erreicht werden könne.

Des Weiteren verneinte das BAG einen übergegangenen Zahlungsanspruch der Klägerinnen aus sonstigem Recht und erteilte dem Begehren der Erbinnen damit insgesamt eine klare Absage.

IV. Kommentar und Praxishinweise

Die Rechtsprechung des BAG zum Thema Urlaubsabgeltung ist nicht neu. Mit seiner Entscheidung hat das BAG seine bisherige Linie zu der Frage, wie mit Urlaubs- und Abgeltungsansprüche nach dem Tod eines Arbeitnehmers zu verfahren ist, bestätigt. Die Rechtsprechung des BAG ist einleuchtend und konsequent. Ist die Pflicht des Arbeitnehmers zur Erbringung der Arbeitsleistung nach § 613 S. 1 BGB im Regelfall höchstpersönlich, so kann für den Urlaubs- und den aus ihm resultierenden Urlaubsabgeltungsanspruch nichts anderes gelten. Denn schließlich soll die Erholung dem Arbeitnehmer in persona zu Gute kommen, was nach seinem Tod nicht mehr möglich ist. Dass man dies auch anders sehen kann, zeigt eine Entscheidung des LAG Hamm vom 22.04.2010 (Aktenzeichen: 16 Sa 1502/09), welche das BAG jedoch mit Urteil vom 20.09.2011 unter dem Aktenzeichen 9 AZR 416/10 zwischenzeitlich wieder aufgehoben hat.

Zweifelsohne ist ein Fall, wie der hier dargestellte, niemandem zu wünschen. Sollte aber dennoch einmal eine Situation, wie die oben beschriebene, in Ihrem Unternehmen eintreten, kann festgehalten werden, dass der Urlaubsanspruch nach der Rechtsprechung des BAG mit dem Tod des Arbeitnehmers untergeht und damit grundsätzlich gleichzeitig auch der Abgeltungsanspruch erlischt. Die Erben des Arbeitnehmers haben deshalb im Regelfall keinen Anspruch auf Zahlung gegen den Arbeitgeber wegen nicht gewährten Urlaubs. Hiervon gibt es wenige Ausnahmen. Eine Ausnahme wäre beispielsweise dann gegeben, wenn der Abgeltungsanspruch schon vor dem Tod des Arbeitnehmers entstanden ist. Dies wäre der Fall, wenn das Arbeitsverhältnis bereits vor dem Tod des Arbeitnehmers (z.B. durch Kündigung) wirksam beendet worden ist und der arbeitsfähige Arbeitnehmer seinen Urlaubsanspruch deshalb nicht mehr (voll) realisieren konnte. Anders als in dem vom BAG entschiedenen Fall wäre hier bereits zu Lebzeiten des Arbeitnehmers ein Abgeltungsanspruch gegen den Arbeitgeber entstanden, der als Teil des Nachlasses auf die Erben übergehen würde.

Führt man sich vor Augen, dass § 3 Abs. 1 BUrlG einen gesetzlichen Mindesturlaubsanspruch von 24 Werktagen (gerechnet auf eine 6-Tage-Woche) vorsieht und in den meisten Arbeitsverhältnissen darüber hinaus übergesetzlicher Mehrurlaub vereinbart ist, wird deutlich, dass es – insbesondere bei Arbeitnehmern in leitenden Positionen – schnell um erhebliche Beträge gehen kann und die Entscheidung für Arbeitgeber vor diesem Hintergrund betrachtet durchaus positiv ist.


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