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Urlaub in der Kündigungsfrist

27.07.2011  — Online-Redaktion Verlag Dashöfer.  Quelle: PersonalGate.

Das BAG (Urteil v. 17.05.2011 – 9 AZR 189/10) hatte zu entscheiden, wie eine Urlaubsgewährung des Arbeitgebers während des Freistellungszeitraumes eines gekündigten Arbeitnehmers auszulegen ist.

Einleitung

Der Arbeitgeber kann den Urlaubsanspruch während der Freistellungsphase - sofern er ihn nicht zeitlich konkret festlegt - nur durch unwiderrufliche Befreiung von der Arbeitspflicht erfüllen. Spricht der Arbeitgeber lediglich eine widerrufliche Freistellung aus, kann der Urlaubsanspruch während der Freistellung nicht erfüllt werden, da der Arbeitnehmer dann mit dem jederzeitigen Freistellungswiderruf rechnen muss. Selbst wenn der Arbeitgeber bei widerruflicher Freistellung den Zusatz „unter Anrechnung restlicher bzw. noch entstehender Urlaubsansprüche“ wählt, behält der Arbeitnehmer in dieser Fallgestaltung seinen Urlaubsanspruch, der ggf. mit Beendigung des Arbeitsverhältnisses abzugelten ist. Wird der Arbeitnehmer dagegen unwiderruflich freigestellt, kann der Arbeitgeber den noch bestehenden Urlaubsanspruch auch ohne konkrete zeitliche Urlaubsfestlegung in Anrechnung bringen. Spricht der Arbeitgeber die Freistellung gegen Urlaubsanrechnung ohne Hinweis auf Widerruflichkeit resp. Unwiderruflichkeit aus, geht das BAG in ständiger Rechtsprechung von einer unwiderruflichen Freistellung aus (vgl. BAG v. 14.03.2006, Az.: 9 AZR 11/05). Bei dieser eher „unbestimmten“ Freistellung kann es allerdings zu Unstimmigkeiten über die Gewährung bzw. Abgeltung von Resturlaubsansprüchen kommen. Mit einem solchen Fall befasste sich das Bundesarbeitsgericht in seiner Entscheidung vom 17.05.2011, Az. 9 AZR 189/10, von der bislang lediglich die Pressemitteilung vorliegt.

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Der Arbeitnehmer war bei der Arbeitgeberin, einem Bankunternehmen, beschäftigt und hatte einen jährlichen Urlaubsanspruch von 30 Arbeitstagen. Mit Schreiben vom 13.11.2006 kündigte die Arbeitgeberin das Arbeitsverhältnis zum 31.03.2007. Gleichzeitig stellte sie den Arbeitnehmer „ab sofort unter Anrechnung Ihrer Urlaubstage von Ihrer Arbeit unter Fortzahlung der Bezüge“ frei. Den nachfolgenden Kündigungsschutzprozess verlor die Arbeitgeberin. Der Arbeitnehmer machte in einem weiteren Rechtsstreit seinen Resturlaub für das Jahr 2007 geltend. Er ist der Ansicht, die Arbeitgeberin habe ihm neben dem Resturlaub aus 2006 lediglich seinen Teilurlaubsanspruch aus 2007 gewährt, da er in der ersten Jahreshälfte aus dem Arbeitsverhältnis ausscheiden sollte.

Entscheidung

Das Bundesarbeitsgericht hat dem Arbeitnehmer den Resturlaub für das Jahr 2007 zugesprochen. Die Freistellung des Arbeitnehmers zum Zwecke der Gewährung von Erholungsurlaub erfolge durch einseitige, empfangsbedürftige Willenserklärung des Arbeitgebers. Diese Erklärung müsse für den Arbeitnehmer hinreichend deutlich erkennen lassen, in welchem Umfang der Arbeitgeber die Urlaubsansprüche des Arbeitnehmers erfüllen will. Zweifel gingen zu Lasten des Arbeitgebers. Vorliegend sei der Freistellungs- und Urlaubserklärung nicht zu entnehmen gewesen, ob die Arbeitgeberin den vollen Urlaubsanspruch für das Jahr 2007 oder lediglich den auf den Zeitraum vom 01.01.2007 bis zum 31.03.2007 entfallenden Teilurlaubsanspruch (§ 5 Abs. 1 Buchst. c BUrlG) erfüllen wollte. Dieser Zweifel ginge zu Lasten der Arbeitgeberin, so dass davon auszugehen sei, dass sie lediglich den Teilurlaub für den Zeitraum vom 01.01.2007 bis zum 31.03.2007 gewährte. Der verbleibende Resturlaubsanspruch für das Jahr 2007 stehe dem Arbeitnehmer nach wie vor zu.

Praxishinweis

Die Entscheidung verdeutlicht einmal mehr die Anforderungen, die die Rechtsprechung an eine Freistellungserklärung mit Urlaubsgewährung stellt. Zwar ist nicht erforderlich, die konkrete Lage des Urlaubs anzugeben, da der Arbeitnehmer den Urlaub im Falle unwiderruflicher Freistellung jederzeit innerhalb der Kündigungsfrist in Anspruch nehmen könne. Will der Arbeitgeber jedoch verhindern, dass der Arbeitnehmer im Falle einer arbeitgeberseitigen Niederlage im Kündigungsschutzverfahren Urlaubs(abgeltungs)ansprüche durchsetzt, muss der Arbeitgeber den Umfang des gewährten Urlaubs näher konkretisieren und deutlich machen, dass nicht lediglich der bis zum Ablauf der Kündigungsfrist entstehende Teilurlaubsanspruch, sondern der gesamte Jahresurlaubsanspruch erfüllt werden soll. Es ist daher sinnvoll, die Anrechnung auf „sämtliche Urlaubsansprüche des laufenden bzw. künftiger Urlaubsjahre“ zu erstrecken. Dies gilt vor allem für Fälle, in denen der Arbeitnehmer bis längstens 30.06. eines Jahres gekündigt wurde, da in diesem Zeitraum lediglich ein Teilurlaubsanspruch (§ 5 Abs. 1 Buchst. c BUrlG) entsteht, so dass sich die vom BAG aufgeworfene Frage nach der Reichweite der Urlaubsanrechnung (Anrechnung des anteiligen oder des gesamten Jahresurlaubs?) mit besonderer Dringlichkeit stellt.

Quelle: Irene Bergmann, LL.M. (Taylor Wessing Berlin)
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