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Streit mit dem Finanzamt

22.03.2011  — Volker Hartmann.  Quelle: Verlag Dashöfer GmbH.

Warum das deutsche Steuerrecht oft so kompliziert ist und aktuelle Urteile oft eher verunsichern statt klären, erklärt Ihr Experte Volker Hartmann nachfolgend.

Im Rahmen von Lohnsteueraußenprüfungen, Betriebsprüfungen und Umsatzsteuer-Sonderprüfungen kommt es immer wieder zu Meinungsverschiedenheiten zwischen den Unternehmen und dem Betriebstättenfinanzamt. Weil häufig keine Einigung herbeigeführt werden kann, kommt es daher zu langwierigen rechtlichen Auseinandersetzungen, die vor den Finanzgericht und dem Bundesfinanzhof ausgetragen werden.

Verantwortlich für diese Misere sind grundsätzlich alle Beteiligten. Auf der einen Seite ist der Gesetzgeber, der in immer kürzeren Zeitabständen immer kompliziertere Gesetze erlässt. Auf der anderen Seite ist die Finanzverwaltung, welche aufgrund der außerordentlich angespannten finanziellen Lage der öffentlichen Haushalte immer größere Sparzwänge auferlegt werden. Genau dazwischen steht der Steuerzahler, dem immer mehr abverlangt wird und der im Gegenzug immer weniger bereit ist, zu geben.

Aus diesem Grund sind Meinungsverschiedenheiten und Konflikte zwischen den Beteiligten die unvermeidbare Folge. In einer Vielzahl von Fällen werden die Gerichte angerufen, doch was dabei herauskommt, ist oft das Gegenteil von dem, was die streitenden Parteien erwartet haben. Weil das Steuerrecht außerordentlich kompliziert ist, enden die überwiegende Mehrzahl der vor Gericht ausgefochtenen Streitfälle in einem Vergleich. Wenn es in der Mehrzahl der Fälle sowieso auf einen Vergleich hinaus läuft, sollten alle Beteiligten sinnvollerweise bereits im Vorfeld einer gerichtlichen Auseinandersetzung versuchen, einen Konsens herbeizuführen.

Wenn es dann in einer eher geringen Anzahl von Fällen zu einem Urteil kommt, trägt dieses Urteil in der Regel dazu bei, dass das deutsche Steuerrecht noch weiter verkompliziert wird. Jedes neue Urteil löst eine Rechtsfrage und wirft dabei gleichzeitig eine Vielzahl neuer Rechtsfragen auf. Nicht selten erreicht man vor Gericht genau das Gegenteil.

Dies soll an den nachfolgenden - tatsächlich existierenden - Beispielsfällen verdeutlicht werden:

Entfernungspauschale und regelmäßige Arbeitsstätte

Ein Bauarbeiter vertritt die Auffassung, er könne für Fahrten von der Wohnung zur Baustelle im Rahmen von Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte die Entfernungspauschale geltend machen, obwohl er wegen einer Sammelbeförderung durch seinen Arbeitgeber gar keine Aufwendungen hat. In diesem Zusammenhang hat der Bundesfinanzhof den Begriff der regelmäßigen Arbeitsstätte völlig neu definiert, was in der lohnsteuerlichen Praxis immer wieder zu Verwerfungen führt.

Bewirtung von Arbeitnehmern im Rahmen einer Fortbildungsveranstaltung

Ein Arbeitgeber bewirtet seine Arbeitnehmer im Rahmen einer internen Fortbildungsveranstaltung und vertritt die Auffassung, diese Bewirtung sei im ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesse des Arbeitgebers erfolgt. Der Bundesfinanzhof bestätigte die Auffassung des Finanzgerichtes, dass es sich zweifelsfrei um steuerpflichtigen Arbeitslohn handelt. Dabei tat das Gericht einen Nebenkriegsschauplatz auf und stellte klar, dass diese Mahlzeiten entgegen dem Wortlaut der Lohnsteuerrichtlinien nicht mit den amtlichen Sachbezugswerten, sondern mit dem ortsüblichen Endpreis am Abgabeort zu bewerten sind. Juristisch sicherlich einwandfrei, aber für den Praktiker ein in angemessener Zeit kaum zu bewerkstelligender Arbeitsaufwand. Im Ergebnis führt die neue Rechtsprechung je nach Fallgestaltung zu einer günstigeren bzw. zu einer ungünstigeren Lösung. Gerade hier wird deutlich, wie sich Steuergerechtigkeit und Verwaltungsvereinfachung immer wieder ins Gehege kommen.

Vorsteuerabzug bei Betriebsveranstaltungen

Ein weiteres hochbrisantes steuerliches Problem präsentiert die brandneue höchstrichterliche Rechtsprechung zum Thema Vorsteuerabzug bei Betriebsveranstaltungen. Hier wendet sich der Bundesfinanzhof von seiner bisherigen Rechtsprechung ab und formuliert völlig neue Rechtsgrundsätze. Bei einer unüblichen Betriebsveranstaltung handelt es sich bekanntermaßen um steuerpflichtigen Arbeitslohn. Daher müssen auch umsatzsteuerliche Konsequenzen gezogen und die Zuwendungen des Arbeitgebers der Umsatzbesteuerung unterworfen werden. Darüber hinaus konnte der Arbeitgeber die in den Eingangsrechnungen enthaltene Umsatzsteuer als Vorsteuer geltend machen. Nun hat der Bundesfinanzhof präzisiert, dass der Vorsteuerabzug unzulässig ist. Ob die Umsatzbesteuerung ebenfalls entfällt, lässt der Bundesfinanzhof offen - er geht auf diese Zweifelsfrage mit keiner Silbe ein. Auch diese Rechtsansicht mag für den hochqualifizierten Steuerjuristen sicherlich einleuchtend sein. Dem Praktiker hingegen bescheren die Konsequenzen aus dieser neuen höchstrichterlichen Rechtsprechung erhebliches Kopfzerbrechen.

Über diese Problematik werden wir Sie an anderer Stelle ausführlich informieren.

Es wird deutlich, dass das Steuerrecht sehr ernst genommen werden muss. Die Vielzahl der gesetzlichen Neuregelungen sowie die permanente, häufig gegensätzliche Rechtsprechung machen eine entsprechende Sensibilität erforderlich. Daher sollten Sie Ihre Arbeitsweise entsprechend optimieren, damit Sie vor den ungeliebten Konsequenzen aufgrund der juristischen Spitzfindigkeiten geschützt sind.

Quelle: Diplom-Finanzwirt (FH) Volker Hartmann, Hamburg

Der Autor:

Volker Hartmann ist Diplom-Finanzwirt, Lohnsteueraußenprüfer und Betriebsprüfer im aktiven Dienst der Hamburger Finanzverwaltung. Volker Hartmann hat langjährige Prüfungserfahrungen, insbesondere bei Kapitalgesellschaften aller Branchen und Größen. Er ist seit vielen Jahren Referent und Autor beim Verlag Dashöfer und seine Seminare zeichnen sich durch eine besondere Praxisnähe aus.

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