18.06.2013 — Online-Redaktion Verlag Dashöfer. Quelle: Verband deutscher ArbeitsrechtsAnwälte e. V..
Der nachstehende Artikel führt in das Thema Urlaubsrecht ein und der Bremer Fachanwalt für Arbeitsrecht Klaus-Dieter Franzen gibt Antworten auf diese und weitere Fragen.
Der Anspruch der Arbeitnehmer auf bezahlten Erholungsurlaub ergibt sich aus dem Bundesurlaubsgesetz. Daneben können in Arbeitsverträgen, Betriebsvereinbarungen oder Tarifverträgen abweichende Urlaubsregelungen enthalten sein. Mit Ausnahme des Mindesturlaubsanspruches sind für den Arbeitnehmer nachteilige Abweichungen von den gesetzlichen Regelungen nur durch Tarifverträge möglich.
Daneben bestehen wichtige Sonderbestimmungen etwa im Jugendarbeitsschutzgesetz und für Schwerbehinderte im Sozialgesetzbuch IX.
Besteht ein Arbeitsverhältnis, ist ein Anspruch auf den gesetzlichen Mindesturlaubsanspruch gegeben. Entgegen weit verbreiteter Praxis gilt dieser Anspruch auch für Teilzeit- und geringfügige Beschäftigungsverhältnisse.
Der Arbeitnehmer erwirbt den vollen Urlaubsanspruch erstmalig nach einer Wartezeit von sechs Monaten. Das Beschäftigungsverhältnis muss also mindestens sechs Monate bestehen, bevor der Arbeitnehmer erstmals Anspruch auf Gewährung von Urlaub erhält. Dabei kommt es nicht darauf an, ob der Arbeitnehmer während dieses Zeitraumes tatsächlich gearbeitet hat.
Vor Ablauf dieser Wartezeit besteht ein Anspruch auf 1/12 des Jahresurlaubs (Teilurlaub) für jeden vollen Monat, in dem das Arbeitsverhältnis besteht.
Jedem Arbeitnehmer steht ein gesetzlicher Mindesturlaub von 24 Werktagen im Kalenderjahr zu. Das Gesetz ging seinerzeit von der 6-Tage-Woche aus. Der Arbeitnehmer sollte Anspruch auf mindestens vier Wochen Urlaub im Kalenderjahr haben. Ist wie heute meist eine 5-Tage-Woche vereinbart, reduziert sich der Mindesturlaubsanspruch deshalb auf 20 Arbeitstage.
Bei Teilzeitbeschäftigten errechnet sich deren Urlaub entsprechend dem Verhältnis zwischen Voll- und Teilzeitarbeit. Wird der Arbeitnehmer z.B. nur an drei Tagen in der Woche beschäftigt, während die Vollzeitbeschäftigten an fünf Tagen in der Woche arbeiten, beträgt der Mindesturlaubsanspruch 3/5 des gesetzlichen Urlaubs, mithin 12 Arbeitstage.
Der Urlaub wird vom Arbeitgeber erteilt, d.h. der Arbeitgeber bestimmt auch den Zeitpunkt des Urlaubs. Der Arbeitgeber muss dabei aber die Urlaubswünsche des Arbeitnehmers berücksichtigen. Der Arbeitnehmer sollte sein Urlaubsverlangen sollte so rechtzeitig stellen, dass der Arbeitgeber eine verlässliche Urlaubsplanung durchführen kann. Andernfalls muss der Arbeitnehmer mit der Ablehnung seines Urlaubswunsches rechnen.
Der Urlaubsanspruch des Arbeitnehmers ist von dem Arbeitgeber so bald wie möglich zeitlich festzulegen. Der Arbeitgeber darf nur aus bestimmten, gesetzlich festgelegten Gründen den Urlaub auf einen anderen als den vom Arbeitnehmer genannten Termin festlegen oder von seinem Recht Gebrauch machen, die zeitliche Festlegung des Urlaubs ganz oder teilweise zu verweigern. So können dem Urlaubswunsch des Arbeitnehmers nur dringende betriebliche Belange oder kollidierende Urlaubswünsche anderer Arbeitnehmer entgegenstehen.
Als dringende betriebliche Belange kommen personelle Engpässe in Saison- und Kampagnezeiten, plötzlich auftretende Produktionsnachfragen oder Abschluss- und Inventurarbeiten sowie rechtswirksam eingeführte Betriebsferien in Betracht.
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Urlaubswünsche anderer Arbeitnehmer können der Berücksichtigung der Urlaubswünsche des Arbeitnehmers entgegenstehen, wenn diese unter sozialen Gesichtspunkten Vorrang haben. Dabei wird der Begriff „soziale Gesichtspunkte“ sehr weit verstanden Es kommen Lebensalter, Dauer der Betriebszugehörigkeit, Alter und Zahl der Kinder unter Berücksichtigung ihrer Schulpflicht, der Gesundheitszustand, Urlaub anderer Familienangehöriger, bestehendes Erholungsbedürfnis in einer bestimmten Jahreszeit und die Urlaubsregelung in den vergangenen Jahren in Betracht. Danach werden z.B. grundsätzlich zunächst die Wünsche der Arbeitnehmer vorrangig berücksichtigt, die schulpflichtige Kinder haben. Allerdings müssen deren Wünsche ggf. dann zurücktreten, wenn sie in den Vorjahren immer bevorzugt behandelt wurden.
Der Urlaub soll möglichst zusammenhängend gewährt werden. Hat der Arbeitnehmer Anspruch auf Urlaub, der über den gesetzlichen Mindesturlaubs hinausgeht, tilgt die Urlaubsgewährung zunächst den gesetzlichen und erst nach dessen Erfüllung dann den vertraglichen Urlaubsanspruch.
Ist der Arbeitnehmer mit dem erteilten Urlaub nicht einverstanden oder erteilt der Arbeitgeber gar keinen Urlaub, dann sollte der Arbeitnehmer seinen Urlaub auf gar keinen Fall eigenmächtig antreten. Denn dann droht der Ausspruch einer Kündigung, möglicherweise sogar einer außerordentlichen. Der Arbeitnehmer muss vielmehr noch vor Urlaubsbeginn das zuständige Arbeitsgericht einschalten und auf Urlaubserteilung klagen. In Eilfällen kann er den Erlass einer einstweiligen Verfügung beantragen.
Hat der Arbeitgeber den Urlaub für einen bestimmten Zeitpunkt zugesagt, so ist er hieran gebunden. Es besteht kein gesetzliches Recht des Arbeitgebers, den erteilten Urlaub vor Antritt zu widerrufen oder den Arbeitnehmer aus dem Urlaub zurückzurufen. Auch kann sich der Arbeitgeber den Widerruf wirksam nicht vorbehalten.
Eine Ausnahme soll nur dann gelten, wenn ein nicht vorhersehbarer Notfall vorliegt und es keinen anderen Ausweg gibt. Das kann etwa der Fall sein, wenn der Betrieb wegen Hochwassers existentiell gefährdet wird.
Allerdings ist der Arbeitnehmer zumindest im Rahmen des gesetzlichen Mindesturlaubs nicht verpflichtet, für den Arbeitgeber erreichbar zu sein, selbst dann nicht, wenn der Arbeitsvertrag eine entsprechende Regelung enthält.
Wird der Arbeitnehmer im Urlaub arbeitsunfähig krank, werden die durch ein ärztliches Zeugnis nachgewiesenen Zeiten der Arbeitsunfähigkeit nicht auf den Jahresurlaub angerechnet. Der Urlaub wird kraft Gesetzes unterbrochen. Während des Zeitraums der Arbeitsunfähigkeit erhält der Arbeitnehmer Entgeltfortzahlung.
Urlaubsjahr ist das Kalenderjahr. Wird der Urlaub nicht im Urlaubsjahr genommen, so verfällt er grundsätzlich mit dessen Ende.
Die Übertragung des Urlaubs in das Folgejahr stellt nach der gesetzlichen Regelung die Ausnahme dar. Sie kommt nur in Betracht, wenn dringende betriebliche Gründe oder in der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe, z.B. Krankheit, dies rechtfertigen. Wenn der Urlaub ausnahmsweise übertragen wird, ist er jedoch in den ersten drei Monaten des Folgejahres (d.h. bis 31. März) zu nehmen, ansonsten erlischt er spätestens dann.
Der Urlaubsanspruch verfällt jedoch dann nicht, wenn der Arbeitnehmer bis zum Ende des Urlaubsjahres bzw. des Übertragungszeitraums arbeitsunfähig erkrankt war und er den Urlaub deshalb nicht nehmen konnte. Der Arbeitnehmer kann so aber nicht unbegrenzt Urlaub ansammeln. Der nicht genommene Urlaub verfällt vielmehr 15 Monate nach Ablauf des jeweiligen Urlaubsjahres, also zum 31. März des zweiten auf das Urlaubsjahr folgenden Jahres.
Die Rechtsprechung zur Übertragung des Urlaubsanspruches bei langer Krankheit bezieht sich allein auf den gesetzlich geregelten Mindesturlaub. Von daher kann der vertraglich vereinbarte Mehrurlaub weiterhin dem Verfall unterliegen. Voraussetzung dafür ist jedoch eine klare Regelung im Arbeitsvertrag, die zwischen dem gesetzlichen Mindesturlaub und dem gesondert vertraglich gewährten Mehrurlaub unterscheidet.
Eine Urlaubsabgeltung, also eine Vergütung des nicht gewährten Urlaubs, ist nur zulässig, wenn und soweit der Urlaubsanspruch wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht mehr erfüllt werden kann. Der Urlaubsanspruch kann deshalb im bestehenden Arbeitsverhältnis nicht „abgekauft“ werden. Vielmehr setzen sich Arbeitgeber der Gefahr aus, den Urlaub doppelt vergüten zu müssen.
Ist das Arbeitsverhältnis beendet, kann der Arbeitnehmer nach neuerer Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts jetzt auf die Abtgeltung des Urlaubes verzichten. Dies gilt auch dann, wenn eine Erledigungsklausel („Mit dieser Vereinbarung sind alle bekannten und unbekannten Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis erledigt“) vereinbart wird. Arbeitnehmer sollten deshalb zukünftig etwaige Abgeltungsansprüche ausdrücklich als gesonderten Punkt in eine Vereinbarung mit aufnehmen oder auf die Vereinbarung einer Erledigungsklausel verzichten.