24.10.2012 — Online-Redaktion Verlag Dashöfer. Quelle: Taylor Wessing Deutschland.
Gemäß §§ 241 Abs. 2 BGB, 60 HGB ist es dem Arbeitnehmer während des bestehenden Arbeitsverhältnisses untersagt, für einen Wettbewerber des Arbeitgebers tätig zu werden. Dies gilt auch während der Zeit einer Freistellung von der Arbeitspflicht. Sofern sich der Arbeitgeber allerdings die Anrechnung von Zwischenverdienst im Freistellungszeitraum vorbehält, entbindet er den Arbeitnehmer konkludent von der Einhaltung des vertraglichen Wettbewerbsverbots (vgl. BAG, Urteil v. 06.09.2006, - 5 AZR 703/05 -).
Gemäß § 60 Abs. 1 BGB darf der Arbeitnehmer ohne Einwilligung des Arbeitgebers weder ein Handelsgewerbe betreiben noch in dem Handelszweige des Arbeitgebers für eigene oder fremde Rechnung Geschäfte machen. Unter "Geschäftemachen" i.S.v. § 60 Abs. 1 HGB ist nach der Rechtsprechung jede auf Gewinnerzielung gerichtete Teilnahme am geschäftlichen Verkehr zu verstehen, die nicht nur zur Befriedigung eigener privater Bedürfnisse des Arbeitnehmers erfolgt (BAG, Urteil v. 15.02.1962, - 5 AZR 79/61 -). Hierfür ist entscheidend, dass der Arbeitnehmer wie der Arbeitgeber am Markt als Anbieter auftritt und damit zu diesem in ein Wettbewerbsverhältnis tritt.
Bei einem Verstoß gegen dieses Verbot kann der Arbeitgeber gemäß § 61 HGB Schadensersatz fordern oder verlangen, dass der Arbeitnehmer die für eigene Rechnung gemachten Geschäfte als für Rechnung des Arbeitgebers eingegangen gelten lässt und die aus Geschäften für fremde Rechnung bezogene Vergütung herausgibt oder seinen Anspruch auf die Vergütung abtritt. Bei Geschäften, die der Arbeitnehmer für eigene Rechnung gemacht hat, muss er sich also so behandeln lassen, als ob er vom Arbeitgeber für das getätigte Geschäfts beauftragt worden wäre.
Der Beklagte war bei der klagenden Arbeitgeberin als Produktmanager und technischer Leiter tätig. Das Arbeitsverhältnis wurde 2009 durch einen Vergleich in einem Kündigungsschutzprozess aufgrund ordentlicher arbeitgeberseitiger Kündigung zum 31.01.2010 beendet. Die Parteien vereinbarten eine Freistellung des Klägers von der Arbeitspflicht bis zum Ende des Arbeitsverhältnisses unter Fortzahlung der vertragsgemäßen Vergütung i.H.v. EUR 6.200,- brutto / Monat. Eine Anrechnung anderweitigen Verdienstes wurde nicht bestimmt.
Spätestens am 01.12.2009 - und damit noch während der Freistellung - nahm der Beklagte ein Arbeitsverhältnis bei einem führenden Wettbewerber der Klägerin auf. Dort bezog er eine Vergütung i.H.v. EUR 6.000,- brutto / Monat.
Die klagende Arbeitgeberin war der Ansicht, der Beklagte habe gegen das auch in der Freistellungsphase bestehende Wettbewerbsverbot verstoßen und sei verpflichtet, die beim Wettbewerber bezogene Vergütung gemäß § 61 HGB (zumindest analog) herauszugeben. Hilfsweise hat sie begehrt, die beim Wettbewerber bezogene Vergütung auf die Ansprüche des Beklagten ihr gegenüber anzurechnen.
Nachdem bereits die Vorinstanzen die Klage abgewiesen hatten, hatte auch die Revision der Klägerin keinen Erfolg.
Nach Auffassung des 10. Senats ist der Beklagte nicht gemäß § 61 Abs. 1 HGB verpflichtet, ein mit dem Wettbewerber vereinbartes Festgehalt an die Klägerin herauszugeben. Der Abschluss des Arbeitsvertrages mit dem Wettbewerber sei kein "Geschäft" i.S.v. § 61 HGB. Damit schloss sich das BAG dem Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg (LAG) an, das in seinem Berufungsurteil festgestellt hatte, dass der Beklagte als Arbeitnehmer keine "Geschäfte" gemacht, sondern seine Arbeitsleistung in den Dienst eines Konkurrenten der Klägerin gestellt hatte. Deshalb liege kein Verstoß gegen § 60 Abs. 1 HGB vor, so dass auch die Anwendung des § 61 HGB als dessen Rechtsfolge ausscheide. Insbesondere sei nicht vorgetragen, dass der Kläger für die Vermittlung einzelner Geschäfte eine gesonderte (Erfolgs)Vergütung wie eine Provision erhalten habe. Darüber hinaus fehlte es nach Auffassung des LAG an den Voraussetzungen des § 61 HGB, da dieser lediglich ein Eintrittsrecht in gemachten Geschäfte regele, nicht aber ein umfassendes Recht auf Übernahme der Rechtsstellung des wettbewerbswidrig handelnden Arbeitnehmers. Schließlich könne die Klägerin nicht als Arbeitnehmerin ihres (größten) Konkurrenten tätig werden.
Nach Auffassung des BAG kann bei Aufnahme eines neuen Arbeitsverhältnisses unter Verstoß gegen ein Wettbewerbsverbot allenfalls die Geltendmachung von Vergütungsansprüchen gegenüber dem bisherigen Arbeitgeber gegen Treu und Glauben verstoßen. Ein solcher Verstoß sei im Streitfall allerdings von der Klägerin nicht ausreichend dargelegt gewesen. Ein Schadenersatzanspruch komme ebenfalls nicht in Betracht. Das LAG hatte hierzu ausgeführt, dass die für einen vertraglichen Schadenersatzanspruch der Klägerin gemäß §§ 280, 241 Abs. 2 BGB erforderliche Pflichtverletzung des Beklagten vorliege, es aber an einem konkreten Vortrag der Klägerin bezüglich eines eingetretenen Schadens fehle.
Um Wettbewerbsverstöße während einseitiger oder einer einvernehmlich vereinbarter Freistellung zu vermeiden, müssen einige Voraussetzungen beachtet werden. Im Falle einseitiger Freistellung ist zunächst darauf zu achten, die Anwendung von § 615 Satz 2 BGB in der Freistellungserklärung auszuschließen.
Des Weiteren macht die aktuelle BAG-Entscheidung deutlich, dass in der Praxis lediglich die Vereinbarung einer "spürbaren" Vertragsstrafe geeignet ist, den Arbeitnehmer davon abzuhalten, noch während laufender Freistellung bei der Konkurrenz zu arbeiten. Schadenersatzansprüche sind wegen der Schwierigkeiten bei der Schadensberechnung (insbes. im Rahmen der sog. haftungsausfüllenden Kausalität) regelmäßig schwer durchzusetzen. Der sorgfältige Arbeitsvertragsgestalter kommt an dieser Stelle nicht an der Aufnahme einer Vertragsstrafenregelung vorbei.
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