28.08.2012 — Online-Redaktion Verlag Dashöfer. Quelle: Warth Klein Grant Thornton.
Nach Ansicht des BFH ist ernstlich zweifelhaft, ob der Vorsteuerabzug aus einer zunächst fehlerhaften Rechnung auch dann versagt werden kann, wenn diese Rechnung später berichtigt wird, sofern das zunächst erteilte Dokument die Mindestanforderungen an eine Rechnung erfüllt und daher die vorgeschriebenen Angaben enthält. Hier nennt der BFH ausdrücklich den Rechnungsaussteller, den Leistungsempfänger, die Leistungsbeschreibung, das Entgelt und die gesondert ausgewiesene Umsatzsteuer.
Hintergrund: In der Praxis kommt es immer wieder vor, dass die eine oder andere Pflichtangabe in einer Rechnung fehlt. Wird dieser formale Mangel später bei einer Betriebsprüfung festgestellt, resultiert daraus die rückwirkende Aberkennung des Vorsteuerabzugs. Die Folge ist dann nicht nur eine Steuernachzahlung, sondern zusätzlich die Verzinsung der Steuernachforderung in Höhe von 0,5 Prozent pro Monat. Eine fehlerhafte Rechnung kann nachträglich korrigiert werden. Sobald die Mängel behoben sind, ist der Vorsteuerabzug zulässig. Jedoch darf nach deutschem Umsatzsteuerrecht der Vorsteuerabzug nicht rückwirkend erfolgen, sondern erst in dem Umsatzsteuer-Voranmeldezeitraum, in dem die berichtigte Rechnung vorliegt. Dadurch bleibt es bei der Steuernachzahlung für die Vergangenheit und natürlich auch bei der Verzinsung der Steuernachforderung.
In der Rechtssache "Pannon Gép" (EuGH-Urteil vom 15. Juli 2010 - Rs. C-368/09) hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) erstmals eine rückwirkende Rechnungsberichtigung auf den Zeitpunkt zugelassen, zu dem die ursprüngliche und berichtigte Rechnung erteilt worden ist und damit in diesem Einzelfall einen rückwirkenden Vorsteuerabzug ermöglicht. Aus Sicht der deutschen Finanzgerichte ist die "Pannon Gép"-Entscheidung jedoch ein Sonderfall und entfaltet keine allgemeingültige Wirkung.
Der BFH hat jetzt allerdings klargestellt, dass die bisherige strikte Versagung jeglicher Rückwirkung zumindest dann ernstlich zweifelhaft ist, sofern das fehlerhafte Dokument die wesentlichen Merkmale des Rechnungsbegriffs erfüllt. Der BFH konnte über die Frage, ob im Streitfall ernstliche Zweifel an dem festgesetzten Steueranspruch bestehen, letztlich nicht selbst entscheiden. Er musste die Sache an das Finanzgericht zur ergänzenden Tatsachenfeststellung zurückverweisen. Die weitere Entwicklung bleibt hier also abzuwarten.
Quelle: BFH-Beschluss vom 20. Juli 2012 (Aktenzeichen V B 82/11; veröffentlicht am 22. August 2012).
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