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RUB-Studie: Quartalsberichte fördern „Kurzatmigkeit“ von Unternehmen

22.02.2011  — Online-Redaktion Verlag Dashöfer.  Quelle: Ruhr-Universität Bochum / idw.

Kurzfristige Maßnahmen, um den Quartalsbericht zu „schönen“, veranlassen Unternehmen zu kurzsichtigen Entscheidungen und beeinträchtigen damit in den meisten Fällen das langfristige Ziel einer Unternehmenswertsteigerung.

Dies gilt insbesondere dann, wenn die Quartalsberichterstattung verpflichtend ist. Das ist das zentrale Ergebnis einer Studie von Bochumer Wirtschaftswissenschaftlern um Prof. Dr. Jürgen Ernstberger (Lehrstuhl für Accounting, insbesondere Auditing). Die groß angelegte, internationale Untersuchung börsennotierter Unternehmen in Europa liefert erstmals empirische Belege für die negativen Auswirkungen der Berichtspflicht auf die Entscheidung von Managern.

Ausgezeichnet: Beste wissenschaftliche Arbeit

In Tampa/Florida (USA) erhielten die RUB-Forscher vor kurzem den Best Paper Award der American Acconting Association als Preis für den besten wissenschaftlichen Beitrag. Auf der International Accounting Section-Konferenz der weltweit größten und renommiertesten Organisation für Rechnungslegung und Wirtschaftsprüfung stellten Prof. Ernstberger und seine Doktoranden Dipl.-Kfm. Oliver Vogler und Benedikt Link, M.Sc. ihre Studie „The real business effects of quarterly reporting” öffentlich vor.

Breite Datenbasis und neue Methode

Der ausgezeichnete Beitrag untersucht die realen Auswirkungen einer freiwilligen und vor allem auch einer verpflichtenden Quartalsberichterstattung auf die Kurzfristigkeit von Management-Entscheidungen. Dabei besticht die Studie durch ihre breite Datenbasis und eine neuartige Methode. Der Arbeit liegen die Quartalsberichte von börsennotierten Unternehmen in 15 europäischen Ländern aus den Jahren 2005 bis 2009 zu Grunde. Die Methodik der Studie basiert auf den von Roychowdhury (2006) entwickelten Modellen, die verschiedene Faktoren messen – zum Beispiel ob ein Unternehmen überdurchschnittlich hohe Preisnachlässe gewährt hat, um die Umsatzzahlen kurzfristig zu erhöhen; ob es überdurchschnittlich hohe Produktionszahlen aufweist, um die Durchschnittskosten pro Produkt kurzfristig zu senken oder ob es weniger in Forschung und Entwicklung investiert, um kurzfristig den Unternehmenserfolg zu steigern. Die Bochumer Forscher haben diese Modelle erstmals angewandt, um die Auswirkungen der Quartalsberichterstattung zu untersuchen.

„Adverse“ Anreize für Manager

Die Studie zeigt, dass insbesondere bei einer verpflichtenden Quartalsberichterstattung Unternehmen zu einem kurzsichtigen Verhalten neigen, um unmittelbar bessere Zahlen vorweisen zu können. „Das äußert sich durch gezielte Rabatte bzw. Verkaufsfördermaßnahmen oder Einschnitte bei langfristigen Investitionen in Forschung und Entwicklung“, so Prof. Ernstberger. „Diese Maßnahmen beinträchtigen aber in der Regel das langfristige Ziel einer Unternehmenswertsteigerung.“ Der Effekt sei unter bestimmten Bedingungen besonders stark ausgeprägt. „Das ist der Fall, wenn Unternehmen eine unterdurchschnittliche Performance im Vergleich zur Konkurrenz, eine höhere Neigung zu Bilanzpolitik, eine geringere Anzahl von Analysten als Kontrollinstanz sowie einen schwachen Minderheitenschutz aufweisen.“ Ein zentrales Ergebnis der Studie ist, dass ein Mehr an Informationen nicht nur positive Auswirkungen für Investoren hat. Zwar erhöht sich die Transparenz des Unternehmens, es kann aber auch zu „adversen“ Anreizen für kurzsichtiges Handeln auf Kosten einer langfristigen Wertschaffung für Investoren kommen.

Alte Diskussion neu entfacht

Die Diskussion um die Nachteile von Quartalsberichten ist nicht neu – sie wird durch die aktuellen Forschungsergebnisse der RUB-Wirtschaftswissenschaftler nun untermauert und neu entfacht. Bekanntestes Beispiel ist der damalige Porsche-Chef Wendelin Wiedeking, der sich entgegen den Vorgaben der Deutschen Börse einer regelmäßigen vierteljährlichen Quartalsberichterstattung verweigerte. Er begründete das damit, dass eine Kapitalmarktberichterstattung in sehr kurzen Zeitabständen eine unerwünschte Kurzfristigkeit von Investitionsentscheidungen auf Kosten des langfristigen Unternehmenswerts verursache. Der Zwang zur Vorlage vierteljährlicher Berichte behindere Unternehmen in der Verfolgung langfristig angelegter Strategien, so Wiedeking vor knapp sieben Jahren. Auch im Vorfeld der Verabschiedung der EU-Transparenzrichtlinie am 15.12.2004 kam eine ähnliche Diskussion auf. Mehrere EU-Länder legten ein Veto gegen eine allgemeine Pflicht zur Quartalsberichterstattung ein. In der Folge wurde nur ein Mitgliedsstaatenwahlrecht in die Richtlinie aufgenommen, das es den verschiedenen Ländern erlaubt entweder eine Pflicht oder ein Wahlrecht zur Quartalsberichterstattung zu implementieren.

Quelle: Dr. Josef König, Ruhr-Universität Bochum / idw
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