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Private Dienstwagennutzung: Widerruf möglich! Aber wann?

13.06.2012  — Online-Redaktion Verlag Dashöfer.  Quelle: Taylor Wessing Deutschland.

Dieser Artikel beschäftigt sich mit einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts (Urteil vom 21.03.2012, 5 AZR 651/10) zu der Frage, wann der Widerruf einer auch privaten Nutzungsmöglichkeit eines Dienstwagens zulässig und ein entsprechender Widerrufsvorbehalt wirksam ist.

I. Einleitung

Im Rahmen von AGB verwendete Widerrufsklauseln müssen nach höchstrichterlicher Rechtsprechung sowohl der Inhalts- als auch der Ausübungskontrolle stand halten, um im Streitfall als wirksam betrachtet werden zu können. Da die meisten Widerrufsklauseln bereits in vorbereiteten „Standardarbeitsverträgen“ vorgesehen und somit Teil dieser AGB sind, ist die Erfüllung der Kontrollvoraussetzungen von äußerster Bedeutung. Allerdings ist zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses mangels etwaiger Rechtsprechung häufig nicht klar, wann diese Voraussetzungen erfüllt sind.

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Im Hinblick auf Widerrufsklauseln hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) bereits entschieden, dass die widerrufliche Leistung nach Art und Höhe eindeutig bestimmt sein muss, der widerrufliche Anteil unter 25% des Gesamtverdienstes zu liegen hat und ein Widerruf lediglich aus sachlichen Gründen vorgenommen werde darf, wobei die Gründe dem Widerrufsvorbehalt selbst zu entnehmen sein müssen.

Nachdem das BAG mit einer früheren Entscheidung (Urteil vom 17.09.1998, 8 AZR 791/96) bereits den Widerruf der Dienstwagenüberlassung für private Zwecke im Fall einer Freistellung der Erbringung der Arbeitsleistung für zulässig erachtet und einen geltend gemachten Entschädigungsanspruch der Arbeitnehmerin abgelehnt hat, wird diese Entscheidungsrichtung des BAG weiter aufrechterhalten und etwaigen Hoffnungen in der Literatur auf eine gegenteilige Entwicklung eine Absage erteilt.

II. Sachverhalt

Im zu entscheidenden Fall machte die Klägerin unter anderem einen Anspruch auf Zahlung einer Entschädigung für die entgangene Privatnutzung eines Dienstwagens geltend. Die Klägerin war bei der Beklagten als Personal- und Vertriebsdisponentin zu einem Bruttomonatsgehalt von EUR 2.300,00 beschäftigt. Aufgrund eines neben dem Arbeitsvertrag abgeschlossenen Dienstwagenvertrags stellte die Beklagte der Klägerin einen Dienstwagen zur Verfügung. Die Klägerin war auch berechtigt, das Fahrzeug für private Zwecke zu nutzen. Dabei wurde in den Entgeltabrechnungen diese private Nutzung mit EUR 277,00 von der Beklagten berücksichtigt. Dieser Betrag entsprach 1% des Listenpreises.

Im Rahmen des Dienstwagenvertrags war unter § 7 folgender Widerrufsvorbehalt vorgesehen: „Der Arbeitgeber behält sich vor, die Überlassung des Dienstwagens zu widerrufen, wenn und solange der Pkw für dienstliche Zwecke seitens des Arbeitnehmers nicht benötigt wird. Dies ist insbesondere der Fall, wenn der Arbeitnehmer nach Kündigung des Arbeitsverhältnisses von der Arbeitsleistung freigestellt wird. Im Falle der Ausübung des Widerrufs durch den Arbeitgeber ist der Arbeitnehmer nicht berechtigt, eine Nutzungsentschädigung oder Schadensersatz zu verlangen.“ Zudem war unter § 2 Nr. 3 des Arbeitsvertrags unter anderem vereinbart: „Im Falle einer Kündigung ist der Arbeitgeber berechtigt, den Arbeitnehmer von der Verpflichtung zur Arbeitsleistung unter Weiterzahlung der Bezüge freizustellen.“

Aufgrund einer ordentlichen Kündigung der Klägerin endete das Arbeitsverhältnis zum 30. Juni 2009. Die Beklagte stellte die Klägerin nach Ausspruch der Kündigung ab dem 9. Juni 2009 von der Arbeit frei und forderte im Zuge dessen die Rückgabe des Dienstwagens. Bei dem Dienstwagen handelte es sich um das einzige Fahrzeug, das der Klägerin zur Verfügung stand.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen, wohingegen das Landesarbeitsgericht (LAG) auf die Berufung der Klägerin der Klage stattgegeben hat. Letztendlich hat zwar auch das BAG der Klägerin den Zahlungsanspruch zugesprochen. Allerdings „nur“ aufgrund einer im Streitfall unbilligen Ausübung des Widerrufsrechts durch die Beklagte.

III. Entscheidung

Das BAG gelangt vorliegend zu dem Ergebnis, der von den Parteien vereinbarte Widerrufsvorbehalt sei formell und materiell wirksam. Die Klausel halte einer Inhaltskontrolle stand. Die formellen Anforderungen des § 308 Nr. 4 BGB, denen ein Widerrufsvorbehalt gerecht werden müsse, seien erfüllt. Hiernach müsse zumindest die Richtung angegeben werden, aus der der Widerruf möglich sein solle. Unter Verweis auf seine Rechtsprechung aus der Vergangenheit benennt das BAG hierfür beispielhaft wirtschaftliche Gründe, Leistung oder Verhalten des Arbeitnehmers. Vorliegend sei die Beklagte als Verwenderin der AGB-Klausel dem Transparenzgebot gerecht geworden. Denn danach sei ausdrücklich klargestellt, dass der Arbeitnehmer im Falle einer Freistellung mit dem Entzug der Privatnutzung rechnen müsse.

Weiterhin sei die Widerrufsklausel materiell wirksam. Das BAG betont, nach § 308 Nr. 4 BGB sei die Vereinbarung eines Widerrufsrechts zumutbar, wenn der Widerruf nicht grundlos erfolgen solle, sondern wegen der unsicheren Entwicklung der Verhältnisse als Instrument der Anpassung notwendig sei. Der Widerruf der privaten Nutzung eines Dienstwagens im Zusammenhang mit einer (wirksamen) Freistellung des Arbeitnehmers sei zumutbar. Das BAG begründet seine Auffassung damit, dass der Arbeitnehmer in solchen Fällen bis zum Kündigungstermin keine Arbeitsleistung mehr zu erbringen habe und somit insbesondere Dienstfahrten mit dem Pkw entfallen würden. Vorliegend verknüpfe die Widerrufsklausel die dienstliche und private Nutzung sachgerecht.

Entgegen der Auffassung der zweiten Instanz sei die Widerrufsklausel auch nicht mangels einer Ankündigungs- bzw. Auslauffrist unwirksam. Das Gesetz biete keinen Ansatz für eine solche Frist. Allerdings sei die Berücksichtigung einer Auslauffrist im Rahmen der Ausübungskontrolle in Betracht zu ziehen. Welche Dauer eine derartige Frist dabei haben sollte, teilt das BAG nicht mit. Das LAG hat hierbei auf eine Frist von vier Wochen bzw. einem Monat abgestellt und dabei auf § 622 BGB verwiesen. Zudem spreche laut LAG für eine Ankündigungsfrist von einem Monat zum Monatsende, dass die Privatnutzung von Dienstwagen pauschal mit 1% des Listenpreises auf monatlicher Basis besteuert und nicht tageweise abgerechnet werde. Vorliegend hatte die Klägerin den geltwerten Vorteil für den Zeitraum ihrer Freistellung noch zu versteuern.

Im Gegensatz zu der Inhaltskontrolle gelangt das BAG jedoch hinsichtlich der Ausübungskontrolle vorliegend zu dem Ergebnis, dass der Widerruf nicht billigem Ermessen entspreche. Im Rahmen der Gesamtbewertung der gegenseitigen Interessen der Parteien überwiege das Interesse der Klägerin, das Fahrzeug bis zum Ende des Monats Juni nutzen zu dürfen. Dabei stellt das BAG unter anderem darauf ab, dass die Klägerin lediglich dieses Fahrzeug zur Verfügung hatte und die Beklagte keine Gründe vorgetragen habe, warum sie unmittelbar nach der Eigenkündigung der Klägerin das Fahrzeug zurückfordere. Schließlich sei die steuerliche Belastung, die zu einer spürbaren Minderung ihres Nettoeinkommens geführt habe hier zu berücksichtigen.

IV. Praxishinweis

Obwohl das BAG in diesem Fall letztendlich den ausgeübten Widerruf als unwirksam beurteilt hat, ist der erste Teil der Entscheidung - die Inhaltskontrolle betreffend - sehr zu begrüßen. Die höchstrichterliche Beurteilung der oben genannten Klauselformulierung bringt weitere Klarheit darüber, welche Formulierungsmöglichkeit genutzt und von deren Wirksamkeit - zumindest zum derzeitigen Zeitpunkt - ausgegangen werden kann.

Daher empfiehlt es sich bei dem Wunsch, sich als Arbeitgeber eine etwaige Widerrufsmöglichkeit hinsichtlich der Überlassung eines Dienstwagens auch für die private Nutzung durch den Arbeitnehmer zu erhalten, einen Widerrufsvorbehalt wie den oben genannten zu verwenden. Dabei ist - zumindest nach aktueller Rechtsprechung - die obige oder eine sich daran anlehnende Formulierung zu empfehlen.

Darüber hinaus sollte im Falle der Ausübung darauf geachtet werden, dass eine gewisse Ankündigungsfrist eingehalten und die Rückforderung nicht mit sofortiger Wirkung vorgenommen wird. Die Einhaltung einer Frist von circa einem Monat ist in diesem Zusammenhang zwar bisher nicht höchstrichterlich entschieden. Das LAG gibt in seiner Entscheidung jedoch eine gewisse Richtung dahingehend vor, so dass diese Dauer dem billigen Ermessen entsprechend beurteilt werden kann und somit als Richtwert zu empfehlen ist. Daher empfiehlt es sich, im Rahmen der Ausübung eines solchen Widerrufs eine Ankündigungsfrist von einem Monat zum Monatsende zu wahren.

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