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Pauschale Überstundenabgeltung wirksam möglich

19.09.2012  — Online-Redaktion Verlag Dashöfer.  Quelle: VdAA Verband deutscher ArbeitsrechtsAnwälte e. V..

Dieser Artikel beschäftigt sich Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) vom 16. Mai 2012 (5 AZR 331/11) zur Wirksamkeit von Formulararbeitsverträgen, die regeln, dass mit der monatlichen Vergütung die ersten zwanzig Überstunden im Monat abgegolten sind.

I. Einleitung

Eine Regelung im Arbeitsvertrag, dass (sämtliche) Überstunden mit der monatlichen Vergütung als abgegolten gelten, ist nach der Rechtsprechung des BAG unwirksam (BAG, Urteil vom 1. September 2010 – 5 AZR 517/09). Eine solche Abgeltungsklausel verstoße gegen das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 S. 2 BGB, weil der Arbeitnehmer nicht in der Lage sei, zu erkennen, welche Arbeitszeiten auf ihn zukommen und wie viele Arbeitsstunden er für die vereinbarte monatliche Vergütung zu erbringen habe. Nach bisheriger Rechtsprechung konnte ein Arbeitgeber nur in den folgenden Konstellationen verhindern, dass Ansprüche auf Überstundenabgeltung entstehen:

  • So können Arbeitnehmer in der Regel eine zusätzliche Vergütung dann nicht verlangen, wenn sie ein herausgehobenes Entgelt beziehen, da eine Vergütung für die Leistung von Überstunden dann nicht zu erwarten ist.

  • Je nach Tätigkeit kann der Arbeitgeber auch durch die Vereinbarung einer sogenannten Vertrauensarbeitszeit das Entstehen von Überstunden verhindern, etwa bei Außendienstmitarbeitern oder bei leitenden Angestellten. Hierbei ist der Arbeitnehmer eigenständig für die Verteilung seines Stundenkontingents verantwortlich, sodass Überstunden begrifflich schon nicht entstehen.

  • Durch die Entscheidung des BAG vom 16. Mai 2012 wird für Arbeitgeber eine weitere Möglichkeit zur Handhabung der Überstundenvergütung bestätigt: eine vertragliche Regelung, in der die durch die monatliche Vergütung pauschal abgegoltenen Überstunden konkret quantifiziert sind.

II. Sachverhalt

In dem der Entscheidung des BAG zugrunde liegenden Fall klagte ein Arbeitnehmer gegen seinen Arbeitgeber nach Beendigung seines Arbeitsverhältnisses auf Abgeltung von Überstunden. Bei Abschluss des mündlichen Arbeitsvertrags zwischen den Parteien wurde folgende Regelung vereinbart: "Die ersten zwanzig Überstunden sind mit drin."

Der Arbeitgeber gewährte Überstundenvergütung ab der 21. Überstunde im Monat. Der Arbeitnehmer verlangte Vergütung auch für die jeweils ersten zwanzig Überstunden im Monat.

III. Entscheidung

Das BAG bestätigte die vorherigen Entscheidungen der Instanzgerichte und versagte dem Kläger einen Anspruch auf Vergütung der ersten zwanzig Überstunden im Monat. Diese Überstunden seien mit der vereinbarten Vergütung bereits abgegolten.

Das BAG begründete seine Entscheidung damit, dass die Pauschalabrede zur Vergütung von Überstunden wirksamer Bestandteil des mündlichen Arbeitsvertrags wurde. Die Klausel sei nicht überraschend im Sinne des § 305c Abs. 1 BGB und ausreichend transparent gemäß § 307 Abs. 1 S. 2 BGB. Dem Transparenzgebot werde diese Regelung deshalb gerecht, weil durch die hinreichende Quantifizierung mit bis zu zwanzig Überstunden pro Monat der Arbeitnehmer wisse, was auf ihn zukomme, nämlich gegebenenfalls bis zu zwanzig Überstunden pro Monat ohne zusätzliche Vergütung zu leisten. Einer weitergehenden Inhaltskontrolle unterliege die Vereinbarung nicht, da es sich hierbei um eine Hauptleistungsabrede handele, die keiner Inhaltskontrolle unterliege (§ 307 Abs. 3 S. 1 BGB).

IV. Praxishinweis

Nachdem das BAG in der Entscheidung vom 1. September 2010 eine pauschale Abgeltung von Überstunden durch die monatliche Vergütung für unwirksam erklärt hatte, bringt das Urteil des BAG vom 16. Mai 2012 erfreuliche Klarheit hinsichtlich der Vertragsgestaltung: Danach ist es zulässig, unter Angabe einer konkreten Anzahl von Überstunden diese pauschal abzugelten. Sind die mit der Vergütung abgegoltenen Überstunden im Arbeitsvertrag quantifiziert, entspricht die Abgeltung dem Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 S. 2 BGB. Nicht geäußert hat sich das BAG zu der Frage, wie viele Überstunden im Einzelfall als abgegolten vereinbart werden können.

In dem der Entscheidung vom 16. Mai 2012 zugrunde liegenden Fall wurden zwanzig Überstunden pro Monat wirksam durch die monatliche Vergütung abgegolten. Auf wie viele Überstunden darüber hinaus eine Abgeltung wirksam erweitert werden kann, ist unklar. Zu beachten ist insoweit, dass die Überstunden nicht über die gesetzliche Höchstarbeitszeit nach § 3 ArbZG hinausgehen dürfen (Die Höchstarbeitszeit beträgt 8 Stunden pro Tag. Sie kann auf bis zu 10 Stunden pro Tag verlängert werden, wenn innerhalb von sechs Kalendermonaten oder innerhalb von 24 Wochen im Durchschnitt acht Stunden pro Tag nicht überschritten werden).

Da dem BAG folgend eine Inhaltskontrolle der Abgeltungsklausel nicht stattfindet, ist Maßstab hierfür die Sittenwidrigkeit nach § 138 BGB. Daher könnte bei entsprechend hoher Vergütung auch noch eine pauschale Abgeltung von 25 oder sogar 30 Stunden pro Monat zulässig sein. Im Ergebnis sollten Arbeitsverträge bezüglich der Klauseln, in denen eine Abgeltung von Überstunden durch die monatliche Vergütung erfolgt, überprüft werden.

Für diese Klauseln bietet sich vor allem eine Quantifizierung der mit der monatlichen Vergütung abgegoltenen Überstunden in angemessenem Umfang an. Gleichzeitig sollte im Arbeitsvertrag eine Ausschlussfrist für die Geltendmachung von Ansprüchen aus dem Arbeitsverhältnis von mindestens drei Monaten vereinbart werden. Damit verfällt nach Ablauf dieser Frist der Anspruch des Arbeitnehmers auf Vergütung von nicht wirksam abgegoltenen Überstunden. Dies eignet sich ergänzend zur Vermeidung von zusätzlichen Vergütungsansprüchen.

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