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Notwendigkeit und Motivation für die Ausrichtung auf Nachhaltigkeit

23.05.2013  — Online-Redaktion Verlag Dashöfer.  Quelle: Schlange & Co..

Nachhaltigkeit ist heute ein essentielles Thema für Unternehmen, das von allen Entscheidungsebenen und allen Geschäftsbereichen in Bezug auf Risikomanagement wie auch als Möglichkeit zur Differenzierung im Markt verstanden und entsprechend berücksichtigt werden sollte.

Obwohl Nachhaltigkeit heute ein omnipräsenter und sicherlich überstrapazierter Begriff ist, hat er doch eine sehr hohe und vermutlich bleibende Bedeutung für die Volkswirtschaft. Vergleichbar dem Managementansatz des Qualitätsmanagements oder der Orientierung auf Shareholder Value, welche Anfang der 90-iger Jahre eine breitere Aufmerksamkeit erfuhren, wird Nachhaltigkeit aus dem Alltag eines Unternehmens nicht mehr wegzudenken sein.

Historie

Der Begriff Nachhaltigkeit stammt aus der Forstwirtschaft. Demnach darf nicht mehr Holz gefällt werden, als jeweils nachwachsen kann. „Nachhalten“ bedeutet, „längere Zeit andauern oder bleiben“. Eine erstmalige Nutzung des Begriffes NH im Sinne eines langfristig angelegten verantwortungsbewussten Umgangs mit einer Ressource ist bei Hans Carl von Carlowitz 1713 in seinem Werk Sylvicultura oeconomica nachgewiesen. Carlowitz fragte "wie eine sothane [solche] Conservation und Anbau des Holtzes anzustellen / daß es eine continuirliche beständige und nachhaltige Nutzung gebe / weil es eine unentbehrliche Sache ist / ohne welche das Land in seinem Esse nicht bleiben mag".

Mit dem Ende des Kalten Krieges, der Beseitigung von Handelsbarrieren und der damit im rasanten Tempo einhergehenden Globalisierung haben nahezu alle Bereiche der Wirtschaft einen Wechsel im Aufbau ihrer Wertschöpfungskette, d.h. Verkürzung der Fertigungstiefe und Diversifizierung in der Beschaffung, vollzogen. Unternehmen sind durch diese Veränderungen mit Nachhaltigkeits-Risiken konfrontiert worden, die ihnen zuvor entweder gänzlich unbekannt waren, die sie bewusst ignorierten oder mit denen sie nicht umzugehen wussten. Hinzu kommt, dass negative Schlagzeilen über unternehmerisches Fehlverhalten durch das Internet unmittelbar und weltweit bekannt werden, was der Reputation gerade von Markenanbietern erheblichen Schaden zufügen kann

Aus der Praxis:

Der Fall Nike Ende der 1990-iger Jahre war ein erstes prominentes Beispiel. Ein Student in Kalifornien platzierte die Tatsache, dass Nike-Schuhe von 12-jährigen Mädchen in Vietnam für einen Tageslohn von umgerechnet US$ 2 produziert und für US$ 200 in den Vereinigten Staaten verkauft, im Internet.

Diese Nachricht wurde von den großen Medien unmittelbar als Schlagzeile verbreitet, was dazu führte, dass gerade junge Käufer Nike Produkte in Folge boykottierten. Das Unternehmen erlebte einen rückläufigen Umsatz (ca. minus 3 Prozent) bei wachsendem Gesamtmarkt und einem entsprechenden Verlust an Marktanteilen (ca. 5,5 Prozent-Punkte) sowie einen Einbruch des Aktienkurses.

Aktuell bezieht man sich für die Definition von Nachhaltigkeit auf den Brundtland-Bericht, der 1987 von der UN-Weltkommission für Umwelt und Entwicklung („Brundtland-Kommission“) mit dem Titel „Our Common Future“ („Unsere gemeinsame Zukunft“) veröffentlicht wurde. Der Vorsitz dieser Kommission lag bei der ehemaligen norwegischen Ministerpräsidentin Gro Harlem Brundtland. Nachhaltige Entwicklung wird demnach mit den drei Säulen Ökologie, Soziales und Ökonomie beschrieben. Dieses Modell ist über die letzten 20 Jahre um die Themenfelder Governance und Philanthropie weiterentwickelt worden.

Quelle: Schlange & Co.

Die großen Treiber des Nachhaltigkeits-Themas sind heute neben den Nichtregierungsorganisationen (NGOs) zunehmend Kunden, der Kapitalmarkt, die Politik und Mitarbeiter – generell auch als Stakeholder (Anspruchsgruppen) bezeichnet.

  • NGOs: I.d.R. themenspezifisch aufgestellt und untereinander wie auch mit anderen Stakeholdergruppen eng vernetzt. Weltweit existieren mehrere tausend NGOs und jährlich entstehen einige hundert neue Organisationen. Alle stehen unter dem Druck, ihrer Mission gerecht zu werden und die von ihnen propagierten Ziele zu erreichen, d.h. sie müssen sich gegenüber ihren Mitgliedern und Spender ausreichend rechtfertigen.

  • Kunden: Hier handelt es sich um 3 Gruppen: der Konsument, der Einzelhändler und der Firmenkunde.

    Konsumenten sind angesichts regelmäßig wiederkehrender Skandale (z.B. Lebensmittel, Textilien, Spielzeug) sensibilisiert und achten bei ihrer Kaufentscheidung zunehmend auf aussagekräftige Siegel, welche ihnen Sicherheit in Bezug auf Inhalte und Herkunft versprechen. Verbraucherschutzverbände artikulieren als Anwalt des Konsumenten deren Besorgnis und Erwartungen gegenüber Politik, Industrie und Handel.

    Der Einzelhandel hat sich in den vergangenen Jahren sehr eindringlich mit dem Thema beschäftigt und verlangt von Unternehmen zunehmend eine ausführliche und verbindliche Berichterstattung über Inhalte und Herkunft der gelisteten Produkte sowie über den Umgang mit Lieferanten u.a. in Bezug auf Einhaltung von Umwelt- und Sozialstandards entlang der Lieferkette. Darüber hinaus geben sie ihren Lieferanten konkrete Ziele zu kritischen NH-Themen vor.

    Firmenkunden haben entweder selbst den Anspruch, verantwortungsvoll zu wirtschaften oder aber sind durch den Druck des Einzelhandels aufgefordert, ihrerseits volle Transparenz und die Erfüllung spezifischer Nachhaltigkeits-Ziele von ihren Lieferanten zu verlangen. Das Thema erstreckt sich damit auf die gesamte Lieferkette.

  • Kapitalmarkt: Nachhaltigkeits-Skandale können sich sehr schnell negativ auf Umsatz, Ergebnis, Cash Flow und damit auf die Entwicklung des Aktienkurses auswirken. Deshalb erwarten insbesondere institutionelle Investoren von Unternehmen, in deren Aktien aber auch Anleihen sie investieren, verantwortungsvoll zu handeln. Seit 2006 haben sich unter dem Dach der UNPRI (United Nations Principals for Responsible Investment) mehr als 1.000 Unterzeichner (Asset Owner, Fondsmanager und andere Dienstleister) aus allen großen Volkswirtschaften, die gemeinsam mehr als US$ 30 Billionen verwalten, zusammengeschlossen. Neben dem Austausch von Informationen und Ergebnisse ihrer jeweiligen Analysen zu sog. Non-Financials (Informationen und Leistungsdaten zum Thema Nachhaltigkeit) haben sie sich auf einen Verhaltenskodex für das koordinierte Vorgehen gegen Unternehmen, welche sich nicht verantwortungsvoll verhalten, geeinigt.

  • Politik: In nahezu allen Volkswirtschaften existieren heute Gesetze und Verordnungen zur eindeutigen Regelung von Umweltschutz, Arbeitsbedingungen und Themen wie Korruption. Darüber hinaus wird in den Ländern der EU, Nordamerikas und in Japan zunehmend auch Transparenz über die tatsächliche Nachhaltigkeits-Leistung von Unternehmen erwartet. Börsennotierte Unternehmen in Frankreich, England, Dänemark und Spanien sind bereits seit einigen Jahren zur Berichterstattung ihrer Non-Financials gesetzlich verpflichtet.

  • Mitarbeiter: Mitarbeiter sind Botschafter ihres Arbeitsgebers nicht nur während ihrer Arbeitszeit, sondern auch im privaten Umfeld. Die Identifikation von Mitarbeitern mit ihrem Unternehmen hängt neben dem wirtschaftlichen Erfolg zunehmend auch von dem verantwortlichen Geschäftsgebaren ab. Immer stärker wird dies als ein wesentliches Kriterium von Hochschulabsolventen bei der Wahl des ersten Arbeitgebers und damit im Rahmen des Recruitings bzw. dem „war-for-talent“ deutlich.

Auswirkungen auf KMU: Pflicht zur Berichterstattung ab 2014?

Bisher verspürten insbesondere große, börsennotierte und bekannte Unternehmen seit geraumer Zeit die Notwendigkeit, sich strategisch, organisatorisch und kommunikativ auf Nachhaltigkeit auszurichten. Diese Entwicklung erstreckt sich nun auch sehr dynamisch auf KMU. Zum einen liegt dies daran, dass jedes Unternehmen an irgendeiner Stelle Teil einer Lieferkette ist und in dieser Rolle mit zunehmender Dringlichkeit zur Bereitstellung von Informationen über das „Was“ und „Wie“ aufgefordert wird. Die Fähigkeit und Bereitschaft, detaillierte, aktuelle und belastbare Daten und Fakten über Inhaltsstoffe und Prozesse sowie Einhaltung von Gesetzen und Mindeststandards an seine Kunden geben zu können, kann zur Voraussetzung für langfristige Geschäftsbeziehungen werden. Einen zweiten Grund stellt die Initiative der EU-Kommission (Generaldirektion „Binnenmarkt und Dienstleistung“) zur Berichterstattung über Non-Financials dar. Danach sollen alle Organisationen in den 27 Mitgliedsländern ab einer bestimmten Anzahl von Mitarbeitern (>500 oder 1.000) und unabhängig von der Rechtsform zur Berichterstattung ab 2014 verpflichtet werden. Diese Gesetzesinitiative liegt derzeit dem EU-Parlament zur Abstimmung vor.

Vor dem o.g. Hintergrund ist allen Unternehmen – egal welcher Branche, Größe und Rechtsform – dringend zu empfehlen, sich ernsthaft mit den Grundsätzen der Nachhaltigkeit auseinanderzusetzen. Nachhaltigkeit ist mittlerweile keine Option mehr, sondern muss als eine Notwendigkeit zur Absicherung des Kerngeschäfts ebenso wie als Möglichkeit zur Nutzung von Wettbewerbsvorteilen verstanden werden und sollte deshalb Eingang in die strategische, organisatorische und kommunikative Ausrichtung finden.

Dies ist der erste Teil einer Serie von insgesamt 7 Artikeln. Folgende Inhalte werden in dieser Serie behandelt:

  1. Notwendigkeit und Motivation für die Ausrichtung auf Nachhaltigkeit
  2. NH-Strategie und Unternehmensziele
  3. NH-Organisation, operative Ziele, Berichtskennzahlen und -wege
  4. Management des Stakeholderdialogs
  5. Interne und externe Berichterstattung, Ratings und Rankings
  6. Management von NH-Risiken in der Lieferkette
  7. Gemeinnütziges Engagement


Über Schlange & Co.:

S&C ist ein Marktführer in der Beratung zum Thema Nachhaltigkeit. Zu den Kunden zählen börsennotierte sowie zunehmend mittelständische Unternehmen sowie Bundesministerien. Die Leistungen umfassen die konzeptionelle Beratung (Leitlinien, Strategien, Organisationsformen und Reporting), die operative Unterstützung (Stakeholderdialog, Absicherung der Supply Chain, Entwicklung und Schulung des Code-of-Conduct, Kommunikation und im Marketing von NH-Leistungen), Vertrieb, Implementierung und Training der Enablon NH-Software; mehr über Schlange & Co. unter: www.schlange-co.com
 

Kontakt:
Joachim Schlange, Geschäftsführer
Schlange & Co. GmbH,
Steinhöft 11
20459 Hamburg
Tel. 040/36 166 82 11
Fax: 040/36 166 82 19
E-Mail: schlange@schlange-co.com

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