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Neue Rechtsprechung zum Verzögerungsgeld

28.06.2011  — Volker Hartmann.  Quelle: Verlag Dashöfer GmbH.

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Da es bei Betriebsprüfungen, Umsatzsteuersonderprüfungen und Lohnsteueraußenprüfungen immer häufiger zu erheblichen zeitlichen Verzögerungen kommt, weil Unternehmer bzw. deren steuerliche Berater den ihnen vom Gesetzgeber auferlegten Mitwirkungspflichten nicht bzw. nicht hinreichend nachkommen, hat der Gesetzgeber vor einiger Zeit das sog. Verzögerungsgeld eingeführt. Dieses Verzögerungsgeld soll als steuerliche Nebenleistung vorbeugend und erzieherisch darauf hinwirken, dass der Unternehmer seinen steuerlichen Mitwirkungspflichten im Rahmen einer Prüfung ordnungsgemäß nachkommt. Dadurch soll sichergestellt werden, dass die Prüfungen reibungsloser durchgeführt, unnötige Verzögerungen vermieden werden können und die Arbeit der Finanzverwaltung nicht unnötig erschwert wird.

Rechtsgrundlage

Nach Maßgabe von § 146 Absatz 2b Abgabenordnung kann die Finanzverwaltung ein Verzögerungsgeld festsetzen, wenn der Unternehmer seinen Verpflichtungen zur Erteilung von Auskünften, der Vorlage der angeforderten Unterlagen im Rahmen einer Außenprüfung oder der Aufforderung zur Einräumung des elektronischen Datenzugriffs nicht bzw. nicht fristgemäß nachkommt. Darüber hinaus kann das Finanzamt ein Verzögerungsgeld auch dann festsetzen, wenn das Unternehmen seine elektronische Buchführung ohne Zustimmung der zuständigen Finanzbehörde ins Ausland verlagert bzw. der Aufforderung zur Rückverlagerung seiner elektronischen Buchführung in das Inland nicht nachkommt.

Höhe des Verzögerungsgeldes

Das Verzögerungsgeld kann sich auf Beträge zwischen 2.500 und 25.000 Euro belaufen. Die Festsetzung sowie die Höhe des Verzögerungsgeldes liegen im Ermessen des Finanzamts und sind abhängig von der Dauer der Fristüberschreitung, den aus dem verzögerten Mitwirkungsverhalten gezogenen Vorteilen, dem Verschulden sowie der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Unternehmens.

Urteil Finanzgericht Sachsen-Anhalt 15.10.10, 3 V 1296/10

Das Finanzgericht Sachsen-Anhalt hat mit Urteil vom 15.10.10 Zweifel daran geäußert, dass das Finanzamt berechtigt ist, ein Verzögerungsgeld mehrfach festzusetzen.

In einem streitigen Sachverhalt hatte sich ein Unternehmer nachhaltig geweigert, seinen Mitwirkungspflichten im Rahmen einer Betriebsprüfung nachzukommen und die vom Finanzamt geforderten Buchführungsunterlagen vorzulegen. Der Unternehmer hat sich nachhaltig und ohne Angabe von Gründen geweigert, die vom Finanzamt geforderten Buchführungsunterlagen vorzulegen. Daher setzte das Finanzamt zunächst ein Verzögerungsgeld in Höhe von 2.500 Euro fest. In diesem Zusammenhang hat der Unternehmer Einspruch gegen die Prüfungsanordnung eingelegt und Antrag auf Aussetzung der Vollziehung gestellt, um das Finanzamt daran zu hindern, mit den Prüfungshandlungen zu beginnen. Der Unternehmer bemängelte, dass das Finanzamt das Verzögerungsgeld festgesetzt habe, obwohl über den Einspruch noch nicht entschieden worden ist. Darüber hinaus habe das Unternehmen die Buchführungsunterlagen zwar nicht im Original, aber auf einem Datenträger vorgelegt. Weil die Betriebsprüfung über drei Monate nicht fortgeführt werden konnte und aus Sicht der Finanzverwaltung kein Anspruch darauf besteht, eine Betriebsprüfung wegen eines eingelegten Einspruchs zu unterbrechen, setzte das Finanzamt ein erneutes Verzögerungsgeld in Höhe von 3.000 Euro fest.

Der Unternehmer wandte sich hilfesuchend an das Finanzgericht Sachsen-Anhalt. Dies folgte den Ausführungen des Unternehmers jedoch nicht. Das Finanzgericht erkannte, dass der Unternehmer den Ablauf der Betriebsprüfung mehrfach schuldhaft und nachhaltig gestört hat. Dadurch sei unnötiger Verwaltungsaufwand in nicht unerheblicher Höhe entstanden. Allerdings äußerte das Finanzgericht auch Zweifel an der Festsetzung eines weiteren Verzögerungsgeldes in derselben Angelegenheit. Im Gegensatz zum Verzögerungsgeld könne das sog. Zwangsgeld nach Maßgabe von § 233 Absatz 3 Abgabenordnung wegen fortdauernder Verletzung derselben Mitwirkungspflichten abermals festgesetzt werden. Dies ist nach Auffassung des Finanzgerichts bei Verzögerungsgeld nicht zulässig, da es sich hier nicht um ein Zwangsgeld, sondern um ein Druckmittel eigener Art handelt. Das Finanzgericht ist sich hier jedoch nicht sicher, Zitat: „Es erscheint hiernach durchaus möglich, dass die abermalige Festsetzung des Verzögerungsgelds mangels Rechtsgrundlage rechtswidrig ist und die Antragstellerin in ihren Rechten verletzt.“ Im Gegensatz zur Finanzverwaltung erkannte das Finanzgericht sehr wohl ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Vewaltungsakte, konnte den Streit letztendlich jedoch nicht beilegen.

Auswirkungen für die Praxis

Auch an diesem Fall wird deutlich, dass es immer schwieriger wird, steuerliche Auseinandersetzungen zwischen Finanzamt und einem Unternehmen vor Gericht beizulegen. Der Unternehmer hat inzwischen beim Bundesfinanzhof unter dem Aktenzeichen IV B 120/10 Beschwerde eingelegt. Wie der Bundesfinanzhof den Streitfall letztendlich beurteilen wird, ist derzeit völlig unklar.

Im hier streitigen Sachverhalt hingegen wurden die Weichen bereits im Vorfeld der Prüfung unnötigerweise in die völlig verkehrte Richtung gestellt. Die Fronten auf beiden Seiten sind bereits verhärtet, bevor die Prüfung überhaupt begonnen hat. Damit liegt es auf der Hand, welchen weiteren Verlauf die Prüfung nimmt.

Quelle: Diplom-Finanzwirt (FH) Volker Hartmann, Hamburg

Foto Volker Hartmann Der Autor:

Volker Hartmann ist Diplom-Finanzwirt, Lohnsteueraußenprüfer und Betriebsprüfer im aktiven Dienst der Hamburger Finanzverwaltung. Volker Hartmann hat langjährige Prüfungserfahrungen, insbesondere bei Kapitalgesellschaften aller Branchen und Größen. Er ist seit vielen Jahren Referent und Autor beim Verlag Dashöfer und seine Seminare zeichnen sich durch eine besondere Praxisnähe aus.

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