13.02.2023 — Volker Hartmann. Quelle: Verlag Dashöfer GmbH.
Seit geraumer Zeit steht die Nettolohnoptimierung im Rampenlicht der Lohn- und Gehaltsabrechnung. Ziel der Nettolohnoptimierung ist es, den Arbeitnehmern zusätzliche Arbeitgeberleistungen zu gewähren ohne das Gehaltsplus mit Steuern und Abgaben zu belasten. Die aktuellen Möglichkeiten sind vielfältig, z. B. durch die Anwendung der Sachbezugsfreigrenze, der Freigrenze für Aufmerksamkeiten oder durch die Gewährung von steuerlich begünstigten Fahrtkosten-, Essensgeld- und Internetkostenzuschüssen. Erweitert wird das Spektrum seit Ende 2022 durch die neue Inflationsausgleichsprämie nach § 3 Nr. 11 c EStG.
Im Rahmen der sog. gestaltenden Nettolohnptimierung, die in Fachkreisen spöttisch als Cum-Ex des kleinen Mannes bezeichnet wird, versuchen findige Zeitgenossen systematisch, Gesetzeslücken und Steuerschlupflöcher aufzuspüren, um dem Fiskus ein Schnippchen zu schlagen. Häufig wird argumentiert, der Gesetzgeber hätte selbst schuld, wenn er, wie beim Cum-Ex-Skandal, nicht sorgfältig genug arbeite, Gesetzeslücken nicht schließe oder gut gemeinte Nichtbeanstandungsgrenzen zulasse.
In letzter Zeit müssen sich die Finanzgerichte und der Bundesfinanzhof vermehrt mit der juristischen Bewertung grenzwertiger Konstruktionen auseinandersetzen, die im Rahmen von Lohnsteueraußenprüfungen vom Finanzamt beanstandet wurden.
So hat der Bundesfinanzhof mit Urteil vom 21.06.22, VI R 20/20 klargestellt, dass die Vermietung eines Kennzeichenhalterseines eines privaten PKW des Arbeitnehmers an den Arbeitgeber nicht unter die Nichtbeanstandungsregelung des § 22 Nr. 3 EStG in Höhe von 256 Euro fällt. Das Entgelt, welches der Arbeitnehmer in diesem Zusammenhang von seinem Arbeitgeber erhält, ist durch das Arbeitsverhältnis veranlasst und damit als Arbeitslohn zu qualifizieren, wenn der zugrundeliegenden vertraglichen Vereinbarung (Werbemietvertrag) wie im hier streitigen Sachverhalt kein eigenständiger wirtschaftlicher Gehalt zukommt. Auch ein ganz überwiegend eigenbetriebliches Interesse des Arbeitgebers liegt hier nicht vor.
Im hier streitigen Sachverhalt schloss der Arbeitgeber mit einer Vielzahl seiner Arbeitnehmer mit als "Mietvertrag Werbefläche" bezeichnete Verträge ab, in welchen sich die Arbeitnehmer dazu verpflichteten, die vom Arbeitgeber zur Verfügung gestellten, mit einem Werbeschriftzug versehene Kennzeichenhalter an ihren privaten PKW anzubringen. Im Gegenzug erhielten die Mitarbeiter ein jährliches Entgelt in Höhe von 255 Euro. Die Mietverträge waren auf die Dauer des Arbeitsverhältnisses befristet und konnten mit einer Frist von zwei Monaten gekündigt werden.
Das Finanzamt gelangte im Rahmen einer Lohnsteueraußenprüfung zu der Auffassung, dass die Vergütungen für die Anbringung der mit Werbung versehenen Kennzeichenhalter als lohnsteuerpflichtiger Arbeitslohn anzusehen sind.
Der Bundesfinanzhof bestätigte die Auffassung des Finanzamts und der Vorinstanz, siehe Urteil Finanzgericht Münster vom 03.12.19, 1 K 3320/18. Der Bundesfinanzhof stellte klar, dass die streitigen Geschäftsvorfälle durch das Arbeitsverhältnis veranlasst sind und nicht auf einem Sonderrechtsverhältnis "Mietvertrag Werbefläche" beruhen, da diesem Mietvertrag kein eigener wirtschaftlicher Gehalt zukommt.
Dem „Mietvertrag Werbefläche" kommt unter Berücksichtigung der am Markt befindlichen Angebote schon aufgrund seiner Ausgestaltung kein eigener wirtschaftlicher Gehalt zu, weil er die Erzielung einer Werbewirkung nicht sicherstelle und die Bemessung des Entgelts offensichtlich an der in § 22 Nr. 3 EStG geregelten Freigrenze in Höhe von 256 Euro orientiert gewesen ist. Der Werbeeffekt sei demgegenüber nicht, wie im wirtschaftlichen Geschäftsverkehr üblich, ausschlaggebendes Kriterium für die Bemessung des Entgelts gewesen. Darüber hinaus wurden die streitigen Werbeverträge ausschließlich mit Arbeitnehmern und nicht mit fremden Dritten abgeschlossen und die Laufzeit der Verträge war an das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses geknüpft.
Zuwendungen, die Arbeitnehmer von ihrem Arbeitgeber steuerfrei erhalten, sind regelmäßig Gegenstand von Lohnsteueraußenprüfungen. Der Arbeitgeber ist im Rahmen seiner Arbeitgeberpflichten dazu verpflichtet, bei der Gewährung steuerfreier und steuerlich begünstigter Zuwendungen die gesetzlichen Voraussetzungen nachzuweisen. Liegen die entsprechenden Voraussetzungen nicht vor oder kann der Arbeitgeber das Vorliegen der Voraussetzungen nicht nachweisen, kann das Finanzamt im Rahmen einer Lohnsteueraußenprüfung den vermeintlich steueroptimierten Arbeitslohn in lohnsteuerpflichtigen und beitragspflichtigen Arbeitslohn umqualifizieren. Hierbei kann der Arbeitgeber vom Finanzamt und vom Sozialversicherungsträger in Haftung genommen werden. Unliebsame Steuer- und Beitragsnachzahlungen sind die Folge.
Der Autor:
Volker Hartmann ist Diplom-Finanzwirt, Lohnsteueraußenprüfer und Betriebsprüfer im aktiven Dienst der Hamburger Finanzverwaltung. Volker Hartmann hat langjährige Prüfungserfahrungen, insbesondere bei Kapitalgesellschaften aller Branchen und Größen. Er ist seit vielen Jahren Referent und Autor beim Verlag Dashöfer. Seine Seminare zeichnen sich durch eine besondere Praxisnähe aus.
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Bild: Christian Dubovan (Unsplash, Unsplash Lizenz)
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