16.10.2012 — Online-Redaktion Verlag Dashöfer. Quelle: Finanzgericht Münster.
Mit Blick auf eine erhebliche Zahl gleichgelagerter Einspruchsverfahren, die wegen des gerichtlichen „Musterverfahrens“ bislang ruhen, kommt der Entscheidung eine weitreichende Breitenwirkung zu.
Im Streitfall hatte die Klägerin im Januar 2008 festverzinsliche Wertpapiere erworben. Sie verkaufte die Papiere im Februar 2009 und erhielt hierfür – neben dem Kurswert - auch sog. Stückzinsen in Höhe von 1.947,67 EUR. Diese Vergütung für den Zinsertrag der Papiere, der auf die Zeit von Beginn des Zinszahlungszeitraums bis zum Verkauf entfällt, sah das Finanzamt als steuerpflichtig an. Die Klägerin war hingegen der Auffassung, dass die Stückzinsen für die Altanleihen aufgrund einer Gesetzesänderung im Zusammenhang mit der Einführung der sog. Abgeltungssteuer im Jahr 2009 nicht steuerpflichtig seien.
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Bis zur Einführung der Abgeltungssteuer im Jahr 2009 waren Stückzinsen gem. § 20 Abs. 2 Nr. 3 EStG beim Verkäufer als Zinsertrag zu versteuern. Diese Regelung ist jedoch seit dem 1. Januar 2009 nicht mehr anwendbar. Seit Einführung der Abgeltungssteuer sind Stückzinsen vielmehr als Teil des Veräußerungserlöses (§ 20 Abs. 2 Nr. 7 EStG n.F.) anzusehen und als solcher steuerbar. Allerdings sieht die Übergangsregelung des § 52a Abs. 10 Satz 7 EStG in der Fassung des Jahressteuergesetzes 2009 vor, dass die neuen Vorschriften über die generelle Steuerpflicht von Veräußerungsgewinnen – die nunmehr auch die Stückzinsen umfassen - nicht für Papiere gelten sollen, die vor dem 1. Januar 2009 angeschafft worden waren. Für diese Anlagen sollten die bisherigen Regeln, wonach Kursgewinne aus Wertpapieren im Privatvermögen außerhalb der einjährigen Spekulationsfrist (§ 23 Abs. 1 Nr. 2 EStG a.F.) steuerfrei waren, bestehen bleiben. Hieraus folgerte die Klägerin – und wie sie viele andere Steuerpflichtige, Berater und Experten -, dass auch in 2009 vereinnahmte Stückzinsen aus vor dem 1. Januar 2009 angeschafften Anleihen nicht der Besteuerung unterliegen.
Diese Auffassung teilt der 2. Senat des Finanzgerichts Münster nicht. Aus dem Sinn und Zweck sowie der Entstehungsgeschichte der gesetzlichen Regelung des § 52a Abs. 10 Satz 7 EStG folge, dass Stückzinsen aus Altanleihen nicht von der Besteuerung auszunehmen seien. Die Gesetzesmaterialien belegten zwar, dass der Gesetzgeber die ursprünglich steuerfreien Kursgewinne aus vor dem 1. Januar 2009 erworbenen Kapitalforderungen weiterhin steuerfrei stellen wollte. Jedoch ergäben sich keine Anhaltspunkte dafür, dass er darüberhinaus auch die ursprünglich steuerpflichtigen Stückzinsen von der Besteuerung habe ausnehmen wollen. Dies habe er zudem zeitnah im Jahressteuergesetz 2010 klargestellt.
Zwar hat der Senat wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache die Revision zum Bundesfinanzhof zugelassen. Diese wurde allerdings nicht eingelegt.
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