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Kündigung während der Krankheit des Arbeitnehmers – ist das zulässig?

06.07.2011  — Online-Redaktion Verlag Dashöfer.  Quelle: PersonalGate.

Dazu nachfolgend ein Interview von Quang Lam mit Fachanwalt für Arbeitsrecht Alexander Bredereck, Berlin

Quang Lam: Einer der häufigsten Irrtümer im Arbeitsrecht ist der, dass der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis während einer Krankheit nicht kündigen darf. Warum glauben so viele Arbeitnehmer und Arbeitgeber dieses Märchen?

Fachanwalt Bredereck: In der DDR war das so. Und das hat sich über zwanzig Jahre gehalten. Wahrscheinlich entspricht es unserem Rechtsverständnis, dass man den, der am Boden liegt, nicht auch noch tritt. Unserem Recht entspricht es aber nicht. Auch wenn der Arbeitnehmer krankgeschrieben ist, kann der Arbeitgeber kündigen.

Quang Lam: Aber ist eine solche Kündigung automatisch wirksam?

Fachanwalt Bredereck: Es gelten vielmehr die allgemeinen Voraussetzungen unter denen eine Kündigung wirksam ist. Die Kündigung muss schriftlich erfolgen. Kündigungen per Mail, Fax oder mit fehlender Unterschrift sind immer unwirksam.

Quang Lam: Was ist, wenn die Kündigung mit zu kurzer Frist erfolgt?

Fachanwalt Bredereck: Wird lediglich mit der falschen Kündigungsfrist gekündigt, berührt dies die Wirksamkeit der Kündigung nicht. Ist die Frist zu kurz berechnet, wird die Kündigung zum Zeitpunkt des Ablaufs der Kündigungsfrist wirksam. Anders als oft angenommen, muss der Arbeitgeber keine neue Kündigung aussprechen.

Quang Lam: Nehmen wir an, der Arbeitgeber hat alle notwendigen Formalien eingehalten. Kann man dann noch etwas gegen die Kündigung unternehmen.

Fachanwalt Bredereck: Sind die Formalien eingehalten, kommt es für die Wirksamkeit darauf an, wie viele Mitarbeiter im Betrieb beschäftigt sind. In einem Kleinbetrieb mit nicht mehr als zehn Mitarbeitern kann sich der Arbeitnehmer regelmäßig nur schwer gegen die Kündigung wehren. In Betrieben mit mehr als zehn Mitarbeitern bestehen hingegen sehr gute Aussichten, erfolgreich gegen die Kündigung vorzugehen. Der Arbeitsplatz wird selten gerettet. Üblicherweise werden die Streitigkeiten gegen Zahlung einer Abfindung von 0,5 bis 2 Bruttomonatsgehältern pro Beschäftigungsjahr beendet.

Quang Lam: Warum zahlt der Arbeitgeber überhaupt eine Abfindung in solcher Höhe?

Fachanwalt Bredereck: Jede Kündigung, auch wenn sie auf den ersten Blick noch so wirksam und berechtigt scheint, hat ihre Tücken. Wenn im Betrieb ein Betriebsrat vorhanden ist, passieren regelmäßig Fehler bei der Anhörung. Das sind zwar nur Formalien, trotzdem begründen Sie für den Arbeitgeber ein erhebliches Risiko. Verliert er den Kündigungsschutzprozess muss er den Lohn nachzahlen, ohne dass der Arbeitnehmer gearbeitet hat. Dauerte der Prozess sehr lange, wie z.B. im Emmely-Verfahren (dort mehrere Jahre) können da schnell existenzbedrohende Summen zusammenkommen.

Quang Lam: Dieses Risiko will ein vernünftiger Arbeitgeber nicht eingehen und deshalb zahlt er die Abfindung?

Fachanwalt Bredereck: Genau. Der Abfindungsbetrag ist besser zu kalkulieren und außerdem sozialabgabenfrei.

Quang Lam: Wie sollte man sich gegen eine Kündigung zur Wehr setzen?

Fachanwalt Bredereck: Wenn man eine Abfindung erstreiten will, muss man innerhalb von drei Wochen nach Zugang der Kündigung Klage beim zuständigen Arbeitsgericht einreichen. Wird diese Frist versäumt, ist meist nichts mehr zu retten.

Quang Lam: Welche Kosten fallen im Verfahren an?

Fachanwalt Bredereck: Wer eine Rechtsschutzversicherung hat, zahlt nur seine Selbstbeteiligung. Für Menschen mit weniger Geld greift die Prozesskostenhilfe. Ansonsten hängen die Kosten von der Höhe des Einkommens ab. Wer mehr verdient, zahlt mehr. In der Praxis habe ich selten erlebt, dass ein Arbeitnehmer am Ende des Verfahrens unterm Strich ein Minus gemacht hat. Meistens betragen die Kosten nur einen Bruchteil der erzielten Abfindung.

Ein Interview von Quang Lam mit Fachanwalt für Arbeitsrecht Alexander Bredereck, Bredereck Willkomm Rechtsanwälte, Berlin / openPR
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