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Internationales Steuerpolitikbarometer - Finanzbehörden haben Umsatzsteuer im Visier

28.08.2012  — Online-Redaktion Verlag Dashöfer.  Quelle: ECOVIS Europe AG.

Weltweit gehört die Umsatzsteuer zu den am stärksten sprudelnden Einnahmequellen der Staaten. In 19 der 20 Länder, deren Ecovis-Partnerkanzleien an der aktuellen Steuerpolitik-Umfrage rund um die Umsatzsteuer teilnahmen, gehört sie zu den drei gewichtigsten Steuern. In mehr als der Hälfte der Staaten, darunter auch die Schweiz und China, steht sie sogar auf Platz 1. Im Durchschnitt sorgt sie – wie in Deutschland – für ein Drittel der gesamten Steuereinnahmen.

Nur eine Nebenrolle spielt sie mit einem Anteil von 12,5 Prozent (Rang 6) in Vietnam. „Am stärksten stützt sich der kroatische Staatshaushalt auf die Umsatzsteuer; ihr Anteil an den Steuereinnahmen beträgt rund 60 Prozent“, sagt Bojan Marcetic, Ecovis-Partner in der Hauptstadt Zagreb. Auch in osteuropäischen Ländern wie Lettland, Polen und Bulgarien, die niedrige Einkommensteuersätze haben, ist die Umsatzsteuer das absolute Schwergewicht. „Angesichts ihrer Bedeutung für die Staatskassen verwundert es nicht, dass 60 Prozent der teilnehmenden Ecovis-Partner berichten, dass in ihrem Land die Umsatzsteuerprüfungen der Finanzbehörden in den vergangenen drei bis fünf Jahren zugenommen haben“, erklärt Professor Dr. Peter Lüdemann, Ecovis-Vorstand und Experte für internationales Steuerrecht. Darunter sind so unterschiedliche Länder wie Großbritannien und Vietnam (siehe Tabelle). „Nahezu unisono klagen die betroffenen Kollegen über den erhöhten Bürokratieaufwand, der damit für sie und ihre Mandanten verbunden ist.“

Auch Großbritannien ist keine Insel der Seligen: „Vermehrte Berichtspflichten und höhere Strafzahlungen für verspätete Umsatzsteuermeldungen“ beklagt Robert McCann, Ecovis-Partner in London. Auch in Vietnam hat der Gesetzgeber die Zügel angezogen, dabei allerdings „auch für mehr Klarheit gesorgt, die dazu führt, dass sich die Unternehmen regelkonformer verhalten“, wie Ecovis-Partner Trung Nguyen Thanh anmerkt.

Zurückgegangen sind die Kontrollaktivitäten der Finanzbehörden in Sachen Mehrwertsteuer in Irland, Lettland und Rumänien. Das rumänische Beispiel zeigt freilich, dass dies nicht unbedingt zum Vorteil der Steuerzahler sein muss. Ursache ist nämlich nicht fiskalische Zurückhaltung, sondern ein Mangel an Finanzbeamten – „mit der Folge, dass sich die Prüfung der Umsatzsteuererklärungen erheblich verzögert und die Unternehmen Liquiditätsprobleme bekommen, weil sie lange auf die Vorsteuererstattung warten müssen“, sagt Carmen Vasile, Ecovis-Partnerin in Bukarest. Ganz anders in Lettland: Dort hat die Finanzverwaltung ein neues IT-System eingeführt, um die Papierberge zu reduzieren und die eingehenden Umsatzsteuermeldungen gleich besser überprüfen zu können. „Dadurch hat die Zahl der nachträglichen Intensivprüfungen deutlich abgenommen“, berichtet Ineta Strazde von der Ecovis-Kanzlei in Riga.

Freifahrtschein für Mini-Unternehmen

Ein Kapitel für sich sind die Mehrwertsteuersätze. Während die Standardsätze überwiegend um die 20-Prozent-Marke schwanken und damit relativ nahe beieinander liegen, zeugen die ermäßigten Sätze von kreativer Vielfalt – und das nicht nur, was die internationale Bandbreite (zwischen einem und 13,5 Prozent) angeht. Neun der 20 Länder, darunter die Schweiz, haben zudem zwei verschiedene ermäßigte Mehrwertsteuersätze, China und Irland sogar vier. Bei den Standardsätzen schlägt Kroatien mit 25 Prozent am heftigsten zu, während sich am anderen Ende Japan mit fünf Prozent, die Schweiz mit acht Prozent und Vietnam mit zehn Prozent bescheiden und damit völlig aus dem Rahmen fallen (siehe Tabelle).

Eine Dreiviertelmehrheit der Staaten zeigt ein Herz für sehr kleine Unternehmen. Sprich: Wer unterhalb einer bestimmten Umsatzschwelle bleibt, ist von der Mehrwertsteuer befreit (siehe Tabelle). Was allerdings auch bedeutet, dass ihm dann kein Vorsteuerabzug zusteht. Am großzügigsten zeigen sich Japan (hier liegt das Limit bei einem Jahresumsatz von umgerechnet rund 100.000 Euro), Großbritannien (gut 95.000 Euro) und die Schweiz (rund 83.000 Euro), am kleinlichsten Belgien mit nur 5.280 Euro.

Irland unterscheidet „zwischen Dienstleistern, bei denen die Schwelle für die Umsatzsteuerbefreiung bei einem Umsatz von 37.500 Euro liegt, und Lieferanten von Gütern, für die ein höheres Limit von 75.000 Euro gilt“, erklärt David Spicer, Ecovis-Partner in Dublin. Noch feiner differenziert der maltesische Fiskus: „Wer weniger als 7.000 Euro Umsatz erwirtschaftet, ist weder umsatzsteuerpflichtig noch muss er sich für die Umsatzsteuer registrieren“, sagt Ecovis-Partner Anthony Vella. „Die nächste Schwelle liegt je nach Art der Geschäftstätigkeit bei 14.000, 24.000 oder 35.000 Euro. Unternehmen, die darunter bleiben, sind von der Umsatzsteuer befreit, müssen sich aber dafür registrieren.“ In Polen gilt zwar ein generelles Kleinunternehmerlimit von umgerechnet rund 35.000 Euro, „aber für verschiedene Branchen gibt es Ausnahmen davon“, sagt Monika Pastuszak von der Warschauer Ecovis-Kanzlei.

Ein Sonderfall ist China: Dort werden Produktionsunternehmen, die weniger als 500.000 Yuan (rund 63.000 Euro) umsetzen, und Handelsfirmen mit einem Umsatz von weniger als 800.000 Yuan (rund 100.000 Euro) zwar nicht von der Umsatzsteuer befreit, aber mit dem niedrigsten Satz von 3 Prozent belegt. Dafür dürfen sie jedoch keine Vorsteuer abziehen. Generell können Unternehmen, vor allem Neugründungen, für den „Allgemeinen Mehrwertsteuerzahler-Status“ optieren, wenn sie den Vorsteuerabzug nutzen möchten. Dann gilt der Mehrwertsteuersatz von 17 Prozent oder einer der anderen ermäßigten Sätze von 13, 11 oder 6 Prozent.

Unterschiedlich handhaben die Staaten mit Kleinunternehmerregelung, wann die Umsatzsteuerpflicht einsetzt, wenn ein Unternehmen im laufenden Jahr die geltende Umsatzschwelle überschreitet. In sieben von 15 Ländern wird das Unternehmen schon für das gleiche Jahr umsatzsteuerpflichtig, in acht erst später (davon in fünf im Folgejahr). Zwei fast gleich starke Lager gab es bei der Frage, ob für die Umsatzbesteuerung eine Organschaftsregelung existiert – also Firmen, die einen Konzern bilden, auch umsatzsteuerlich als Einheit behandelt werden, deren interne Umsätze nicht der Umsatzsteuer unterliegen. 45 Prozent Ja- standen hier 55 Prozent Nein-Antworten gegenüber.

Umsatzsteuer-Bürokratie im Vergleich

Gefragt wurde auch danach, welche formalen Anforderungen die Finanzbehörden in Sachen Umsatzsteuer an die Buchführung und Fakturierung der Unternehmen stellen. Immerhin jeder dritte Staat akzeptiert, dass die Umsatzsteuer-Unterlagen rein digital archiviert werden, die Mehrheit besteht noch auf Papier. Ebenfalls ein gutes Drittel der teilnehmenden Ecovis-Partner antwortete, dass die Unternehmen die entsprechenden Unterlagen in einem anderen Land aufbewahren dürfen. Die Aufbewahrungsfrist, die der Fiskus verlangt, liegt im Durchschnitt bei 7,2 Jahren. Am kürzesten ist sie in Russland und Spanien (4 Jahre), am längsten kann sie mit 6 bis 20 Jahren in Malta sein. Ebenfalls 20 Jahre verlangt die Schweiz im Immobilienbereich, generell nur 10 Jahre – wie Deutschland und China, Portugal, die Slowakei und Vietnam.

Was die Angaben angeht, die in den Rechnungen enthalten sein müssen, damit der Fiskus den Vorsteuerabzug für empfangene Lieferungen und Leistungen zulässt und Exporte von der Umsatzsteuer befreit, so haben sich die meisten EU-Staaten in der Umfrage auf ein gemeinsames Niveau eingependelt. Am wenigsten bürokratisch, gemessen an der Zahl der vom Fiskus verlangten Details, erweisen sich dabei Österreich und – überraschend – auch Deutschland. Extrem genau nehmen es dagegen die EU-Länder Rumänien (29 von 34 abgefragten Pflichtangaben), Bulgarien (27), Portugal (26) und Belgien (25), die in bestimmten Fällen einen Verweis auf die nationalen Vorschriften verlangen, Rumänien zusätzlich auf die entsprechenden EU-Richtlinien. „Am lockersten“, so Ecovis-Vorstand Peter Lüdemann, „handhaben die Schweiz und China die Rechnungsformalitäten“: Dort kommt der Fiskus mit 11 bzw. 13 Pflichtangaben aus.

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