29.03.2012 — Online-Redaktion Verlag Dashöfer. Quelle: Bremer Inkasso GmbH.
„Manchmal habe ich den Eindruck, dass die Einzigen, die in Deutschland von einem Insolvenzverfahren profitieren, die Insolvenzverwalter selbst sind; die Lieferanten hingegen erhalten am Ende oft nur eine solch geringe Quote, dass so manches Mal nicht einmal die bei der Bank – durch die Überweisung der Quote – entstehenden Buchungskosten gedeckt sind“, gibt Drumann zu bedenken. Er führt weiter aus: „Amtliche Studien über Insolvenzquoten sind mir nicht bekannt. In einer Studie zu 2002 bis 2007 in Nordrhein-Westfalen eröffneten Insolvenzverfahren kommen die Autoren allerdings zu dem Ergebnis, dass bei den bis Ende 2008 durch Schlussverteilung beendeten Verfahren die durchschnittliche Quote bei 3,6 % lag (Quelle: Kranzusch/Icks, Institut für Mittelstandsforschung-Materialien, Bonn 6/2009). Das kann so nicht richtig sein und muss auch anders gehen.“
Der Inkassounternehmer gibt ein Beispiel: „Nehmen wir einmal an, der Großhändler A hat eine Forderung in Höhe von 25.000 EUR beim Insolvenzverwalter zur Insolvenztabelle angemeldet. Gehen wir weiter davon aus, dass bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens ein Sparguthaben mit 10.000 EUR besteht. Inklusive Sparguthaben steht, durch Maßnahmen des Verwalters, am Ende des Insolvenzverfahrens eine Insolvenzmasse von 50.000 EUR zur Verfügung, wovon die Verwaltervergütung allerdings noch zu entnehmen ist. Nehmen wir weiter an, dass für die Gesamtheit der Gläubiger insgesamt Forderungen von 750.000 EUR zur Insolvenztabelle festgestellt wurden. Hier erhält der Insolvenzverwalter in Deutschland rd. 16.000 EUR für seine Tätigkeit. Berechnungsgrundlage ist der Wert der Insolvenzmasse von 50.000 EUR. Etwa 34.000 EUR werden auf die Gläubiger verteilt. Für den Großhändler A bedeutet es, dass er auf seine Forderung in Höhe von 25.000 EUR gerade mal rd. 1.133 EUR erhält.“
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„Dass das auch anders geht, zeigt das Nachbarland Österreich. Während sich die Gläubiger in Deutschland mit vergleichsweise geringen Quoten auf ihre Forderungen zufrieden geben müssen, werden in Österreich durchschnittlich Quoten in Höhe von ca. 15 – 17 % erzielt (Quelle: Alpenländischer Kreditorenverband, Wien); dazu trägt sicherlich bei, dass die so genannten Masseverwalter in Österreich mit einer wesentlich geringeren Vergütung auskommen. Die Berechnungsgrundlage für ihren Verdienst ist im Übrigen nicht – wie in Deutschland – der Wert der Masse, sondern der bei der Verwertung erzielte Bruttoerlös, um dessen Einbringlichmachung sich der Masseverwalter verdient gemacht hat (also die 50.000 EUR abzüglich 10.000 EUR für das Sparbuch, mithin nur 40.000 EUR). Diese Bemessungsgrundlage reduziert sich noch weiter um die Verwaltervergütung selbst. In Österreich würde ein Masseverwalter im obigen Beispiel rd. 6.000 EUR (Deutschland: rd. 16.000 EUR) erhalten. Für die Gesamtheit der Gläubiger würden dann 44.000 EUR (Deutschland: rd. 34.000 EUR) verbleiben. Damit erhalten Gläubiger in Österreich nur wegen der geringeren Verwaltervergütung bei einem Verfahren mit rd. 50.000 EUR Masse rd. 29 % mehr aus „dem Topf“ als die deutschen Gläubiger. Die „Gewinner“ hingegen sind die deutschen Insolvenzverwalter. Sie erhalten bei einem Verfahren mit rd. 50.000 EUR Masse rd. 166 % mehr als ihre Kollegen aus Österreich.“
„Doch es kommt noch schlimmer“, so Drumann weiter: „Auf Antrag kann das Insolvenzgericht in Deutschland (wie im Übrigen auch in Österreich) Zuschläge zu den Regelsätzen festsetzen, wenn etwa das Verfahren überdurchschnittlich schwierig zu bearbeiten war. Die Höhe der Zuschläge ist gesetzlich nicht geregelt, sondern unter Berücksichtigung der Rechtsprechung und Literatur immer eine Einzelfallentscheidung. So wird z. B. für eine mehrmonatige Betriebsfortführung im laufenden Insolvenzverfahren ein Zuschlag zwischen 25 % und 125 % auf die Regelvergütung für angemessen erachtet. Aus den 34.000 EUR für die Gläubiger bei Regelvergütung können also bei 125 % Zuschlag schnell nur noch 14.000 EUR werden, die zur Verteilung kommen. Der Verwalter in Deutschland erhält dann die „sportliche“ Vergütung von 36.000 EUR.“
In einem Insolvenzverfahren, das durch die Medien ging, hatte ein Insolvenzverwalter aus Bremen vor zwei Jahren für nicht einmal drei Monate Arbeit (mit vielen Zuschlägen) rund 14 Mill. EUR Vergütung beantragt, die ihm auch genehmigt wurden. „Das ist nach meiner Ansicht nur die Spitze des Eisbergs“, so der Geschäftsführer der Bremer Inkasso GmbH. „Immerhin wird diese exorbitante Rechnung inzwischen erneut gerichtlich geprüft – und wird zudem staatsanwaltlich ermittelt.“
„Hier ist der Gesetzgeber gefordert zu verhindern, dass das Insolvenzverfahren nicht selten zum Selbstzweck wird, das (fast) allein der Deckung seiner eigenen Kosten dient, ohne dass diejenigen, denen das Verfahren in erster Linie dienen soll, – die ungesicherten Gläubiger – davon noch nennenswert profitieren“, meint Drumann. Ihm gehe es nicht darum, eine Neiddebatte auszulösen, oder etwa infrage zu stellen, dass viele Insolvenzverwalter gute und angemessen zu honorierende Arbeit leisten. Nur sehe er als Vertreter der Interessen vor allem von Lieferanten an kleine und mittelständische Unternehmen eben in erster Linie, was den Gläubigern unter dem Strich bleibe – und das sei oft zu wenig.
Durch die ausufernde Rechtsprechung zum Insolvenzanfechtungsrecht, insbesondere zu § 133 InsO, laufen Gläubiger im Übrigen immer häufiger Gefahr, etwa bereits vereinnahmte Beträge in einem bis zu zehn Jahre später beantragten Insolvenzverfahren noch zurückzahlen zu müssen, ohne dass das immer abzusehen gewesen wäre. Dies sei umso ärgerlicher, wenn davon zu einem erheblichen Teil die Verwaltervergütung bezahlt werde, schließt Drumann.
Quelle: Bremer Inkasso GmbH
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