07.03.2024 — Online-Redaktion Verlag Dashöfer. Quelle: Bundesarchitektenkammer.
Dies ist für die Frage bedeutsam, ob eine Ausschreibung abhängig vom Schwellenwert europaweit zu erfolgen hat.
Erneut hat daher der Bundesrat die Bundesregierung aufgefordert, den Ländern klarstellende Erläuterungen zur künftigen rechtssicheren Berechnung des geschätzten Auftragswerts bei der Vergabe von Planungsleistungen zu geben. Die bisher vorliegenden Erläuterungen des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) zum Umgang mit der Regelungsänderung seien zu allgemein und keine Hilfe für die öffentlichen Auftraggeber.
Kammern und Verbände der planenden Berufe haben nun ein Rechtsgutachten von Prof. Dr. jur. Martin Burgi vorgelegt, dem Leiter der Forschungsstelle für Vergaberecht und Verwaltungskooperationen an der Ludwig-Maximilians-Universität in München. Das Gutachten kann eine Lücke schließen und öffentlichen Auftraggebern und Vergabekammern als Entscheidungsgrundlage dienen. Im Gutachten weist Professor Burgi daraufhin, dass es eine weitere Vergabemöglichkeit gibt und diese in die Vergabepraxis einfließen sollte.
Sowohl die deutschen als auch die europäischen vergaberechtlichen Regelungen sehen vor, dass ein Auftraggeber frei wählen kann, ob er Planungs- und Bauleistungen getrennt oder gemeinsam, auch kombiniert mit einer Fachlosbildung, vergeben möchte. Bei diesem alternativen Beschaffungskonzept der gemeinsamen Vergabe geht das Vergaberecht davon aus, dass es sich insgesamt um einen Bauauftrag handelt. Demzufolge kommt der Schwellenwert für die Vergabe von Bauleistungen in Höhe von 5.538.000 Euro zur Anwendung und nicht der von Planungsleistungen in Höhe von 221.000 Euro.
Das Gutachten hebt zudem hervor, dass weiterhin der Grundsatz der mittelstandsfreundlichen Vergabe einzuhalten ist. Dies bedeutet, dass die zu vergebenden Leistungen auch bei diesem Beschaffungskonzept in Fach- und Teillose aufzuteilen sind. Die Möglichkeit dieser Verfahrensweise hatte das BMWK in seiner Verordnungsbegründung zur Streichung von § 3 Abs. 7 Satz 2 VgV angedeutet. Dass dieses Beschaffungskonzept rechtlich zulässig ist, bestätigt nun das Rechtsgutachten.
„Das alternative Beschaffungskonzept ist vergaberechtskonform, denn im Europarecht wird die sogenannte Beschaffungsautonomie des jeweiligen öffentlichen Auftraggebers anerkannt. Der Ausübung seiner Beschaffungsautonomie sind insoweit keine Grenzen gesetzt,“ bestätigt Professor Burgi in seiner Begründung. In letzter Konsequenz hat das alternative Beschaffungsmodell zur Folge, dass vergleichsweise häufig der Schwellenwert für Bauaufträge von 5.538.000 Euro erreicht oder überschritten wird. „Hierin liegt aus der Sicht des europäischen Binnenmarkts übrigens ein Vorzug“, so Professor Burgi.
Das Rechtsgutachten wurde gemeinsam von Bundesingenieurkammer, Bundesarchitektenkammer, AHO (Ausschuss der Verbände und Kammern der Ingenieure und Architekten für die Honorarordnung e.V.) und VBI – Verband Beratender Ingenieure in Auftrag gegeben.
„Gemeinsame Vergabe von Aufträgen für Planungs- und Bauleistungen, kombiniert mit Fachlosbildung: Funktionsweise und Rechtskonformität eines alternativen Beschaffungskonzepts (v.a. bei kommunalen Investitionsvorhaben für Klimaschutz, sozialer Infrastruktur, Sanierung etc.) nach Streichung des § 3 Abs. 7 S. 2 VgV“
Autor: Professor Dr. iur. Martin Burgi, Ordinarius für Öffentliches Recht und Europarecht, Leiter der Forschungsstelle für Vergaberecht und Verwaltungskooperationen an der Juristischen Fakultät der Ludwig-Maximilians-Universität, München
Bild: Mikhail Nilov (Pexels, Pexels Lizenz)
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