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Geschäftsveräußerung (Kommentar von Udo Cremer)

19.06.2012  — Udo Cremer.  Quelle: Verlag Dashöfer GmbH.

Wie ist die Übereignung des Warenbestands und der Geschäftsausstattung eines Einzelhandelsgeschäfts unter gleichzeitiger Vermietung des Ladenlokals unter umsatzsteuerrechtlichen Gesichstpunkten zu bewerten? Unser Autor Udo Cremer erläutert die aktuelle Rechtsprechung.

  • Die Übereignung des Warenbestands und der Geschäftsausstattung eines Einzelhandelsgeschäfts unter gleichzeitiger Vermietung des Ladenlokals an den Erwerber auf unbestimmte Zeit, allerdings aufgrund eines von beiden Parteien kurzfristig kündbaren Vertrags, stellt eine nicht der Umsatzsteuer unterliegende Geschäftsveräußerung dar, sofern die übertragenen Sachen hinreichen, damit der Erwerber eine selbständige wirtschaftliche Tätigkeit dauerhaft fortführen kann.

Die Klägerin betrieb bis zum 30. Juni 1996 in einem in ihrem Eigentum stehenden Ladenlokal ein Einzelhandelsgeschäft mit Sportartikeln. Laut Rechnung vom 29. August 1996 veräußerte sie zum 30. Juni 1996 folgende Gegenstände zu den angegebenen Preisen an die S-GmbH (GmbH): Warenübernahme laut Übergabeinventur: x DM plus Ladeneinrichtung: y DM = Summe z DM.

Die Klägerin wies in der Rechnung keine Umsatzsteuer aus. Das Ladenlokal vermietete sie ab 1. August 1996 auf unbestimmte Zeit an die GmbH. Der Mietvertrag konnte gemäß der gesetzlichen Kündigungsfrist von jeder Partei spätestens am dritten Werktag eines Kalendervierteljahres zum Ablauf des folgenden Kalendervierteljahres gekündigt werden. Die GmbH führte das Sportgeschäft fort und gab es zum 31. Mai 1998 auf.

Die Klägerin behandelte die Veräußerung des Warenbestands und der Ladeneinrichtung als eine nach § 1 Abs. 1a UStG nicht steuerbare Geschäftsveräußerung im Ganzen und gab die Erlöse daraus nicht in ihrer Umsatzsteuererklärung für das Jahr 1996 an. Das FA vertrat dagegen die Auffassung, dass die Voraussetzungen einer Geschäftsveräußerung im Ganzen nicht vorgelegen hätten, weil das Grundstück als wesentliche Geschäftsgrundlage nicht mitveräußert worden sei. Das FA setzte zuletzt mit Änderungsbescheid vom 24. Juli 2001 die Umsatzsteuer für 1996 auf ... DM fest.

Die Klage hatte Erfolg. Das FG war der Auffassung, dass die Übertragung des Warenbestands und der Ladeneinrichtung nicht steuerbar sei. Die Gesamtwürdigung der Umstände führe im Streitfall zum Vorliegen einer Geschäftsveräußerung im Ganzen i.S. von § 1 Abs. 1a UStG. Der zwischen der Klägerin und der GmbH abgeschlossene Mietvertrag habe eine dauerhafte Unternehmensfortführung ermöglicht. Die GmbH habe das Unternehmen auch tatsächlich als organische Einheit dauerhaft fortgeführt.

Die Revision ist unbegründet (BFH Urteil vom 18.1.2012, XI R 27/08) und war daher zurückzuweisen. Das FG hat im Ergebnis zu Recht entschieden, dass im Streitfall eine nicht steuerbare Geschäftsveräußerung i.S. des § 1 Abs. 1a UStG vorliegt.

Nach § 1 Abs. 1a Satz 1 UStG unterliegen die Umsätze im Rahmen einer Geschäftsveräußerung an einen anderen Unternehmer für dessen Unternehmen nicht der Umsatzsteuer. Eine Geschäftsveräußerung liegt vor, wenn ein Unternehmen oder ein in der Gliederung eines Unternehmens gesondert geführter Betrieb im Ganzen entgeltlich oder unentgeltlich übereignet oder in eine Gesellschaft eingebracht wird. Der erwerbende Unternehmer tritt an die Stelle des Veräußerers.

Aus den beim Gericht eingereichten Unterlagen geht hervor, dass die Übertragung des Warenbestands und der Ausstattung des Sportartikelgeschäfts unter gleichzeitiger Vermietung des Geschäftslokals dem Erwerber erlaubt haben, die zuvor vom Verkäufer ausgeübte selbständige wirtschaftliche Tätigkeit fortzuführen. In diesem Zusammenhang steht fest, dass diese Übertragung nicht als einfacher Verkauf eines Warenbestands angesehen werden kann. Denn sowohl der Warenbestand als auch die Geschäftsausstattung gehörten zur Gesamtheit der übertragenen Sachen. Außerdem bestätigt der Umstand, dass der Erwerber den Betrieb des Sportgeschäfts fast zwei Jahre lang fortgeführt hat, dass er nicht beabsichtigte, die betreffende Tätigkeit sofort abzuwickeln. Demnach stellte es kein Hindernis für die Fortführung der Tätigkeit des Verkäufers durch den Erwerber dar, dass das Geschäftslokal an den Erwerber nur vermietet und nicht verkauft wurde.

Der Autor:

Udo Cremer ist geprüfter Bilanzbuchhalter (IHK) und hat die Steuerberaterprüfung mit Erfolg abgelegt. Er ist als Dozent für Steuer- und Wirtschaftsrecht tätig und veröffentlicht seit mehreren Jahren praxisorientierte Fachbücher zu den Themen Buchführung, Kostenrechnung, Preiskalkulation, Kennzahlen, Jahresabschluss und Steuerrecht. Daneben wirkt er als Autor an zahlreichen Fachzeitschriften und Loseblattsammlungen im Bereich der Buchhaltung und des Steuerrechts mit.

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