23.01.2013 — Online-Redaktion Verlag Dashöfer. Quelle: VdAA Verband deutscher ArbeitsrechtsAnwälte e. V..
In den meisten Fällen liegt eine Win-Win-Situation vor: Beide Arbeitsvertragsparteien sind daran interessiert, dass sich der Arbeitnehmer fortbildet. Da der Arbeitnehmer nicht über die finanziellen Mittel verfügt, übernimmt der Arbeitgeber die Kosten. Dafür verpflichtet sich regelmäßig der Arbeitnehmer in einer Fortbildungsvereinbarung, nach Abschluss der Fortbildung über einen längeren Zeitraum weiter für den Arbeitgeber tätig zu sein.
So weit, so gut. Aber was passiert, wenn der Arbeitnehmer die Fortbildung vorzeitig abbricht oder das Arbeitsverhältnis vor Abschluss der Fortbildung beendet? Vereinbarungen über die Erstattung von Fortbildungskosten regeln meist auch diesen Fall. Dabei soll sichergestellt werden, dass der Arbeitgeber die entstehenden Kosten nur tragen muss, wenn er die durch die Fortbildung erlangte Qualifikation des Arbeitnehmers tatsächlich für sich nutzen kann. Kündigt der Arbeitnehmer oder bricht er die die Fortbildung ab, ist er regelmäßig verpflichtet, dem Arbeitgeber die angefallenen Kosten zu erstatten.
Diese Konstellation ist immer wieder Gegenstand von Auseinandersetzungen zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern. Der Arbeitgeber will die vergeblichen Aufwendungen zurückerhalten, der Arbeitnehmer wiederum will damit nicht belastet werden. Die Arbeitnehmer berufen sich häufig auf Formfehler, um aus der Verpflichtung zur Kostenerstattung herauszukommen.
Tatsächlich unterliegen die entsprechenden Klauseln in den von beiden Parteien getroffenen Fortbildungsvereinbarungen der richterlichen Inhaltskontrolle. Dabei legen die Gerichte einen strengen Prüfungsmaßstab an, wie erneut die jüngste Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts zeigt (Urteil vom 21. August 2012, Az.: 3 AZR 698/1).
Auch in diesem Fall gaben formelle Gesichtspunkte den Ausschlag. Der Arbeitgeber hat in der Vereinbarung die Kostenpositionen nicht genau genug benannt und der Höhe nach nicht einzeln aufgeschlüsselt.
Die Parteien hatten eine sogenannte Ausbildungsvereinbarung getroffen, wonach der beklagte Mitarbeiter eine sechsmonatige Fortbildung zum Kfz-Prüfingenieur absolvieren sollte. Das klagende Ingenieurbüro verpflichtete sich, die Kosten für den Lehrgang zu übernehmen. Die Parteien waren sich darüber einig, dass der Beklagte nach erfolgreicher Beendigung der Ausbildung bei dem Kläger eine Tätigkeit als Kfz-Prüfingenieur aufnimmt. Nach der Vereinbarung war der Beklagte verpflichtet, die "Kosten im Zusammenhang mit der praktischen Ausbildung" zurückzuzahlen, wenn er die Ausbildung schuldhaft abbricht oder nicht besteht.
Knapp fünf Monate nach Beginn des Lehrganges suchte der Beklagte das Büro des Klägers auf und gab alle ihm überlassenen Arbeitsmaterialien und Unterlagen zurück. Er verließ das Büro und meldete sich auch in der Folgezeit nicht mehr. Er setzte die Fortbildung zum Kfz-Prüfingenieur anderweitig fort und schloss sie, unter Anrechnung der bereits zurückgelegten und vom Kläger finanzierten Ausbildungsabschnitte, erfolgreich ab.
Der Kläger nahm daraufhin den Beklagten auf Rückzahlung der Fortbildungskosten in Anspruch. Er machte Lehrgangskosten, Fahrkosten, Übernachtungskosten und Kosten der praktischen Ausbildung geltend, insgesamt knapp 7.200 €.
Das Bundesarbeitsgericht hatte erstmals die Frage zu entscheiden, ob in einer Fortbildungsvereinbarung die Kosten der Fortbildung zumindest der Größenordnung nach anzugeben sind. Diese Frage bejahten die Erfurter Richter in eindeutiger Klarheit, so Franzen.
Das Gericht ist der Auffassung, dass die ggf. zu erstattenden Kosten dem Grunde und der Höhe nach im Rahmen des Möglichen angegeben werden müssen. Es sei allerdings nicht erforderlich, dass die Kosten der Ausbildung schon bei Abschluss der Rückzahlungsvereinbarung exakt der Höhe beziffert werden. Allerdings müsse die Vereinbarung Angaben enthalten, die es dem Vertragspartner ermögliche abzuschätzen, in welcher Größenordnung eine Rückzahlungsverpflichtung auf ihn zukommen könne, wenn er seine Ausbildung abbricht.
Diesen Anforderungen ist die von dem Kläger gestellte Vereinbarung nicht gerecht geworden. Sie enthielt keine genaue und abschließende Bezeichnung der einzelnen Positionen, aus denen sich die Gesamtforderung zusammensetzen soll, und der Angabe, nach welchen Parametern die einzelnen Positionen berechnet werden (z.B. Kilometerpauschale für Fahrtkosten, Tagessätze für Übernachtungs- und Verpflegungskosten). Der Beklagte konnte deshalb sein Zahlungsrisiko nicht abschätzen und bei Vertragsschluss in seine Überlegungen einbeziehen.
Die neuere Entscheidung des Gerichts bestätigt die bisherige Linie der Arbeitsgerichtsbarkeit.
Das Bundesarbeitsgericht stellt hohe Anforderungen, um eine Verpflichtung zur Erstattung von Fortbildungskosten als wirksam anzusehen. Neben der genauen Bezeichnung und der Angabe der ungefähren Höhe der ggf. zu erstattenden Kosten muss die Vereinbarung im Übrigen folgendes berücksichtigen:
Dem Arbeitnehmer muss durch die Fortbildung eine Qualifikation vermittelt werden, die er auf dem Arbeitsmarkt anderweitig verwenden kann. Ferner muss die Bindungsdauer in einem angemessenen Verhältnis zur Höhe der der arbeitgeberseitig aufgewendeten Kosten und der Dauer der Fortbildung stehen. Außerdem muss sich die Verpflichtung zur Erstattung der Fortbildungskosten bei Fortbestand des Arbeitsverhältnisses verringern. Bei beispielsweise einer zweijährigen Bindungsdauer beträgt die monatliche anteilige Minderung des zu erstattenden Betrages 1/24 der für die Fortbildung angefallenen Kosten. Überdies muss geregelt werden, welcher Umstand eine Erstattungspflicht begründet. Eine Kündigung des Arbeitgebers, für die der Arbeitnehmer keinen Anlass gegeben hat, kann von vornherein nicht zu einer Erstattungspflicht führen. Sie kommt aber in Betracht, wenn der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis zutreffend aus verhaltensbedingten Gründen kündigt oder wenn der Arbeitnehmer das Unternehmen aus eigenem Antrieb noch vor Abschluss der Fortbildung verlässt.
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