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Ein Blick in die Vergangenheit: Die Retrospektive

15.07.2019  — Jasmin Dahler.  Quelle: Verlag Dashöfer GmbH.

Einige Projekte laufen gut und andere nicht. Nicht immer findet danach eine Ursachenanalyse statt. Oft wird nicht einmal das Projekt-Team über Erfolg oder Misserfolg informiert. Dabei ist es wichtig, aus vergangenen Projekten und Projektphasen zu lernen. Die Retrospektive ist eine agile Methode, die genau dieses Ziel verfolgt.

Bei der Retrospektive kommt ein Team am Ende oder während eines Projekts zusammen, um die Arbeit am Projekt zu reflektieren und aus den Erfahrungen zu lernen. Dieses Zusammentreffen kann 30 Minuten oder auch zwei Stunden dauern und ist abhängig von der Teamgröße sowie von der Größe des Projekts. Ziel des Ganzen ist es, die Zusammenarbeit im Team zu verbessern, um noch bessere Erfolge zu erzielen.

Vor allem durch die agile Methode Scrum, hat die Retrospektive an Bekanntheit gewonnen, da sie ein fester Bestandteil in der Arbeitsmethode ist. In Scrum wird zyklisch gearbeitet, was bedeutet, dass sich die Retrospektive in kurzen Abständen wiederholt. Die Retrospektive kann aber auch unabhängig von dem Vorgehen in Scrum in Projektabläufe integriert werden. Üblich ist es die Retrospektive ein bis zwei Mal im Monat durchzuführen. Nur so kann die Retrospektive dem Anspruch des agilen „inspect and adapt“-Ansatzes Rechnung tragen.

Für die Retrospektive werden ein ungestörter Raum und eventuell Papier und Stifte benötigt. Es kann, muss aber keinen Moderator für die Retrospektive geben. Wir empfehlen jedoch, lieber mit einem Moderator zu arbeiten, damit die Retrospektive nicht im Sande verläuft und wirklich zur Teamverbesserung beiträgt.

Der Ablauf der Retrospektive besteht aus fünf Phasen, welche chronologisch verlaufen und in denen, im Gegensatz zu vielen anderen agilen Methoden, nicht innerhalb eines Durchlaufs zurück zu einer vorherigen Phase gesprungen wird.

Die 5 Phasen der Retrospektive

  1. Intro und Rahmenbedingungen: Es wird eine offene Atmosphäre geschaffen, in der jeder Teilnehmende die Möglichkeit hat, seine Wahrnehmung und Meinung frei zu äußern. Normalerweise sind wirklich nur die Teammitglieder des Projektes an dem Treffen beteiligt, damit die Retrospektive in einem sicheren und vertrauten Rahmen stattfindet. Es kann jedoch hilfreich sein, wenn die Retrospektive von jemandem moderiert wird, der nicht an dem Projekt beteiligt war.
    Nach einer Begrüßung werden die Ziele der aktuellen Retrospektive geklärt.
  2. Daten sammeln: Es wird ermittelt, was im letzten Projekt gut lief und was schlecht. Dabei sollte jedes Teammitglied sich frei äußern können. Die einzelnen Themen werden erst am Ende der Phase analysiert und priorisiert. Für eine visuelle Darstellung können positive Aspekte auf grüne und negative Aspekte auf rote Klebezettel geschrieben werden. Diese werden beim Sammeln dann an ein Whiteboard geklebt. Es kann hilfreich sein, sich zuerst nur auf die positiven Aspekte und dann auf die Negativen zu konzentrieren, um sich nicht zu sehr in eine Richtung zu verrennen.
  3. Einsichten gewinnen: In der dritten Phasen erörtern die Teilnehmenmden, warum die Erfahrungen, die sie während des Projektes gesammelt haben, positiv oder negativ waren. Die Ursachen für die Erfolge und Misserfolge werden dabei ermittelt und gesammelt.
  4. Maßnahmen beschließen: In dieser Phase geht es darum, Maßnahmen zu entwickeln, die das nächste Projekt besser machen sollen. Mit anderen Worten: Die positiven Dinge, die zum Erfolg geführt haben, sollen mit in das nächste Projekt übernommen werden, während die negativen Dinge, die zu Misserfolgen geführt haben, durch andere Herangehensweisen etc. ersetzt werden sollen. Die Maßnahmen, welche beschlossen werden, sollten SMART sein, also spezifisch, messbar, attraktiv, realistisch und terminiert.
  5. Abschluss: Es erfolgt ein weiterer Rückblick und zwar auf die Retrospektive selbst. Die Anwesenden berichten, mit welchen Gefühlen sie die Retrospektive verlassen und wie sinnvoll sie das Zusammentreffen fanden. Es werden Verbesserungsvorschläge für die zukünftigen Retrospektiven gesammelt.

Tipps für eine erfolgreiche Retrospektive

  • Seien Sie um kontinuierliche Verbesserung bemüht und teilen Sie dem Team alles mit, was irgendwie hilfreich sein könnte.
  • Keine persönlichen Vorwürfe: Eine Retrospektive ist kein „blame game“. Es wird davon ausgegangen, dass unabhängig davon, was während der Retrospektive entdeckt wird, jedes Teammitglied in der gegebenen Situation mit dem verfügbaren Wissen und Ressourcen und den individuellen Fähigkeiten sein Bestes getan hat.
  • Äußerungen anderer niemals persönlich nehmen.
  • Jedem Teammitglied gleich viel Aufmerksamkeit schenken, egal ob die Meinung geteilt wird oder nicht.
  • Das Team muss sich über den zeitlichen Rahmen klar sein. Es ist nicht hilfreich, wenn einer der Anwesenden immer etwas anspricht, was vor fünf Tagen war, obwohl nur die letzten drei Tage reflektiert werden sollen.
  • Klagt jemand andere Teammitglieder an, fordern Sie zu Verbesserungsvorschlägen auf.
  • Ein Moderator, der nicht Teil des Teams ist, kann die Retrospektive leiten, damit frischer Wind unbequeme Wahrheiten aufdecken kann.
  • Der Moderator hält sich aus der inhaltlichen Diskussion heraus, er leitet das Team nur hindurch.Reißen zwei Teammitglieder die Diskussion an sich, fragen Sie die stillen Teammitglieder direkt nach ihrer Meinung.
  • Reißen zwei Teammitglieder die Diskussion an sich, fragen Sie die stillen Teammitglieder direkt nach ihrer Meinung.
  • Achten Sie darauf, dass die Ideen auch in konkreten Aufgaben umgesetzt werden, damit die Retrospektive zu keinem leeren Ritual oder Laber-Meeting verkommt.
  • Kommen Themen auf, die nicht mit der aktuellen Retrospektive zu tun haben, notieren Sie diese und nutzen Sie die nächste Retrospektive für die Besprechung dieses Themas.
  • Denken Sie an die dritte Phase (Einsichten gewinnen)! Es ist sehr verlockend, nach der Äußerung eines negativen Aspekts eine Maßnahme vorzuschlagen, aber oft geht ohne die genaue Analyse die Ursache verloren und es werden nur die Symptome bekämpft.
  • Halten Sie an einmal getroffenen Maßnahmen nicht fest, sondern reflektieren Sie diese regelmäßig.
  • Alles, was in der Retrospektive besprochen wird, bleibt in der Retrospektive. Das Treffen zur Verbesserung besteht aus Vertrauen und muss insbesondere beim Feedback untereinander gewahrt werden.

Für wen lohnt sich die Retrospektive?

Die Retrospektive lohnt sich für jedes Team, welches regelmäßig gemeinsam an Projekten arbeitet. Wenn Teams nicht regelmäßig überprüfen und offen diskutieren, wie deren Zusammenarbeit funktioniert, kann ein Team unmöglich auf Dauer effektiv an einem Strang ziehen und Erfolge erzielen. Insbesondere wenn Teams neue Methoden wie zum Beispiel Kanban ausprobieren, ist es einfach notwendig, dass sich das Team kontinuierlich mit diesen Prozessen auseinandersetzt und auch die Vorgehensweisen in Frage stellt, um festzustellen, ob hier ein Gewinn erzielt wird oder nicht.

Quellen und Hintergründe:

Bild: Rawpixel (Rawpixel, rawpixel Lizenz)

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