01.10.2012 — Volker Hartmann. Quelle: Verlag Dashöfer GmbH.
Aktuelle Rechtsgrundlage für die Reisekostenreform ist das Gesetz zur Änderung und Vereinfachung der Unternehmensbesteuerung und des steuerlichen Reisekostenrechts. Dieses Gesetz ist noch nicht beschlossen und soll voraussichtlich zum 01.01.2014 in Kraft treten. Der Gesetzgeber beabsichtigt, mit dem Reformvorhaben das steuerliche Reisekostenrecht grundlegend zu vereinfachen und zu vereinheitlichen.
Gegenwärtig kommt es regelmäßig zu Meinungsverschiedenheiten zwischen der Finanzverwaltung und den Steuerbürgern, die häufig vor Gericht ausgetragen werden. Das Reisekostenrecht ist gegenwärtig nicht gesetzmäßig verankert, sondern lediglich in den Lohnsteuerrichtlinien festgeschrieben. Die Lohnsteuerrichtlinien entfalten daher momentan nur für die Finanzverwaltung Bindungswirkung und werden daher von der Rechtsprechung häufig nicht anerkannt und verworfen - so wie der Begriff der regelmäßigen Arbeitsstätte, der jüngst vom Bundesfinanzhof erneut vollkommen neu definiert worden ist (vgl. BFH-Urteile vom 09.06.11, VI R 36/10, VI R 58/09 und VI R 55/10 sowie das BMF-Schreiben vom 15.12.11.
Um derartige rechtliche Auseinandersetzungen künftig zu vermeiden, sollen die einschlägigen rechtlichen Bestimmungen nunmehr direkt in das Einkommensteuergesetz aufgenommen werden.
Derzeitige Rechtslage
Nach dem Wortlaut der aktuellen Lohnsteuerrichtlinien ist als regelmäßige Arbeitsstätte jede ortsfeste dauerhafte betriebliche Einrichtung des Arbeitgebers anzusehen, der der Arbeitnehmer zugeordnet ist und die er mit einer gewissen Nachhaltigkeit immer wieder aufsucht.
Quantitative Betrachtungsweise
Bei dieser quantitativen Betrachtungsweise richtet sich das Vorhandensein einer regelmäßigen Arbeitsstätte nach der Häufigkeit, mit der der Arbeitnehmer den Betrieb seines Arbeitgebers aufsucht. Nach aktueller Verwaltungsauffassung kann ein Arbeitgeber auch mehrere regelmäßige Arbeitsstätten haben.
Qualitative Betrachtungsweise
Im Gegensatz dazu ist nach Auffassung des Bundesfinanzhofs als regelmäßige Arbeitsstätte eine qualitative Betrachtungsweise zugrundezulegen. In diesem Zusammenhang gilt als regelmäßige Arbeitsstätte der Ort, an dem ein Arbeitnehmer den wesentlichen Teil des ihm übertragenen Aufgabengebietes verrichtet. Wenn der Arbeitnehmer den Sitz seines Arbeitgebers aufsucht, ohne dort seiner eigentlichen beruflichen Tätigkeit nachzugehen, gilt der Sitz des Arbeitgebers nicht als regelmäßige Arbeitsstätte.
Kernaussage der neuen BFH-Rechtsprechung ist, dass ein Arbeitnehmer nicht mehr mehrere, sondern grundsätzlich immer nur eine regelmäßige Arbeitsstätte innehaben kann. Dieser regelmäßigen Arbeitsstätte muss eine hinreichend zentrale Bedeutung gegenüber den weiteren Tätigkeitsorten zukommen. Damit stellt sich der Bundesfinanzhof gegen die Finanzverwaltung und hält darüber hinaus auch an seiner bisherigen Rechtsauffassung zu dieser Thematik nicht mehr fest. Mit BMF-Schreiben vom 15.12.2011 hat das Bundesfinanzministerium versucht, die Rechtslage erläuternd klarzustellen. Die Definition der regelmäßigen Arbeitsstätte hat nicht nur erhebliche Auswirkungen auf das Reisekostenrecht, sondern auch auf die Dienstwagenbesteuerung. Wie die Praxis gezeigt hat, ist es für den Arbeitgeber sehr schwierig, die regelmäßige Arbeitsstätte festzustellen und nachzuweisen, wo der Arbeitnehmer den wesentlichen Teil seiner Arbeitsleistung erbringt.
Künftige Rechtslage
Erste Tätigkeitsstätte
Künftig soll der Begriff der regelmäßigen Arbeitsstätte durch den Begriff der Ersten Tätigkeitsstätte ersetzt werden. Als sog. erste Tätigkeitsstätte soll künftig eine ortsfeste betriebliche Einrichtung des Arbeitgebers, eines verbundenen Unternehmens oder eines vom Arbeitgeber bestimmten Dritten, welcher der Arbeitnehmer dauerhaft zugeordnet ist, gelten. Diese Zuordnung richtet sich nach den zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer getroffenen Festlegungen bzw. den arbeitsvertraglichen Vereinbarungen.
Nur eine Tätigkeitsstätte
Im Gesetz soll festgeschrieben werden, dass jeder Arbeitnehmer nur eine erste Tätigkeitsstätte haben kann. Wenn ein Arbeitnehmer mehrere Tätigkeitsstätten hat, kann der Arbeitgeber künftig bestimmen, welche Tätigkeitsstätte als erste Tätigkeitsstätte anzusehen ist.
Wenn es keine Vereinbarungen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer gibt oder wenn es an einer arbeitsvertraglichen Vereinbarung fehlt, bestimmt das Gesetz die erste Tätigkeitsstätte als betriebliche Einrichtung, an der der Arbeitnehmer typischerweise arbeitstäglich tätig werden soll oder je Arbeitswoche einen vollen Arbeitstag oder mindestens 20 Prozent seiner vereinbarten regelmäßigen Arbeitszeit tätig werden soll.
Derzeitige Rechtslage
Die Höhe der anzusetzenden Verpflegungsmehraufwandspauschalen richtet sich nach derzeitiger Rechtslage nach der Abwesenheit des Arbeitnehmers von seiner Wohnung bzw. seiner regelmäßigen Arbeitsstätte.
Diese – dreigeteilten – Pauschalen ergeben sich derzeit wie folgt:
1. | Abwesenheit weniger als 14 Stunden, aber mindestens 8 Stunden | 6 Euro |
2. | Abwesenheit weniger als 24 Stunden, aber mindestens 14 Stunden | 12 Euro |
3. | Abwesenheit mindestens 24 Stunden | 24 Euro |
Künftige Rechtslage
Künftig soll es nur noch zwei unterschiedliche Pauschbeträge für Verpflegungsmehraufwendungen geben. Der Pauschbetrag in Höhe von 6 Euro soll entfallen.
1. | An- und Abreisetag (mehrtägige Auswärtstätigkeit) bzw. Abwesenheit mehr als 8 Stunden (eintägige Auswärtstätigkeit ohne Übernachtung) | 12 Euro |
2. | mehrtägige Auswärtstätigkeiten | 24 Euro |
Volker Hartmann ist Diplom-Finanzwirt, Lohnsteueraußenprüfer und Betriebsprüfer im aktiven Dienst der Hamburger Finanzverwaltung. Volker Hartmann hat langjährige Prüfungserfahrungen, insbesondere bei Kapitalgesellschaften aller Branchen und Größen. Er ist seit vielen Jahren Referent und Autor beim Verlag Dashöfer. Seine Seminare zeichnen sich durch eine besondere Praxisnähe aus.
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