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Bitte schön lächeln: Streit um Handyfotos des Vorgesetzten

11.09.2013  — Online-Redaktion Verlag Dashöfer.  Quelle: Verband deutscher ArbeitsrechtsAnwälte e. V..

Zur Beweissicherung darf das Persönlichkeitsrecht eines Arbeitnehmers vom Arbeitgeber eingeschränkt werden.

Dies hat das Landesarbeitsgericht (LAG) Rheinland-Pfalz in einem jüngst veröffentlichen Urteil vom 11. Juli 2013 (Az.: 10 SaGa 3/13) entschieden, so der Bremer Fachanwalt für Arbeitsrecht Klaus-Dieter Franzen.

Der Kläger ist als Produktionshelfer bei der Beklagten im Schichtbetrieb beschäftigt. Der Kläger war vom 25. Februar 2013 bis zum 27. März 2013 arbeitsunfähig krankgeschrieben. Der Kläger legte für diesen Zeitraum AU-Bescheinigungen von verschiedenen Ärzten vor. Am Samstag, dem 16. März 2013, traf ihn sein Vorgesetzter gegen 10:00 Uhr an einer Autowaschanlage. Der Kläger reinigte gemeinsam mit seinem Vater einen Pkw. Der Vorgesetzte war über die Reinigungstätigkeiten des krankgeschriebenen Klägers und dessen körperliche Verfassung erstaunt und fertigte mit seiner Handykamera Fotos, um seine Beobachtung zu dokumentieren.

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Es kam zu einer - auch körperlichen - Auseinandersetzung zwischen dem Kläger und seinem Vorgesetzten. Die Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger wegen tätlichen Angriffs auf einen Vorgesetzten mit Schreiben vom 23. März 2013 fristlos, hilfsweise fristgerecht zum 31. August 2013. Der Kläger erhob Klage gegen die Kündigung.

Am 21. März 2013 beantragte er außerdem in einem Eilverfahren, es seinem Arbeitgeber und seinem Vorgesetzten zu untersagen, ihn selbst oder durch Dritte ohne seine Einwilligung zu filmen, zu fotografieren und/oder heimlich nachzustellen und/oder heimlich zu kontrollieren.

Ebenso wie das Arbeitsgericht wies das Landesarbeitsgericht die Anträge zurück, so Franzen. Nach Ansicht der Mainzer Richter beeinträchtigte das Anfertigen von Fotos zwar das Persönlichkeitsrecht des Klägers. Allerdings war diese Beeinträchtigung gerechtfertigt. Das Persönlichkeitsrecht des Klägers tritt gegenüber dem Interesse der Beweissicherung des Arbeitgebers zurück.

Der Kläger war arbeitsunfähig krankgeschrieben. Einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung kommt nach der Rechtsprechung ein hoher Beweiswert zu. Sie begründet eine tatsächliche Vermutung für eine krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers. Diese Vermutung kann der Arbeitgeber durch andere Tatsachen erschüttern. Es stand deshalb im schutzwürdigen Interesse des beklagten Arbeitgebers bzw. des Vorgesetzten des Klägers, die körperlichen Aktivitäten des Klägers an der Waschanlage zu Beweiszwecken zu fotografieren. Denn aus der Sicht des Vorgesetzten bestand der konkrete Verdacht, dass der Kläger seine Arbeitsunfähigkeit vorgetäuscht und damit einen Entgeltfortzahlungsbetrug begangen haben könnte.


Zu diesem Artikel erreichte uns folgender Leserkommentar:

"Sehr geehrte Redaktion, das Urteil ist nach meinem Erachten lediglich zur Vermeidung eines Präzedenzfalles zustande gekommen. Wäre es zu Gunsten des Klägers ausgegangen, dann hätte es Missbrauch von AU in jeder Hinsicht nicht nur gebilligt, sondern befürwortet. Tatsächlich werden hier aber Persönlichkeitrechte missachtet; anders hätte es sich verhalten, wenn hier z.B. ein Detektiv der Fotograf gewesen wäre. Der AG aber war als Privatperson ohne Sonderbefugnisse und schon gar nicht in Sachen Vorgesetzter unterwegs. Oder bleibt ein Vorgesetzter auch außerhalb der Arbeitsspähre weisungs- und befugnisberechtig? Wohl kaum. So handelt es sich wohl eher um eine Auseinandersetzung mit zivil- und/oder strafrechtlichem Hintergrund. Um hier nicht falsch verstanden zu werden: Ich befürworte das Verhalten des Klägers absolut nicht, aber das Urteil hinterlässt einen zweifelhaften Eindruck."


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