26.02.2013 — Volker Hartmann. Quelle: Verlag Dashöfer GmbH.
Darüber hinaus sind geringfügige Beschäftigungsverhältnisse nicht mehr, wie bislang, grundsätzlich rentenversicherungsfrei, sondern nunmehr grundsätzlich rentenversicherungspflichtig. Bislang hatte der geringfügig beschäftigte Arbeitnehmer die Möglichkeit, auf Antrag zur Rentenversicherungspflicht zu optieren. Seit 01.01.2013 ist es genau umgekehrt. Nun hat der Arbeitnehmer die Möglichkeit, zur Rentenversicherungsfreiheit zu optieren.
In der lohnsteuerlichen Praxis hat die gesetzliche Neuregelung zu deutlichem bürokratischem Mehraufwand bei den Arbeitgebern geführt. Es ist davon auszugehen, dass dieser Mehraufwand noch zunehmen wird, insbesondere wenn geringfügige Beschäftigungsverhältnisse neu begründet werden.
Weil die Rentenversicherungspflicht bei einem geringfügigen Beschäftigungsverhältnis in vielen Fällen für den Arbeitnehmer nicht von Vorteil ist, optieren die Arbeitnehmer entsprechend zur Rentenversicherungsfreiheit. Hierfür ist bei Beschäftigungsverhältnissen, die ab dem 01.01.2013 neu begründet werden, ein entsprechender Antrag beim Arbeitgeber zu stellen. Das gleiche gilt, wenn bei einem bereits bestehenden geringfügigen Beschäftigungsverhältnis im Rahmen einer Gehaltsanpassung die bisherige Geringfügigkeitsgrenze von 400 Euro überschritten wird. Während ein bereits im Vorjahr bestehendes Beschäftigungsverhältnis weiterhin rentenversicherungsfrei bleibt, gilt bei Überschreiten der bisherigen Geringfügigkeitsgrenze das neue Recht.
In der gesetzlichen Rentenversicherung ist die sog. Mindestbemessungsgrundlage zu beachten. Diese beläuft sich seit 01.01.2013 auf 175 Euro. Daraus resultiert ein Mindestbeitrag zur gesetzlichen Rentenversicherung in Höhe von 33,08 Euro.
Bei einem geringfügigen Beschäftigungsverhältnis hat der Arbeitgeber wie bislang einen Pauschalbeitrag in Höhe von 15% des tatsächlichen Arbeitslohnes zu erbringen. Der Arbeitnehmer hat im Falle der Rentenversicherungspflicht den Differenzbetrag zum Beitragssatz in der gesetzlichen Rentenversicherung in Höhe von 18,9 % - 15 % = 3,9 % in voller Höhe selbst zu tragen. Aufgrund der Mindestbemessungsgrundlage in Höhe von 175 Euro führt dies zu einem Mindestbeitrag in der gesetzlichen Rentenversicherung in Höhe von 33,08 Euro. Im Ergebnis führt diese Tatsache zu einer erheblichen Mehrbelastung beim Arbeitnehmer, soweit der Arbeitslohn geringer ist als die Mindestbemessungsgrundlage in Höhe von 175 Euro.
Beispiel 1:
Eine geringfügig beschäftigte Arbeitnehmerin arbeitet jeweils an 4 Stunden in der Woche. Aufgrund einer Woche Schulferien ist sie im März 2013 nur an drei Wochen tätig. Es ergibt sich ein Arbeitslohn in Höhe von 4 Stunden x 3 Wochen = 12 Stunden á 8 Euro = 96 Euro. Ein Antrag auf Befreiung von der Rentenversicherungspflicht wurde nicht gestellt.
Die Beitragsberechnung ergibt sich wie folgt:
Tatsächlicher Bruttoarbeitslohn | 96,00 Euro | |
Rentenversicherungsbeitrag | 175 Euro x 18,9 % | 33,08 Euro |
Arbeitgeberanteil Rentenversicherung | 96 Euro x 15,0 % | 14,40 Euro |
⇒ Arbeitnehmer-Anteil | 33,08 Euro ./. 14,40 Euro | 18,68 Euro |
Auszahlungsbetrag | 77,32 Euro |
Damit ist die Arbeitnehmerin mit einer Abgabenlast in Höhe von rund 19,5 % belastet.
Beispiel 2:
Eine Studentin hilft im Monat März 2013 in einem Gastronomiebetrieb aus. Sie ist 5 Stunden tätig und erzielt einen Stundenlohn in Höhe von 10 Euro. Der maßgebliche Bruttoarbeitslohn beläuft sich auf entsprechend auf 50 Euro. Ein Antrag auf Befreiung von der Rentenversicherungspflicht wurde nicht gestellt.
Die Beitragsberechnung ergibt sich wie folgt:
Tatsächlicher Bruttoarbeitslohn | 50,00 Euro | |
Rentenversicherungsbeitrag | 175 Euro x 18,9 % | 33,08 Euro |
Arbeitgeberanteil RV | 50 Euro x 15,0 % | 7,50 Euro |
⇒ Arbeitnehmer-Anteil | 33,08 Euro ./. 7,50 Euro | 25,58 Euro |
Auszahlungsbetrag | 24,42 Euro |
Damit ist die Arbeitnehmerin mit einer Abgabenlast in Höhe von rund 51,2 % belastet.
Es ist fraglich, ob geringfügig beschäftigte Arbeitnehmer die vermeintlichen Vorteile aus der Mitgliedschaft in der gesetzlichen Rentenversicherung erkennen werden oder ob diese nicht vielmehr zur Rentenversicherungsfreiheit optieren und einen entsprechenden Antrag bei ihrem Arbeitgeber stellen werden.
Für die Mitarbeiter in der Lohn- und Gehaltsabrechnung führt diese Rechtslage mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zu erheblichen bürokratischen Mehrbelastungen und zu zusätzlichem "Beratungsaufwand", insbesondere in den Fällen, in denen geringfügig beschäftigte Arbeitnehmer bei sehr niedrigen Löhnen versäumen, einen Befreiungsantrag zu stellen.
Volker Hartmann ist Diplom-Finanzwirt, Lohnsteueraußenprüfer und Betriebsprüfer im aktiven Dienst der Hamburger Finanzverwaltung. Volker Hartmann hat langjährige Prüfungserfahrungen, insbesondere bei Kapitalgesellschaften aller Branchen und Größen. Er ist seit vielen Jahren Referent und Autor beim Verlag Dashöfer. Seine Seminare zeichnen sich durch eine besondere Praxisnähe aus.
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