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Beginn der Drei-Wochen-Frist bei Kündigung durch Vertreter

17.04.2013  — Online-Redaktion Verlag Dashöfer.  Quelle: Taylor Wessing Deutschland.

Das BAG hatte darüber zu entscheiden, ob und wann die Klagefrist des § 4 Satz 1 KSchG im Falle des (formwirksamen) Ausspruchs einer Kündigung durch einen Vertreter ohne Vertretungsmacht beginnt.

Einleitung

Will ein Arbeitnehmer geltend machen, dass eine Kündigung sozial ungerechtfertigt oder aus anderen Gründen rechtsunwirksam ist, so muss er gemäß § 4 Satz 1 KSchG innerhalb von drei Wochen nach Zugang der schriftlichen Kündigung Klage beim Arbeitsgericht auf Feststellung erheben, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst worden ist. Wird die Unwirksamkeit der Kündigung nicht rechtzeitig geltend gemacht, gilt die Kündigung gemäß § 7 KSchG als von Anfang an rechtswirksam. Demgegenüber kann der Mangel der Schriftform nach höchstrichterlicher Rechtsprechung auch noch nach dem Ablauf der Drei-Wochen-Frist geltend gemacht werden, da § 4 Satz 1 KSchG auf den Zugang der schriftlichen Kündigung abstellt (BAG, Urteil vom 28.06.2007, 6 AZR 873/06).

Was aber gilt, wenn der Arbeitnehmer rügt, die Kündigungserklärung sei durch einen Vertreter ohne Vertretungsmacht abgegeben worden? In einer früheren Entscheidung hat das BAG bereits entschieden, dass die Drei-Wochen-Frist nur bei einer dem Arbeitgeber zurechenbaren Kündigung Anwendung findet (BAG, Urteil vom 26.03.2009, 2 AZR 403/07). Eine ohne Billigung (Vollmacht) des Arbeitgebers ausgesprochene Kündigung sei diesem erst durch eine (nachträglich) erteilte Genehmigung zurechenbar. Eine solche Genehmigung ist gemäß § 180 Satz 2, § 177 Abs. 1 BGB möglich, wenn der Erklärungsempfänger die Vertretungsmacht nicht "bei der Vornahme" beanstandet hat (BAG, Urteil vom 16.12.2010, 2 AZR 485/08).

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An diesen Feststellungen hält das BAG auch in seiner neueren Entscheidung fest. Darüber hinaus hat es nunmehr ausdrücklich entschieden, dass die Genehmigung der Kündigungserklärung dem Arbeitnehmer zuzugehen hat, um die Drei-Wochen-Frist in Gang zu setzen. Dies weicht von § 182 Abs. 1 BGB ab, wonach die Genehmigung sowohl gegenüber dem Vertreter als auch dem Erklärungsempfänger erfolgen kann.

Sachverhalt

Der bei der Beklagten beschäftigte Kläger erhielt am 15. Dezember 2009 ein auf Firmenpapier der Beklagten verfasstes Kündigungsschreiben von diesem Tage. Das Schreiben endet unter der vollständig aufgeführten Firma der Beklagten mit zwei handschriftlichen Zeichnungen. Die linke beginnt mit "ppa." und stellt den Schriftzug des Prokuristen V dar. Die rechte beginnt mit "i.V." und ist die Zeichnung der Personalverantwortlichen und Handlungsbevollmächtigten P D. Am 02. Februar 2010 erhob der Kläger Kündigungsschutzklage, mit Schreiben seines Prozessbevollmächtigten vom 28. Mai 2010 wies er zudem die Kündigung zurück und forderte die Beklagte zur Genehmigung auf. Die Beklagte genehmigte die Kündigung vorsorglich mit einem von zwei Prokuristen unterzeichneten Schreiben vom 01. Juni 2010, welches dem Kläger am darauffolgenden Tag zuging.

Der Kläger rügte zum einen die fehlende Schriftform der Kündigung und zum anderen die fehlende Vertretungsbefugnis der Unterzeichner, so dass es seiner Auffassung nach der Einhaltung der Drei-Wochen-Frist nicht bedurft bzw. diese erst mit Genehmigung begonnen habe.

Nachdem die Vorinstanzen die Klage abgewiesen haben, hat das BAG die Sache mangels Entscheidungsreife hinsichtlich fehlender Feststellungen zur Vertretungsbefugnis der Unterzeichner an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Entscheidung

Das BAG entschied erneut, dass nach Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelung des § 4 Satz 1 KSchG der Beginn der Klagefrist den Zugang einer vom Arbeitgeber stammenden, ihm jedenfalls zurechenbaren Kündigung voraussetzt. Die Drei-Wochen-Frist diene vor allem dem Schutz des Arbeitgebers. Dieser solle nach Ablauf von drei Wochen nach Zugang und einer Zeitspanne für die Klagezustellung darauf vertrauen dürfen, dass seine Kündigung das Arbeitsverhältnis aufgelöst habe. Dieses Schutzes bedürfe es nicht, wenn weder der Arbeitgeber selbst noch ein Vertreter mit Wirkung für oder gegen ihn gekündigt habe.

Dabei verlangt das BAG eine tatsächlich erteilte und entsprechende Vollmacht der erklärenden Person. Entgegen der Auffassung der Vorinstanz führe allein der Rechtsschein einer solchen Bevollmächtigung nicht dazu, dass die Kündigungserklärung dem Arbeitgeber zuzurechnen sei. Dies deshalb, da § 4 KSchG dem Schutz des Arbeitgebers, die gewohnheitsrechtlich anerkannte Figur der Anscheinsvollmacht hingegen dem Schutz des Arbeitnehmers als Erklärungsempfängers diene.

Im Falle einer fehlenden, zur Abgabe der Kündigungserklärung berechtigenden, Vertretungsbefugnis habe der Arbeitgeber die Genehmigung der Kündigung gegenüber dem Arbeitnehmer zu erteilen. Da § 4 Satz 1 KSchG den Beginn der Drei-Wochen-Frist an den Zugang der Kündigungserklärung knüpft und damit von der Kenntnismöglichkeit des Arbeitnehmers abhängig macht, sei auch für die Genehmigung – wie im Fall des § 4 Satz 4 KSchG – auf ihren Zugang beim Arbeitnehmer abzustellen.

Hinsichtlich der Schriftform entschieden alle Instanzen, dass diese gewahrt worden ist. Seine bisherige Rechtsprechung bestätigend entschied das BAG, dass es für eine eigenhändige Unterschrift nicht davon abhänge, ob aufgrund der Unterschrift schon bei Zugang der schriftlichen Erklärung die Person des Ausstellers für den Empfänger zweifelsfrei feststehe. Der Aussteller müsse lediglich identifiziert werden können. Hierzu bedürfe es nicht der Lesbarkeit des Namenszugs. Es genüge ein die Identität des Unterschreibenden ausreichend kennzeichnender Schriftzug, der individuelle und entsprechend charakteristische Merkmale aufweise, die eine Nachahmung erschweren. Allerdings sei die Unterschrift von einer bewussten und gewollten Namensabkürzung zu unterscheiden, so dass lediglich ein Handzeichen (Namenskürzel) nicht ausreiche.

Praxishinweis

Das BAG hat mit seiner Entscheidung nochmals klargestellt, dass die Erhebung einer Kündigungsschutzklage nach mehr als drei Wochen nach Zugang der Kündigungserklärung beim Arbeitnehmer in bestimmten Fällen möglich ist. Wird also eine Kündigung von einem Vertreter ohne Vertretungsmacht ausgesprochen (unterzeichnet), beginnt die Drei-Wochen-Frist zur Erhebung der Kündigungsschutzklage nicht. Damit hat der Arbeitnehmer auch nach mehreren Monaten noch die Möglichkeit der Klagerhebung.

Die Entscheidung des BAG zeigt erneut, wie wichtig eine ordnungsgemäße Bevollmächtigung der zum Kündigungsausspruch "berechtigten" Person ist und dass diese Bevollmächtigung im Streitfalle auch bewiesen werden kann. Daher sollte jeder Kündigung, die nicht von einem im Handelsregister eingetragenen vertretungsbefugten Vertreter unterschrieben ist, eine Originalvollmacht beigefügt werden.

Sollte eine Kündigung dann trotzdem einmal ohne entsprechend (nachweisbare) Bevollmächtigung erklärt worden sein, hat die nachträgliche Genehmigung der Kündigung zwingend gegenüber dem Arbeitnehmer zu erfolgen. Eine Genehmigung gegenüber dem Vertreter, der die Kündigung erklärt hat, reicht dann nicht mehr aus.

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