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1 %-Regelung (Kommentar von Udo Cremer)

28.08.2012  — Udo Cremer.  Quelle: Verlag Dashöfer GmbH.

Die 1 %-Regelung für Dienstwagen soll die Lohnversteuerung eigentlich vereinfachen. Allerdings muss die Überlassung zur privaten Nutzung tatsächlich gegeben sein. Unser Autor Udo Cremer erläutert die aktuelle Rechtsprechung.

Die Anwendung der 1 %-Regelung setzt voraus, dass der Arbeitgeber seinem Arbeitnehmer tatsächlich einen Dienstwagen zur privaten Nutzung überlassen hat. Denn der Ansatz eines lohnsteuerrechtlich erheblichen Vorteils rechtfertigt sich nur insoweit, als der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer gestattet, den Dienstwagen privat zu nutzen (Anschluss an das BFH-Urteil vom 6. 10. 2011 - VI R 64/10, BFH/NV 2012, 408).

Streitig ist, ob die Einnahmen des Klägers aus nichtselbständiger Arbeit wegen der privaten Nutzung betrieblicher Kraftfahrzeuge um einen geldwerten Vorteil zu erhöhen sind. Die Sache befindet sich im zweiten Rechtsgang. Die Kläger sind verheiratet und werden zur Einkommensteuer zusammen veranlagt. Der Kläger erzielt seit April 2003 als Verkäufer des Autohauses X GmbH Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Die GmbH vertreibt in ihren Filialen in … Pkw der Marken BMW und Mini. Der Kläger ist in der Filiale Y beschäftigt. Die Klägerin erzielt ebenfalls Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Die GmbH hält für die berufliche Nutzung durch die Verkäufer auf die Firma zugelassene Vorführwagen vor. Bei Bedarf kommen in jeder Filiale auch Vorführwagen der anderen Standorte zum Einsatz. Für die Vorführwagen werden keine Fahrtenbücher geführt. Die Rechte und Pflichten des Klägers in Bezug auf diese Wagen ergeben sich aus der Anlage II „Vorführwagen-Regelung“ zum Arbeitsvertrag. Die Geschäftsleitung legt Fahrzeugtyp, Ausstattung und Zubehör der Vorführwagen fest. Der Vorführwagen steht dem Kläger für Probe-, Vorführ- und Besuchsfahrten zur Verfügung. In Ziffer 3.4 der Anlage II zum Arbeitsvertrag heißt es: Die private Nutzung des Vorführwagens ist grundsätzlich verboten. Nach Ziffer 4 war der Kläger verpflichtet, ein Fahrtenbuch zu führen und der Geschäftsführung regelmäßig zur Einsichtnahme vorzulegen. Laut Ziffer 5 hatte der Kläger Benzinkosten für Fahrten, die außerhalb des geschäftlichen Bereichs liegen, selbst zu tragen. Den Klägern hat im Streitjahr ein Daihatsu Cuore als privater Pkw zur Verfügung gestanden, der am 27. Dezember 2002 mit einem Kilometerstand von 111.550 km gekauft und im Mai 2004 bei einem Kilometerstand von 126.600 km abgegeben worden ist. Ferner konnte der Kläger nach seinen Angaben einen Seat Arosa nutzen, der auf seine Schwiegermutter zugelassen gewesen war. Sie soll das Fahrzeug abgegeben haben, als sie arbeitslos geworden ist. Der Kläger nutzt Vorführwagen aufgrund einer mündlich erteilten Gestattung für seine Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte. Dabei handelt es sich um Fahrzeuge aus dem niedrigen Preissegment. Die GmbH führte insoweit eine Lohnversteuerung durch, wobei sie einen Bruttolistenpreis von 23.000 € zugrunde legte.

Im Anschluss an eine Lohnsteueraußenprüfung bei der GmbH ging das FA von einer privaten Nutzung(smöglichkeit) der Vorführwagen durch den Kläger aus und setzte in dem angefochtenen Einkommensteuerbescheid des Streitjahres vom 10. Oktober 2006 hierfür bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit des Klägers einen zusätzlichen geldwerten Vorteil an. Da nicht mehr geklärt werden konnte, welche Vorführwagen dem Kläger zuzurechnen waren, schätzte das Finanzamt den geldwerten Vorteil ausgehend von einem für 1998 ermittelten durchschnittlichen Bruttolistenpreis der Vorführwagen des niedrigen Preissegments von 45.000 DM, der um jährlich 5 v. H. erhöht wurde. Auf diesen Bruttolistenpreis wendete das Finanzamt die sog. 1 v. H. - Regelung bzw. den Prozentsatz für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte an. Die Einnahmeerhöhung setzt sich wie folgt zusammen: Bruttolistenpreis 29.300 €, 1 v. H. –Regelung = 2.637 €, Fahrten Wohnung - Arbeitsstätte 325,38 €, Summe 2.962 €.

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Während des Einspruchsverfahrens erklärte die Geschäftsleitung der GmbH gegenüber dem Finanzamt, das Nutzungsverbot werde durch das Festhalten der Kilometerstände der Vorführwagen in den jeweiligen Filialen überprüft. Dazu teile der Verkäufer in seiner Filiale wöchentlich schriftlich oder mündlich den Kilometerstand mit. Diese Daten würden per Fax an die Hauptniederlassung übermittelt und dort in Excel-Dateien für jeden Vorführwagen gesondert erfasst. Die Geschäftsleitung überprüfe die Angaben montags, teilweise durch Abgleich mit Übergabeprotokollen für Probefahrten. Wenn das Fahrzeug verkauft werde, werde die diesbezügliche Spalte in der Excel-Datei gelöscht. Auch die Grundaufzeichnungen, z. B. die Faxe an die Hauptniederlassung, seien nicht mehr vorhanden. Vorführwagen würden nur solchen Verkäufern zur Mitnahme nach Hause überlassen, die über einen eigenen Pkw verfügten.

Das Einspruchsverfahren blieb erfolglos (Einspruchsbescheid vom 12. Oktober 2007). Das Finanzamt ging von einem Anscheinsbeweis für eine private Nutzung der Vorführwagen aus. Es werde angesichts der unzureichenden Überwachung durch das arbeitsvertragliche Verbot nicht erschüttert. Der Senat wies die Klage nach der Vernehmung eines Geschäftsführers der GmbH mit Urteil vom 11. März 2010 ab. Der Bundesfinanzhof hob dieses Urteil durch Urteil vom 6. Oktober 2011 (VI R 64/10, BFH/NV 2012, 408) auf. Er führt aus, die getroffenen Feststellungen trügen die Entscheidung nicht. Das Finanzgericht habe die Reichweite des Erfahrungssatzes verkannt, der für eine Privatnutzung des Dienstwagens streite. Dem Finanzgericht wurde aufgegeben, den Sachverhalt insbesondere dahingehend weiter aufzuklären, ob das Privatnutzungsverbot vorliegend nur zum Schein ausgesprochen worden sei und dem Kläger ein Vorführwagen entgegen der arbeitsvertraglichen Regelung etwa auf Grundlage einer konkludent getroffenen Nutzungsvereinbarung tatsächlich zur privaten Nutzung überlassen gewesen sei. Sollte die Anwendung der 1 v. H.-Regelung mangels festzustellender Überlassung eines Vorführwagens ausscheiden, sei konkret festzustellen, welche Pkw im Einzelnen privat genutzt worden seien. Die Kläger meinen, aufgrund der Entscheidung des Bundesfinanzhofs sei Voraussetzung für die Anwendung der 1 v. H.-Regelung, dass die private Nutzung der Pkw gestattet gewesen sei. Die Beweislast hierfür trage das Finanzamt. Das Finanzgericht habe im Urteil vom 11. März 2010 geäußert, nicht davon überzeugt zu sein, das arbeitsvertragliche Nutzungsverbot sei ernst gemeint gewesen. Der Bundesfinanzhof verlange aber die Feststellung, das Verbot sei nur zum Schein ausgesprochen worden. Dem stünden gewichtige Indizien entgegen.

Die Klage ist begründet (FG Hannover, Urteil vom 3. 5. 2012 - 1 K 284/11 - vorläufig nicht rechtskräftig). Der angefochtene Bescheid ist rechtswidrig und verletzt die Kläger in ihren Rechten, soweit der Bruttoarbeitslohn des Klägers um einen geldwerten Vorteil für die private Nutzung betrieblicher Pkw in Höhe von 2.637 € erhöht worden ist. Ein geldwerter Vorteil für die private Nutzung betrieblicher Fahrzeuge ist nicht anzusetzen, denn der Ansatz eines lohnsteuerrechtlich erheblichen Vorteils rechtfertigt sich nur insoweit, als der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer gestattet, den Dienstwagen privat zu nutzen. Die unbefugte Privatnutzung des betrieblichen PKW hat dagegen keinen Lohncharakter. Ein Vorteil, den sich der Arbeitnehmer gegen den Willen des Arbeitgebers selbst zuteilt, wird nicht "für" eine Beschäftigung im öffentlichen oder privaten Dienst gewährt und zählt damit nicht zum Arbeitslohn.

Der Autor:

Udo Cremer ist geprüfter Bilanzbuchhalter (IHK) und hat die Steuerberaterprüfung mit Erfolg abgelegt. Er ist als Dozent für Steuer- und Wirtschaftsrecht tätig und veröffentlicht seit mehreren Jahren praxisorientierte Fachbücher zu den Themen Buchführung, Kostenrechnung, Preiskalkulation, Kennzahlen, Jahresabschluss und Steuerrecht. Daneben wirkt er als Autor an zahlreichen Fachzeitschriften und Loseblattsammlungen im Bereich der Buchhaltung und des Steuerrechts mit.

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