27.05.2024 — Online-Redaktion Verlag Dashöfer. Quelle: Ernst & Young GmbH.
Banken in Deutschland sind wenig optimistisch mit Blick auf die konjunkturelle Entwicklung: 47 Prozent der Geldhäuser erwarten eine Verschlechterung der Wirtschaftslage in diesem Jahr, neun Prozent sogar eine starke Eintrübung. Nur 30 Prozent rechnen aktuell mit einer Verbesserung in den kommenden 12 Monaten. In keiner der früheren EY-Befragungen war der Anteil derer, die mit einer starken Verschlechterung rechnen, so hoch wie aktuell.
Das steht in starkem Kontrast zur Einschätzung der eigenen Lage und Perspektiven: 92 Prozent der befragten Finanzinstitute bewerten ihre aktuelle operative Geschäftsentwicklung positiv, das sind mehr als in den beiden Vorbefragungen in den Jahren 2022 und 2019. Auch die künftige Entwicklung in den nächsten zwölf Monaten schätzen 93 Prozent als positiv ein.
Befragt zum Thema Konsolidierung im deutschen Bankensektor war sich die Mehrzahl der befragten Institute einig: Fast jede zweite befragte Bank prognostiziert für die kommenden zwölf Monate weitere Fusionen und Übernahmen im Bankensektor, in den nächsten drei Jahren rechnen sogar vier von fünf Instituten damit. Eine abnehmende Konsolidierungsaktivität erwarten hingegen sowohl auf kürzere als auch auf mittlere Sicht nur wenige Banken (3 bzw. 6 Prozent).
Das sind Ergebnisse des aktuellen „Bankenbarometers“ der Prüfungs- und Beratungsgesellschaft EY. Für die Studie wurden 100 Finanzinstitute im April 2024 in Deutschland befragt.
Trotz der schwierigen konjunkturellen Situation stehen Banken in Deutschland deutlich besser da als vor zwei Jahren, die Zinserhöhungen der Europäischen Zentralbanken haben hier zweifellos geholfen und die Einnahmesituation deutlich verbessert. Insofern verwundert es nicht, dass die Stimmung im deutschen Bankensektor deutlich besser ist als die gesamtwirtschaftliche Situation. Zudem haben viele Häuser ihre Hausaufgaben gemacht und ihre Geschäftsmodelle an die sich ändernden Rahmenbedingungen angepasst. Gleichzeitig erschließen sie neue Einnahmemöglichkeiten etwa durch innovative Finanzprodukte sowie im Bereich Nachhaltigkeit.
Ralf Eckert, Managing Partner Financial Services Deutschland bei EY
So gaben 59 der Finanzinstitute an, ihre Geschäftsstrategien kürzlich angepasst zu haben (7 Prozent grundlegend, weitere 52 Prozent leicht). Fast zwei von drei befragten Finanzinstituten haben in den vergangenen 18 Monaten zusätzliche Einnahmequellen durch neue Produkte im Bereich Nachhaltigkeit / ESG generieren können, 46 Prozent der Banken über neue, innovative Finanzprodukte.
Neben neuen Einnahmequellen bleiben Innovationen und Kostendruck im Blick. Daher wird konsolidiert und weitere Bankfilialen geschlossen werden, auch mit Blick auf die Konkurrenz durch Technologiekonzerne und Neobanken.
Gunther Tillmann, Leiter des Bereiches Banken und Kapitalmärkte bei EY
Mehr als ein Drittel der Institute erwartet einen Rückgang der Zahl der Bankfilialen in Deutschland um bis zu 5 Prozent, immerhin 63 Prozent rechnen mit einem Rückgang um mindestens 5 Prozent; rund jede achte Bank (13 Prozent) geht sogar davon aus, dass die Zahl der Bankfilialen bis 2025 um mehr als 10 Prozent sinken wird. Im vergangenen Jahr war die Zahl der Bankfilialen in Deutschland auf 19.501 und damit erstmals unter den Wert von 20.000 gesunken.
In Zeiten gestiegener Zinsen rücken erneut so genannte Lockangebote bei den Einlagenzinsen in den Vordergrund. 38 Prozent der befragten Finanzinstitute bieten aktuell entweder unterschiedliche Einlagenzinsen für Neukunden im Vergleich zu Bestandskunden an oder offerieren spezielle Angebote, um neue Einlagen zu generieren.
Ein weiterer Hebel zur Erlössteigerung sind neue Produkte. Rund zwei Drittel der befragten Finanzinstitute haben in den vergangenen 18 Monaten zusätzliche Einnahmequellen durch neue Produkte im Bereich Nachhaltigkeit / ESG generieren können, 46 Prozent über neue, innovative Finanzprodukte. Kryptowährungen spielten hier bisher eine untergeordnete Bedeutung: Lediglich 7 Prozent der befragten Institute haben zusätzliche Erlöse im Bereich der Kryptowährungen erzielt.
Bei der (Unternehmens-)Kreditvergabe hingegen sind die Institute mehrheitlich vorsichtig. Passend zu den verhaltenen Konjunkturaussichten rechnet jedes zweite befragte Finanzinstitut damit, dass sich die Kreditvergabepolitik gegenüber Unternehmen in den kommenden 6 Monaten restriktiver gestalten wird; immerhin 40 Prozent erwarten keine Veränderungen in der Kreditvergabepolitik. Gut 7 von 10 Banken rechnen damit, dass die Kreditrisiken infolge des Strukturwandels der deutschen Wirtschaft zunehmen werden. Lediglich 2 Prozent der befragten Institute gehen davon aus, dass sie sinken werden. 13 Prozent der Banken sehen sich noch nicht in der Lage, eine eigene Einschätzung vornehmen zu können.
Mehr als die Hälfte der befragten Finanzinstitute schätzt vier von der BaFin im Fokus stehende Risiken als besonders relevant ein: ein signifikanter Zinsanstieg, Kreditausfälle, Fortgang der Korrekturen an den Immobilienmärkten und Cyberangriffe. Signifikante Korrekturen an den internationalen Finanzmärkten betrachten die befragten Finanzinstitute hingegen als ein eher nachgeordnetes Risiko für das eigene Geschäft, ebenso eine unzureichende Geldwäscheprävention.
Gunther Tillmann, Leiter des Bereiches Banken und Kapitalmärkte bei EY
Im Vergleich zu früheren Befragungen geben mittlerweile (fast) alle Institute an, sich mit einem Bündel an Maßnahmen auf Cyberattacken vorzubereiten. Für 4 von 5 Banken steht Cybersicherheit ganz oben auf der Themenliste; immerhin 40 Prozent sehen sich sehr gut aufgestellt bei diesem Thema.
Nicht überraschend spielt Generative KI eine große Rolle für Banken. Die meisten Institute haben bereits Use Cases identifiziert bzw. befinden sich schon in der Implementierung. Größtes Potenzial sehen sie dabei im Back Office und an der Schnittstelle zum Kunden.
Bei einer Kennziffer gibt es eine erfreuliche Entwicklung. Jedes dritte befragte Finanzinstitut plant in den kommenden Monaten, neues Personal einzustellen. Erstmals seit 2015 ist wieder mit Neueinstellungen im Bankensektor zu rechnen. Dies könnte tatsächlich eine Trendwende bedeuten, da schon 2022 der Anteil der Institute, die Stellen aufbauen wollten, auf dem höchsten Stand seit dem Beginn der Befragung 2015 lag – und nun noch einmal deutlich übertroffen wurde.
Gunther Tillmann, Leiter des Bereiches Banken und Kapitalmärkte bei EY
Neue Mitarbeitende werden vorrangig im Risikomanagement sowie in der Compliance und der IT gesucht.
Der Umgang mit Risiken und die derzeitige Ertragskraft haben die Resilienz des Bankensektors insgesamt erhöht. Jeder dritte Bankmanager empfindet dagegen die aktuellen regulatorischen Anforderungen als Nachteil für die Innovations- und Wettbewerbsfähigkeit insbesondere im internationalen Vergleich. Bei den aktuellen regulatorischen Entwicklungen werden in diesem Kontext als besonders relevant Basel III/IV, MiFID/MiCAR sowie DORA und CSRD eingestuft.
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